Es war ein gutes Angebot, das Uwe und Dagmar Unterhansberg im Dezember im Internet gefunden hatten. Der Mietwagen für ihre Mallorca-Ferien im Mai dieses Jahres sollte 180,07 Euro für 16 Tage kosten. Da zögerte das Paar aus dem nordrhein-westfälischen Ratingen nicht lange und reservierte den Wagen bei der Firma Recar Drive per Internet - zumal die beiden mit der Firma bei einem früheren Aufenthalt auf der Insel gute Erfahrungen gemacht hatten. "Im September hatte alles perfekt geklappt."

Dieses Mal sollte es anders sein. Die Buchung sei zwar am 20. Dezember mit der Referenznummer 081220-140746 akzeptiert worden. Und auch das Geld habe die Firma umgehend abgebucht. Eine Bestätigung habe man jedoch bis heute nicht erhalten. "Auf Kontaktaufnahme per Mail oder Fax wird nicht reagiert", berichten die Unterhansbergs. "Eine Hotline, bei der man sowieso nicht durchkam, wurde inzwischen von der Website entfernt."

Die Internetseite www. recardrive.com erscheint nicht weiter verdächtig. "Recar Travel Group hat sich als Ziel gesetzt, jedem Kunden die bestmögliche Service-Qualität mit ihrem Angebot an Mietwagen, Unterkünften und anderen Urlaubsprodukten zu garantieren", heißt es. Die Firma bestehe seit 1997. Als Firmensitz ist das Gewerbegebiet Son Castelló in Palma angegeben, Carrer Gremi Teixidors, 35 puerta lateral (Seitentür).

Vor Ort ist von der Firma auf den ersten Blick nichts zu sehen, keines der Firmenschilder deutet auf Recar Touristic hin. Zwei Anwohnerinnen schütteln den Kopf. "Hier kommen und gehen so viele Firmen", sagt eine. Auch in einem metallverarbeitenden Betrieb nebenan hat noch keiner etwas von einer Mietwagenfirma gehört.

Es bleibt nur noch eine Seitentür, ein Namensschild fehlt jedoch am Eingang ebenso wie am Briefkasten. Doch dieser ist voller Briefe, adressiert an - Recar Touristic. Ein Mitarbeiter einer Firma von nebenan räumt schließlich die letzten Zweifel aus. "Die Firma gibt es nicht mehr." Der Besitzer habe sich vor wenigen Tagen als zahlungsunfähig erklärt. Dass mit der Firma etwas nicht mehr stimmte, sei offensichtlich gewesen. "Jedes Mal kamen weniger Mitarbeiter, zuletzt überhaupt keiner mehr", berichtet ein anderer Nachbar. Mittlerweile hätten sich auch schon eine Handvoll Kunden vom Festland vor Ort nach der Firma erkundigt.

Was für die Unterhansbergs ärgerlich ist und die Vorfreude auf den Mallorca-Urlaub vermiest, entwickelt sich auf der Insel im Zuge der Wirtschaftskrise zu einem fast täglichen Phänomen. Es sind kleine Firmen wie Recar Touristic, die sich als zahlungsunfähig erklären, aber auch große Unternehmen wie die Drac-Gruppe von Mallorcas größtem Immobilien- Unternehmer, Vicenç Grande. Im vergangenen Jahr waren auf den Balearen 104 Firmen sowie 23 Haushalte von den Pleiten betroffen. Das ist laut spanischem Statistik-Institut eine Steigerung von 182 Prozent. In ganz Spanien wurden 2.900 Firmenpleiten gezählt, knapp 200 Prozent mehr. Die Pleitewelle hatte sich im letzten Quartal deutlich zugespitzt. Die Gerichte auf den Balearen sind unter anderem wegen der vielen Insolvenzverfahren stark überlastet.

Die Unterhansbergs überlegen nun, sich das Geld auf gerichtlichem Wege zurückzuholen - aber wahrscheinlich müssen sie die 180 Euro aus der Urlaubskasse abschreiben. "Sie können ihre Forderung zwar durch Schreiben an den Konkursverwalter anmelden", sagt Anwalt Niels Becker. "Ob sie aber letztlich ihr Geld wiedersehen, wage ich zu bezweifeln." Womöglich ist bei der Firma nichts mehr zu holen. Hinzu kommt der Aufwand, sich beim zuständigen Zivilgericht in Palma nach Aktenzeichen und Zuständigkeiten zu erkundigen.

Die Zahl der Geschädigten ist nicht absehbar - zumal die Website noch immer online ist. "Man kann da nach wie vor fröhlich weiter buchen", hat Uwe Unterhansberg festgestellt. "Ich kann mich auch in mein Kundenkonto einloggen und hätte auch heute wieder einen Mietwagen von Deutschland aus mieten können."

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