Soll man sich nun impfen lassen oder nicht? „Patienten mit Verdacht auf Schweinegrippe bitte drei Mal klingeln und die Praxis auf keinen Fall betreten!!!“, heißt es auf Aushängen vor deutschen Arztpraxen. Andere Zeitgenossen wiegeln ab: „Die Schweinegrippe ist doch nur ein Kratzen im Hals.“

Der Autor dieser Zeilen gehört mit Allergien und bisweilen auch leichtem Asthma zu einer Risikogruppe und hat sich trotz der Debatte um den Impfstoff Pandemrix für eine Immunisierung entschieden. Stellvertretend für die MZ-Leser hat er das Prozedere in Deutschland und auf Mallorca getestet und sich gleich zwei Mal mit Pandemrix spritzen lassen. Damit sollte er jetzt auf der sicheren Seite sein - wie die werdenden Mütter, denen man die Substanz im Abstand von mehreren Wochen ebenfalls zwei Mal verabreicht, um zum Schutz des Ungeborenen einen hohen Antikörperspiegel zu erzielen.

Nebenwirkungen bleiben aus. Drei Tage leichte Schmerzen im Bizeps - ähnlich wie ein Muskelkater - und manchmal ein leichtes Kribbeln in den Fingern - das war‘s. Allemal besser, als das Bett zu hüten und Hustenanfälle zu bekommen, zumal sich in letzter Zeit die Erkrankungen im Umfeld häufen. In der Heimatgemeinde in der Nähe von Stuttgart sind ganze Schulklassen und Sportvereine betroffen, und auf Mallorca hat es kürzlich einen Kollegen erwischt.

Unterschiede zeigen sich vor allem beim Prozedere. Diskussionen, Aufklärungsgespräche und drei Anläufe bis zur Impfung - so lief es in Deutschland. Ein Telefonat, rund 14 Tage Wartezeit und eine Spritze ohne viele Worte - so war es in Spanien. Die Impfung in Deutschland fand am 15. November statt. Das Gesundheitszentrum in Palmas Stadtviertel Gènova vergab einen Termin erst für den 30. November, obwohl die Kampagne schon am 16. November begonnen hatte. „Ganz am Anfang hatten ältere Patienten den Vorrang, viele von ihnen mit großer Angst vor der Schweinegrippe“, beschreibt Impfschwester Aina Fiol die Lage in den Zentren von Gènova und Sant Agustí. „Jetzt sind andere Altersgruppen dran, aber die Impfung wird nur noch zögerlich angenommen.“ Der Haken ist, dass der in Zehnerdosen gelieferte Impfstoff teilweise verloren geht. Ist das Fläschchen einmal geöffnet, muss das Serum innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden. Am Montag (30.11.) steht der Name Michael Maier als einziger auf der Liste.

Ein Punkt, der auch viele Ärzte in Deutschland erheblich stört. In den ersten Tagen der Impfkampagne in Deutschland verweigert der Hausarzt deshalb die Impfung. Da müsse er erst einmal zehn Patienten zusammenbringen. Im Übrigen sei er ab dem folgenden Tag im Urlaub. Und Pandemrix sei ziemlich umstritten, was man im Wartezimmer auch aus einem Informationsschreiben der Kassenärztlichen Vereinigung entnehmen könne.

Hilfsbereiter zeigt sich zwar ein anderer Arzt am Ort, doch der zweite Anlauf scheitert daran, dass der Impfstoff nicht verfügbar ist. Offensichtlich wurden zunächst nur wenige Apotheken beliefert.

Erst beim dritten Versuch erhalte ich von Dr. Andreas David nach einem Aufklärungsgespräch meine Spritze. In meinem Fall rät der Mediziner zur Impfung, nachdem ich den Risikobogen gelesen und zwei Unterschriften geleistet habe. Allein in der Woche zuvor hat David in seiner Praxis zehn Patienten mit Schweinegrippesymptomen behandelt. „Die Leute sind zwei bis drei Tage heftig krank, aber dann ist es auch wieder vorbei.“ Zur Gelassenheit rät auch Impfschwester Fiol in Palma. Unterschrieben werden muss hier nichts. Sie fragt einfach, ob man zur Risikogruppe gehöre, und verabreicht den kleinen Piekser.

Der Weg zur Impfung:

Während sich in Deutschland jeder Versicherte gegen die Schweinegrippe impfen lassen kann, konzentriert sich Spanien auf die Risikogruppen. Dazu zählen Schwangere und Personen mit Vorerkrankungen sowie Mitarbeiter im Gesundheitswesen oder etwa Sicherheitskräfte. Gesunde Senioren zählen in Spanien offiziell nicht zu den Risikogruppen. Der Impfstoff steht für 20 Prozent der Bevölkerung zur Verfügung, in Deutschland können theoretisch alle Einwohner geimpft werden. Termine gibt es unter Tel.: 902-07 90 79 und direkt bei Privatärzten (Informationen auch auf Deutsch unter Tel.: 900-30 00 61 oder E-Mail grip@ibsalut.es).

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

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