Mit ein bisschen Fantasie wird der Bus zur zukünftigen Straßenbahn. Und die Umgebung auf Mallorca, die draußen vorbeizieht, zum attraktivsten Reiseziel Europas. Zumindest vor dem inneren Auge von Joseba Dañobeitia scheint sich die zukünftige Playa de Palma bereits in ihrem ganzen Glanz auszubreiten.

Der Baske muss es wissen: Er ist beim Konsortium für die Modernisierung der Playa de Palma für die städtebauliche Planung verantwortlich. Jetzt steht Dañobeitia im Gang des Linienbusses, den die Stadtverwaltung Palma für die öffentliche Besichtigungstour an diesem Samstag (12.6.) gechartert hat, und zeigt vor Ort, was sich alles ändern soll – eine Reise in die Zukunft, die der Gewinner des Ideen-Wettbewerbs, Adriaan Geuze, tags zuvor den Teilnehmern in einem Vortrag vorgestellt hatte. Die Visionen des niederländischen Architekten reichen weit über ein paar neue Palmen oder Pinselstriche hinaus, und eine seiner wichtigsten Botschaften lautet: Die Playa de Palma hat viele Gesichter. In Zukunft sollen sieben Gebiete deutlich unterscheidbar sein.

Can Pastilla

Erste Station: Can Pastilla. Der Bus fährt den Camí de Can Pastilla entlang, und Dañobeitia zeigt in die Sträßchen hinein, die Richtung Strand führen. „Die Gegend hat Charme, hier müssen wir nur punktuell eingreifen." Die parkenden Autos müssen weniger werden, die bestehenden Bäume brauchen Bestandsschutz. Renoviert werden sollen möglichst bald die Hotels Gala und Miraflores.

Ses Fontanelles

Sehr viel teurer wird es im Fall des Feuchtgebiets Ses Fontanelles. Geuze hat es als grüne Lunge der Playa de Palma ausgemacht. Dummerweise genehmigte die Stadtverwaltung Ende vergangener ­Legislaturperiode ein Einkaufs- und Vergnügungszentrum. Die Mitte-Links-Regierung stoppte die Pläne bei ihrem Machtantritt 2007 – und verhandelt nun über die Entschädigungszahlungen. Offiziell ist noch nichts bekannt, Dañobeitia plaudert aber schon einmal aus, wie die Lösung wahrscheinlich aussieht: Der Bauträger erhält ein kleineres Gebiet am Rande von Ses Fontanelles, das nicht unter Schutz steht, um dort ein halb so großes Shoppingcenter zu errichten. So wird wohl weniger als die Hälfte der anfangs geforderten mehr als 100 Millionen Euro Entschädigung fällig.

Auch die Gegend zwischen Ses Fontanelles und Strand soll renaturiert werden. „Das ist eigentlich eine Düne", sagt Dañobeitia. Die Carrer d´Octavi August, die auch am Palma Aquarium vorbeiführt, werde verkehrsberuhigt – hier sollen nur noch Taxis und die zukünftige Straßenbahn verkehren.

Sometimes

Der Bus passiert den Kreisverkehr am Palma Aquarium und biegt in das Gebiet von Sometimes ein. Hier, in der Carrer Marbella entlang der großen Bettenburgen, hat Architekt Geuze das urbane und mediterrane Herz der Playa de Palma geortet. An Stelle der traurigen Durchgangsstraße, wo leer stehende Ladenlokale für 36.000 Euro an interessierte Käufer abzugeben sind, sollen attraktive Ramblas Shopping-Flair à la Miami Beach verströmen. Auf der meerzugewandten Seite wiederum sind Urlaubsresorts das große Vorbild – großzügige Gartenanlagen, die den Besuchern mediterranes Ambiente bieten.

Las Maravillas

Der Übergang nach Las Maravillas ist fließend. Hier steht das „Royal Cupido". Das Hotel aus den 60er Jahren ist als Vorbild für die anderen Hotels an der Playa de Palma modernisiert worden und erstrahlt in neuem Glanz: Zimmer wurden zusammengelegt, es wird auf ­Solarpaneele gesetzt, Grünanlagen haben die Betontristesse ersetzt.

Die Gegend soll vor allem nachts mehr Charme erhalten: Wo sich bislang die Prostituierten die Beine in den Bauch stehen, sieht Architekt Geuze einen Hotspot für romantische Urlaubsflirts. Statt der bisherigen Stadion-Bestrahlung sei hier Moonlight-Beleuchtung gefragt, um beim Flanieren Strand­mode und Sommerbräune präsentieren zu können.

La Porciúncula

Dann hält der Bus vor dem Mega-Park, und Dañobeitia sagt: „Das hier ist einer der rentabelsten Betriebe Mallorcas, ein fantastisches Geschäft an einem nicht so geeigneten Standort." Denn dort, wo derzeit Tausende deutsche Urlauber die Fußball-WM feiern, erstreckt sich landeinwärts eine zweite wichtige Grünzone, das Gebiet von La Porciúncula, das idealerweise bis zum Strand reichen sollte, wie Dañobeitia findet. Aber eine Enteignung wäre wohl doch zu teuer.

Leichter haben es die Planer auf der anderen Straßenseite, inseleinwärts. Dort liegt ein Gelände brach, wo schon vor vielen Jahren der Bau einer Seniorenresidenz angekündigt war. Das mit Bauzäunen umgrenzte Grundstück wurde gerodet, aber nie bebaut.

Und dahinter erstreckt sich ein weitläufiges Gelände, das mit am stärksten die Fantasie von Geuze angeregt hat: Steinbrüche, die in Zukunft Sport- und Wellness-Anlagen beherbergen und zu kleinen Ausflügen einladen sollen – im Jargon von Geuze ein „Dornröschen", das nur wachgeküsst werden müsse. So könnten Wege vom Strand weg durch einen kleinen Kiefernwald hindurch führen, die zu Spaziergängen und kurzen Fahrradtouren einladen, so Geuze. Und auch hier hätten Privatautos nichts zu suchen. „Eine vorbildliche Öko-Bilanz ist ein wichtiges Argument auf dem deutschen Markt."

Arenal

Als der Bus in die Carrer Berlin Richtung Strand abbiegt, können die Exkursionsteilnehmer an der Straßenecke Hütchenspieler dabei beobachten, wie sie Urlauber übers Ohr hauen. Willkommen in Arenal, dem Problemgebiet der Playa de Palma: enge Straßen, billige Bausubstanz, heruntergekommene Hotels und Wohnblocks. Hier wird geprüft, welche Gebäude erworben und abgerissen werden können, um Grünzonen zu schaffen. Schon bald sollen zudem mehrere hundert Wohnungen renoviert werden. Der Charakter eines Wohngebiets soll erhalten bleiben, so Geuze – ein Urlauber mische sich ja auch gerne mal unter Einheimische.

Der Bus ist inzwischen direkt am Strand unterwegs – hier würde auch die zukünftige Straßenbahn-Linie verlaufen, was viele Hoteliers und Anwohner jedoch ablehnen. Auf der Höhe der Carrer Fita zeigt der Torrent des Jueus sein hässliches Betonbett. Der Sturzbach, der die Gemeindegebiete Palma und Llucmajor trennt, soll begrünt und von den Müllcontainern befreit werden. Das Ziel: Eine attraktive Gegend, die auch wieder Geschäftsleute anzieht. Auf der Höhe des Yachthafens von Arenal zeigt Dañobeitia schließlich auf den dortigen Parkplatz – die Autos besetzten hier einen Bereich, der als Strand-Boulevard zum Beispiel für Sportangebote genutzt werden könnte. Hier würde sich auch eine lang gezogene Brücke gut machen.

Son Verí

Nach dem Yachthafen biegt der Bus wieder inseleinwärts ab. Es geht in die Wohngegend von Son Verí. „Dieses Gebiet ist weniger problematisch", sagt Dañobeitia. Allerdings sollte ein Pfad am Meer entlang führen, damit Urlauber das Gebiet erkunden könnten.

Und während der Bus wieder Richtung Palma fährt, gibt es weitere Details zum Projekt, an dem Dañobeitia keine Zweifel aufkommen lässt. Kein Wunder: Bevor sich der Baske wegen seiner mallorquinischen Frau endgültig auf Mallorca niederließ, hatte er in den 80er Jahren in Bilbao ein Megaprojekt vorangetrieben. Auch damals sei viel an den Plänen rund um das Guggenheim-Museum gezweifelt worden. Aber große Projekte brauchten eben ihre Zeit.

In der Printausgabe (Nummer 528) lesen Sie außerdem:

- Hintergründe zur geplanten Öko-Flugabgabe

- Erfolg für die deutsche Schule Eurocampus: Langfristige Förderung erreicht

- Der Bauschutt wird knapp: Hightech-Entsorger fehlt Nachschub

- Schnell noch auf Solaranlagen setzen: Förderanträge bis 15.8. stellen

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