Wenn deutsche Urlauber in zehn oder 15 Jahren tatsächlich einmal durch rundum erneuerte Urlaubs­orte an der Küste der Gemeinde Calvià flanieren sollten, könnten sie sich an einigen Orten möglicherweise an den Besuch der Landesgartenschau in Neu-Ulm, Bad Wildungen oder Bad Nauheim erinnert fühlen. Denn auch dort haben die Gewinner des Architektenwettbewerbs von Calvià, Cristian und César Vivas, ihre Spuren hinterlassen. „Bei einer Landesgartenschau geht es vor allem um die landschaftliche Erneuerung einer Stadt", sagt César Vivas, „das sind zwar keine touristischen Projekte, einige Ansätze waren aber ähnlich wie in Calvià."

Ähnlich wie an der Playa de Palma (Kasten) ist es auch in Touristenorten wie Palmanova oder Magaluf an der Südwestküste Mallorcas nicht mit einigen Pinselstrichen getan. Die Gemeinde hat Großes vor: Insgesamt eine halbe Milliarde Euro sollen öffentliche Verwaltung und private Investoren in die Hand nehmen, um die in die Jahre gekommene Urlaubsgegend wieder in Schuss zu bringen. Die Gemeinde organisierte dazu einen Ideenwettbewerb, und eine Jury wählte den Sieger aus insgesamt zwölf Vorschlägen. Die Finanzierung ist zwar noch völlig unklar, das Projekt wurde aber am Donnerstag vergangener Woche (3.12.) schon mal offiziell vorgestellt.

Die Architekten-Brüder haben ihren Sitz in Barcelona, stammen aber aus Palma und kennen die Gegend aus erster Hand, wie sie sagen. Ihre Analyse der Destination Calvià: Der Massentourismus hat den Küstenorten stark zugesetzt, das Potenzial in Sachen Natur und Kulturerbe sei aber enorm. Ähnlich wie an der Playa de Palma sollen deswegen auch in Calvià die Grünzonen aufgewertet werden. Ein Kernstück des Projekts ist ein Spazierweg, der sich an der Küste entlang schlängelt, aber auch ins Landesinnere führt. „Die unbebauten Flächen sind bislang nicht miteinander verbunden", sagt Vivas, „sie sind im Grunde das, was beim exzessiven Bau der Hotel­anlagen übrig geblieben ist."

Für die Bettenburgen schlagen die Architekten nicht den massiven Einsatz der Abrissbirne vor, sondern die Umgestaltung und Umwidmung bestehender Gebäude. Konkret heißt das: Geschosse entkernen und durchlässig machen, Stockwerke vor allem bei den Hotels direkt am Strand abtragen, Flachdächer begrünen, Zimmer zusammenlegen. Und an einigen Punkten müsse auch abgerissen werden.

Die Architekten haben zudem ganz konkrete Ideen für Neubauten, die als Besuchermagneten wirken sollen: ein Landschaftskunstmuseum inklusive Park in Portals, ein Wissenschafts- und Umweltpark bei Palmanova, ein Sportleistungszentrum in Magaluf sowie ein Business-Zentrum in Santa Ponça.

„Das Projekt ist auf zehn Jahre angelegt", sagt Kate Mentink, Gemeinderätin für Tourismus und Ausländer in Calvià. Der erste Schritt sei getan, und der Gemeinderat werde in einer Sondersitzung am 23. Dezember die Pläne absegnen – danach komme alles auf Madrid an. Nur wenn sich die Zentralregierung hinter das Projekt stelle, habe es auch wirklich eine Chance. „Eine Gemeinde kann so etwas nicht allein zustande bringen."

Von den ernüchternden Erfahrungen mit dem Playa-de-Palma-Projekt, das auch nach Jahren noch keine sichtbaren Ergebnisse gezeigt hat, wollen sich die Architekten indessen nicht abschrecken lassen. „Es sind ambitionierte und komplexe Pläne, öffentliche Hand und private Investoren müssen kooperieren", so Vivas. Am besten wäre hierfür ein Konsortium aller Beteiligten. „Der Wille ist groß, das Projekt voranzubringen. Schließlich hängt von ihm die Zukunft der Gemeinde ab."

Die Entwürfe sind noch bis zum 24. Dezember im Zentralsitz der balearischen Architektenkammer (COAIB) in Palma, Carrer Portella, 14, ausgestellt. Montags bis freitags, 10 bis 14 Uhr.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

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- Weihnachtsgeschenke: Die cesta de navidad in der Krise

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- Leistungsbegrenzer mit Nebenkosten: Stichwort ICP