Wunschdenken oder realistische Einschätzung? Die Vertreter der internationalen Immobilienbranche auf Mallorca sind sich sicher: Das Schlimmste ist vorüber. „Der Markt wird wieder sehr viel freundlicher", sagt Kai Dost, Vertriebsgeschäftsführer bei Kühn & Partner, „auch wenn es noch lange kein guter Markt ist." Die Zeit der Schnäppchenjäger sei vorbei – Immobilienbesitzer, die wegen Geldproblemen dringend verkaufen mussten, hätten das bereits vergangenes Jahr getan.

„Jetzt geht es wieder nach oben", sagt auch Immobilienunternehmer Lutz Minkner. Bei den Verkaufspreisen von Objekten, die nun zum Verkauf stünden, sei in der Regel keine Luft mehr drin. Preiskorrekturen seien bereits vorgenommen. Viele Objekte, deren Preise sich als nicht vermittelbar erwiesen hätten, seien zudem vom Markt genommen worden.

Auch die offiziellen Statistiken über den einheimischen und internationalen Immobilienmarkt auf den Balearen weisen inzwischen nach zwei Jahren Rückgang wieder Zuwächse auf. So wurden im April laut Zahlen des balearischen Statistik-Instituts auf den Inseln knapp 18 Prozent mehr Wohnungen als im Vorjahresmonat verkauft.

Auch Zahlen der Regierung in Madrid weisen in diese Richtung. Bei den Preisen ist laut einer Studie der spanischen Großbank BBVA die Korrektur auf den Balearen mit einer durchschnittlichen Senkung seit 2007 von 13 Prozent abgeschlossen – im Gegensatz zu anderen Regionen in Spanien.

Allerdings beschreiben diese Zahlen einen Markt, in dem sich die Segmente sehr unterschiedlich entwickeln. Am schlechtesten steht der einheimische Wohnungsmarkt bei Apartments im unteren Preissegment da. Hier spricht Minkner von einem Preisrutsch von 35 bis 40 Prozent.

Im internationalen Segment seien die Preise hingegen nur um 15 Prozent nach unten korrigiert worden. Die Preise hätten aber ohnehin vor Ausbruch der Krise eine unrealistische Höhe erreicht, so Dost von Kühn & Partner. Jetzt sei man wieder beim Preisniveau von 2007 angekommen.

„Viele warten, ob es noch weiter nach unten geht", sagt Chris­tian Pfleger, Vertriebsleiter bei Euro­palma. „Aber wir sind auf dem Tiefpunkt angekommen." Objekte mit Phantasiepreisen nehme man erst gar nicht ins Angebot auf. Pfleger beziffert die Preisanpassung bei Altstadt-Immobilien mit 20 bis 25 Prozent, bei Notverkäufen auch mit bis zu 35 Prozent. Zum Teil würden die Verkaufspreise auch deswegen nicht weiter gesenkt, weil sie schon der Summe entsprechen, die die Eigentümer zum Kauf der Immobilie von der Bank geliehen hätten.

Das Geschäft laufe zwar wieder an, allerdings uneinheitlich. „Zwischen 250.000 Euro und einer Million gibt es ganz wenig Anfragen", sagt Pfleger. Gesucht werde entweder ein Apartment um die 200.000 Euro – oder aber ein Stadtpalast bei zunehmend höheren Ansprüchen an Lage und Ausstattung und deutlich mehr Besichtigungen vor dem Kaufabschluss. Die Nachfrage im Hochpreissegment sei auch deswegen stabil, da angesichts der Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten attraktive Immobilien in bester Lage als sichere Investment-Anlage wieder stärker gefragt seien.

Auch bei Kühn & Partner hat man eine stärkere Nachfrage einerseits im unteren, andererseits im oberen Preissegment festgestellt. „Für zwei Millionen Euro kriege ich eine Villa in vernünftiger Qualität, bis 500.000 Euro ein gutes Apartment", so Dost. Im mittleren Segment werde dagegen mitunter die Finanzierung schwierig, während sich diese Frage im oberen Segment erst gar nicht stelle. Minkner erklärt die Schwäche im Bereich unter einer Million Euro damit, dass der Mittelstand in Deutschland in Folge der Wirtschaftskrise als Käufer weitgehend ausgefallen sei.

Ein weiterer Faktor: die Nachfrage aus Großbritannien. Dieser Markt erhole sich, „der schwache Euro und das starke Pfund begünstigen Investitionen aus Großbritannien und anderen internationalen Märkten", sagt Heidi Stadler, Geschäftsführerin von First Mallorca. „Wir sind positiv überrascht, dass der Markt wieder mehr und mehr anzieht und Kaufabschlüsse wesentlich schneller stattfinden, als wir es Ende 2009 voraussehen konnten."

Den durchschnittlichen Verhandlungsspielraum zwischen ursprünglichem und endgültigem Verkaufspreis gibt Stadler mit knapp 15 Prozent an. Auch in Boomzeiten seien schon 5 bis 10 Prozent ausgehandelt worden, gibt Minkner zu bedenken. Alle Immobilien-Unternehmer berichten von Rabattjägern, die massive Nachlässe einforderten. Doch gerade bei Apartments seien die Kaufpreise inzwischen realistisch – der Vergleich mit anderen zum Verkauf stehenden Objekten sei hier leichter, so Dost.

Sorgen bereiten weiterhin manche Banken. Dort, wo Kredite nötig seien, finanzierten die Kreditinstitute weniger und verlangten deutlich mehr Sicherheiten, heißt es übereinstimmend. In zu vielen Fällen sind die Banken letztendlich auf Immobilien von säumigen Gläubigern sitzen geblieben. Pfleger von Europalma berichtet, wie Kaufinteressenten bei einer Bank um einen Kredit für den Immobilienkauf baten und daraufhin zur Antwort bekamen: „Warum kauft ihr nicht aus unserem eigenen Bestand?"

In der Printausgabe vom 1. Juli (Nummer 530) lesen Sie außerdem:

- Höhere Mehrwertsteuer drückt auf Mallorcas Konsumklima

- Wirbel um deutsche Problem-Kids

- Müllberge neben Palmas Villenviertel Son Vida

- Zeugen Jehovas: Bibelfest in der Palma Arena

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