Sabina Herzog (50) war gerade aus Köln am Flughafen in Palma angekommen und wartete auf den Kleinbus, der sie zu ihrem Auto im Dauerparkhaus „Park & Fly" bringen sollte. Ihren Gepäckwagen mit ihrem Rucksack im oberen Teil hatte sie vor sich. Zwei Männer sprachen sie an, stellten Fragen. „Da kam jemand und stieß mich an, ich stolperte die Bordsteinkante hinunter, und als ich mich wieder umdrehte, war mein Rucksack weg", berichtet die Deutsche, die oft längere Zeit in ihrem Haus auf Mallorca verbringt. Die Diebe erbeuteten so nicht nur eine beträchtliche Summe Bargeld, sondern auch Kreditkarten, Pass, Fahrzeugpapiere, Auto- und Hausschlüssel, Handy, Brillen und dringend benötigte Medikamente.

Das unangenehme Erlebnis vom vergangenen Samstag (10.7.) ist kein Einzelfall. An Mallorcas Flughafen ist derzeit auch für professionelle Taschendiebe Hochsaison. „Hier sind vier bis fünf Banden aktiv, die eigens im Sommer zum Stehlen auf die Insel kommen. Sie wechseln von einem Flughafen oder Land zum anderen. Im Winter ziehen sie zum Beispiel auf die Kanaren", erklärt José Mario Mansó, Leiter der Nationalpolizei am Flughafen Son Sant Joan. An Palmas Airport seien vor allem junge Männer aus Rumänien, Algerien und Marokko aktiv.

Die Vorgehensweise ist meist ähnlich: Einer lenkt ab, zum Beispiel mit Fragen nach dem Weg, der andere reißt dem Opfer die Tasche weg. Vor allem zwei Bereiche am Flughafen seien betroffen: Oft schlagen die Diebe, wie im Fall von Herzog, im Ankunftsbereich des Flughafens zu, dort, wo viele Reisende zusammenkommen, nach Bussen oder Taxi Ausschau halten. Gerne suchen sie sich auch Opfer im Erdgeschoss des Parkhauses, wo Neuankömmlinge ihre Mietwagen abholen.

Doch selbst im Abflugbereich nach der Sicherheitskontrolle kann man sich nicht in Sicherheit wiegen. „Da sind die Leute entspannter und das nutzen die Diebe aus. Sie kaufen sich einfach ein billiges Ticket, um dorthin zu gelangen", berichtet Mansó. Als Opfer suchen sich die Diebe laut Polizei häufig Seniorinnen aus. Die Deutsche Edith Multhaup (67) kann das nur bestätigen. Ihr wurde vor wenigen Wochen kurz nach der Ankunft am Flughafen die Tasche weggerissen. Der Schaden war groß. „Ältere Leute haben mehr Bargeld bei sich, wir sind das mit den Geldkarten nicht so gewohnt", sagt sie.

Das Taschendieb-Problem am Flughafen wird sich wohl auch in Zukunft nicht lösen. „Wir kennen unsere Pappenheimer und haben viele schon mehrmals festgenommen, aber für einen Taschendiebstahl ohne Gewaltanwendung wandert niemand ins Gefängnis", erklärt Mansó. Deswegen werden auch die Erfolge der Polizei in den vergangenen Tagen die Situation nicht wesentlich verbessern. In der Nacht auf Mittwoch (14.7.) fassten die Beamten etwa einen rumänischen Dieb, der sich mit falschen Dokumenten auswies. Wenige Tage zuvor wurde ein 26 Jahre alter Brite festgenommen, der gemeinsam mit einem Briten algerischer Herkunft eine Diebesbande anführte. In der Printausgabe vom 15. Juli lesen Sie außerdem im Ressort Lokales/Mallorca:

- Freie Fahrt für die Sanierung der Playa de Palma

- Abtreiben ohne Angst vor Schlägen: Neues Gesetz spaltet die Gesellschaft

- Die Krise erreicht das Cabrera-Zentrum: Mitarbeiter entlassen, Budget gekürzt

- Die Freiheit kostet 12 Millionen Euro: Verhandlungen im Fall Relámpago

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