Nach zwei Jahren Wirtschaftskrise nimmt auf Mallorca die Ausbeutung durch skrupellose Unternehmer zu. Ihre Opfer: Tagelöhner, die tagein, tagaus um ihr Überleben kämpfen müssen. Unter unzumutbaren Bedingungen schuften sie im Dienstleistungsgewerbe, der Landwirtschaft oder auf dem Bau. Sie arbeiten von morgens um fünf bis abends um acht, und das häufig für nur drei, vier Euro die Stunde.

Aina Díaz, Anwältin für Arbeitsrecht, hat täglich mit diesen Fällen zu tun. Sie betreut Einwanderer, die schwarz bezahlt werden und nicht versichert sind. „Es gibt Tagelöhner, die wochen- oder monatelang Kartoffeln ernten und am Ende überhaupt nichts bekommen", sagt Díaz. Am meisten ausgebeutet würden Senegalesen.

Betroffen seien aber längst nicht mehr nur Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung. Viele Arbeitgeber würden auch ihre legalen Angestellten zwingen, zweifelhafte Verträge zu unterschreiben. Zum Beispiel müssten acht Stunden gearbeitet werden, es würden aber nur vier abgerechnet. Beispiel Haushaltshilfen: Sie müssten häufig sieben Tage die Woche arbeiten, ohne einen freien Tag, für weniger als 600 Euro im Monat.

Wer eine Familie ernähren muss, unterschreibe alles, sagt die Anwältin. „Ihm bleibt nichts anderes übrig."

Die Zahl der Arbeitslosen, die mit Schwarzarbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, ist nach Angaben des Gewerbeaufsichtsamtes im vergangenen Jahr um 124 Prozent gestiegen. Laut Schätzungen der Gewerkschaft UGT gibt es auf Mallorca derzeit 90.000 Menschen, die täglich zur Arbeit gehen, ohne eine rechtmäßige Bezahlung zu bekommen oder in irgendeiner Form abgesichert zu sein. Die Zahl könnte noch höher sein, wenn man den Berechnungen der Gewerkschaft der Finanzbeamten (Gestha) glaubt. Sie geht von 100.000 Schwarzarbeitern aus, das entspricht etwa 30 Prozent des gesamten Arbeitsmarktes auf der Insel.

Die Branche, in der am meisten Schindluder getrieben wird, ist seit dem Platzen der Immobilienblase und verschärfter Kontrollen auf den Baustellen nicht mehr der Bausektor, sondern die Landwirtschaft.

Und der Tourismus. Vor allem im Hotel- und Gastgewerbe wird abseits neugieriger Urlauberblicke häufig schwarz gearbeitet: als Spüler, Küchenhilfe, Lagerarbeiter oder Reinigungskraft. So wie der Südamerikaner Héctor, der als Tellerwäscher in einem Luxuslokal in Andratx arbeitet: „Mir werden 18 Euro am Tag gezahlt, aber ich bekomme Frühstück, Mittag- und Abendessen. Und sie behandeln mich gut." Héctor ist zufrieden mit seiner Arbeit. Schließlich habe er schon für weniger und unter schlechteren Bedingungen gearbeitet.

Paradoxerweise wird auch auf diejenigen Nicht-EU-Ausländer, die bereits eine Wohn- und eine Arbeitserlaubnis haben, großer Druck ausgeübt. Damit ihre Papiere verlängert werden, müssen sie nachweislich mindestens sechs Monate pro Jahr arbeiten. Das würden die Arbeitgeber wissen und sie zwingen, unter deutlich schlechteren Konditionen zu arbeiten, als es der Gesetzgeber vorschreibt. So müssten viele beispielsweise ihre Beiträge zur Seguridad Social (Sozialversicherung) selbst zahlen.