Bei Insolvenz Europe in Palma brummt das Geschäft. Im Vergleich zum vergangenen Jahr könne man fast von einer hundertfachen Steigerung der Aufträge sprechen, sagt Inhaberin Ina Beckmann. Die Deutsche ist so etwas wie der verlängerte Arm der Insolvenzverwalter in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien und den Beneluxländern auf Mallorca. Stellt sich bei einer Insolvenz in diesen Ländern heraus, dass die jeweiligen Schuldner über Eigentum in Spanien verfügen, übergeben die zuständigen Insolvenzverwalter, meistens gestützt auf die europäische Insolvenzordnung, diesen Teil des Verfahrens gern an die Spezialisten vor Ort. Immerhin lassen sich auch Firmen, Ferienvillen, Yachten und Autos im Ausland zu Geld für die Gläubiger machen. Dafür sorgen Beckmann, Felix Götze und weitere Partner.

Seit die Wirtschaftskrise voll durchgeschlagen hat, kommen sie mit ihrer Arbeit kaum mehr hinterher. „Wir hatten vorher vier bis fünf Verfahren im Jahr. Jetzt haben wir allein von Januar bis April ein Vielfaches an Anfragen für neue Insolvenzen hereinbekommen“, sagt Beckmann. Mindestens zwei weitere Mitarbeiter könnten gebraucht werden, doch es fehlt die Zeit zum Einarbeiten. Dabei hatte die 44-Jährige, als sie mit ihrer Familie aus München für ein Jahr zum Ausspannen kam, gar nicht vor, hier auch beruflich Fuß zu fassen. Dann aber baten sie Insolvenzverwalter aus Deutschland im Jahr 2004 um Hilfe. So kam es zur Gründung von Insolvenz Europe - bis heute laut Beckmann das einzige derartige Unternehmen in Spanien.

Bei ihrer Arbeit brauchen sie vor allem viel Geduld. Bis ein Fall komplett abgewickelt ist, vergehen meist bis zu zwei Jahre. Stets gibt es viele Pferdefüße und viele Details zu klären. „Wir kümmern uns um die notwendigen Gerichtsbeschlüsse, finden heraus, wo das Objekt ist, wo es gemeldet ist, ob es legal gebaut worden ist, ob es eine Bewohnbarkeitsbescheinigung hat, mit Hypotheken belastet ist oder vielleicht schon für eine Vererbung vorgesehen ist, lassen einen Gutachter schätzen, berichten der Gläubigerversammlung und suchen Käufer“, erklärt Beckmann.

Am Anfang des Prozesses steht meistens eine Gebäudebegehung, wenn notwendig in Begleitung von Beamten der Guardia Civil. Für Beckmann und ihre Kollegen ist das oft unangenehm. „Da muss man sich auf alles Mögliche gefasst machen. Es kann sein, dass die Leute gerade versuchen, ihre Luxus-Einrichtung wegzubringen, dass man beleidigt und beschimpft wird oder dass die Betreffenden korrupt werden und einem Geld anbieten dafür, dass sie noch den Sportwagen aus der Garage fahren dürfen. Einmal ist ein ausgehungerter Dobermann auf uns losgelassen worden“, erzählt Götze.

Auf dem Grundstück geht es dann darum festzustellen, welche Werte vorhanden sind und wie sie dokumentiert sind. „Wir finden zum Beispiel zwei Yachten, eine ist hier angemeldet, eine in Deutschland, eine ist bezahlt, die andere nicht. Oder ein Auto mit spanischem Kennzeichen und eines mit deutschem.“ Bei der Recherche zu den genauen Verhältnissen hilft bei deutschen Schuldnern meist deren Gründlichkeit. „Da findet man dann im Haus penibel und akribisch abgelegte Akten. Bei Engländern sieht das ganz anders aus, da ist meistens nicht viel an Papieren zu finden.“ Um ein Haus zu sichern, belegt es Insolvenz Europe oft mit einem „Sperrmieter“, einer Person, die Geld dafür bekommt, sich auf dem Gelände aufzuhalten. „Wenn man das nicht tut, vermietet der Eigentümer vielleicht illegal an einen Freund und man tut sich schwer, diese Leute rauszubekommen, das geht dann hin bis zur mühsamen Räumungsklage.“

Nicht selten gebe es auch einen kriminellen Hintergrund. „Mallorca ist ja auch so eine Art Rückzugsgebiet für schwarze Schafe“, meint Beckmann. So bearbeitete das Unternehmen etwa die Insolvenz eines Mannes, der den Staat um Millionen Euro Mehrwertsteuer betrogen hat. Bei anderen Fällen wiederum regt sich Mitleid bei Beckmann und ihren Kollegen. „Viele Insolvenzen könnten vermieden werden, wenn die Zahlungsmoral besser wäre. Wenn die Kunden schneller zahlen würden, wäre manche Firma noch liquide und am Leben.“ Ihre Motivation für den Job: „Es tut uns gut, wenn sich die Gläubiger bedanken, dass wir für sie noch etwas retten konnten und sie nicht ihre kompletten Ansprüche verloren haben.“

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