Eigentlich wäre es gar nicht so schlimm, wenn keine Stierkämpfe auf Mallorca mehr stattfinden würden, sagt José García. Dabei ist er der Vorsitzende der Vereinigung Alcúdia Taurina, die im Rahmen einer Konzession die kommunale Stierkampfarena in Alcúdia betreibt. Doch längst haben andere Veranstaltungen den Stieren die Show gestohlen. Nur noch einmal im Jahr finden corridas de toros statt – und dann auch nur mit Jungstieren.

Stattdessen kommt die Plaza de Toros in Alcúdia anders zur Nutzung: Polizisten reservieren die Arena für ihr Jahresfest, Nachbarschaftsverbände feiern, Kulturvereine organisieren Events. Mehr als 30 Veranstaltungen im Jahr zählt García. Die Nutzung ist kostenlos – solange kein Eintritt zur Veranstaltung verlangt werde. Die Vereinigung zahlt ans Rathaus einen symbolischen Preis von 7.000 Euro und kümmert sich um die Instandsetzung. „Dieses Modell hat sich bewährt", so der Vorsitzende.

Die Plaza de Toros von Alcúdia ist mit rund 3.600 Plätzen die kleinste von insgesamt fünf Stierkampfarenen auf Mallorca. Die anderen Arenen der Insel tun sich sehr viel schwerer bei der Suche nach einer sinnvollen und rentablen Nutzung, nachdem der Stierkampf auf Mallorca seine glanzvolle Zeit schon lange hinter sich hat und schweren Zeiten entgegensieht: Nach dem Verbot in Katalonien in der vergangenen Woche (MZ berichtete) wird ein Domino-Effekt erwartet – zumindest in Regionen, die keine starke Stierkampf-Gemeinde haben wie die Balearen.

Bislang ist nur die kleine Gemeinde Costitx offiziell stierkampffreie Zone. Die Forderungen werden lauter, dass auch Palma ciutat antitaurina wird. Zwar lehnt die Landesregierung ein Verbot der Stierkämpfe bislang ab. Die Zuständigkeit fällt demnächst aber ohnehin an den Inselrat.

„In drei Jahren dürfte es auch auf Mallorca vorbei sein", sagt Bartomeu Coll, Stierkampf-

Experte der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". Fanden in den 60er Jahren laut Coll noch Dutzende corridas pro Jahr auf Mallorca statt, ließen sie sich nun an einer Hand abzählen. Außerhalb Palmas werden die Stiere ohnehin nur zum jährlichen Ortsfest losgelassen. Die kleine und überalterte Fangemeinde könne es mit der wachsenden Zahl der Gegner nicht aufnehmen.

Und die Stierkampfgegner sind im Aufwind, wie sich auch am vergangenen Sonntag (1.8.) in Inca zeigte. Zum jährlichen Stadtfest San Abdón i Senén trat El Cordobés an – während der Star-Torero in der Arena nach seinem Sieg auf Schultern getragen wurde, erntete er vor den Toren Pfiffe und Beschimpfungen. Der Konflikt überschattet so auch den 100. Geburstag der dortigen Plaza de Toros – ein Jubiläum, das mit Shows, einer Festschrift sowie Tagen der offenen Tür im örtlichen Stierkampfmuseum gefeiert wird.

Das restliche Jahr wird die privat betriebene Arena aber wieder vor sich hindämmern. Ein Abkommen sah zwar vor, dass sich die Gemeinde um Reparaturen kümmert und die Plaza nutzen kann. Es lief aber laut einem Rathaussprecher vor drei Jahren aus: „Das hat sich für uns nicht gelohnt." Die Betreiber steckten angesichts der geringen Größe der Arena in einem Dilemma: Stierkämpfe seien teuer, Tickets aber bei Eintrittspreisen ab 40 Euro schwer zu verkaufen.

Das erbärmlichste Bild liefert die Stierkampfarena von Felanitx ab. La Macarena müsste dringend restauriert und modernen Sicherheitsstandards angepasst werden. Weil die private Betreiberfirma aus Katalonien die Kosten von mindestens 60.000 Euro scheut, dürfen seit vergangenem Jahr keine Stierkämpfe mehr stattfinden. „Felanitx verfügt über keine Genehmigung", bestätigt eine Sprecherin des balearischen Innenministeriums.

Im Rathaus von Felanitx wird der Ausfall der toros nicht so tragisch gesehen. „Wir hatten auch so ein tolles Dorffest", sagt Bürgermeister Biel Tauler (Volkspartei, PP) – statt Stieren habe es eine Pferdeshow in den Straßen des Orts gegeben, und die Stierkampf-Anhänger hätten gefeiert wie immer. Auch als Veranstaltungsort vermisst Tauler La Macarena nicht: „Wir haben ein Auditorium, wir haben ein Kulturhaus, wir haben eine Musikschule mit Bühne, wir haben einen Park." Der Bürgermeister verweist zudem auf die Lage im Stadtkern – kein guter Ort für laute Konzerte.

Ein Kauf durch die Gemeinde kommt nicht in Frage – wenn überhaupt, würde man die Arena nur geschenkt nehmen. Das könnte eine Vertragsklausel ermöglichen, die dem privaten Betreiber vorschreibt, mindestens einmal im Jahr Stierkämpfe abzuhalten. Weil das nicht der Fall ist, prüfen nun Juristen, ob La Macarena an die Kommune zurückfallen könnte. Die jahrzehntealten Vertragsunterlagen sind jedoch nach Angaben des Rathauses nicht eindeutig, unvollständig und müssen erst in Palma und Barcelona gesichtet werden – eine Detektivarbeit für Archivare.

Die Pläne des katalanischen Stierkampf-Unternehmers Pedro Balañá, der neben der Stierkampfarena von Felanitx auch die von Palma betreibt, sind nicht bekannt. Nach dem Schock über das Verbot in Katalonien ließ er sein „Bedauern über den Verlust einer historischen Tradition" mitteilen, seine PR-Agentur lehnt aber jede weitere Stellungnahme ab.

Im Coliseo Balear in Palma jedenfalls haben Pop-Künstler, Sportstars und TV-Moderatoren die Stiere weitgehend abgelöst. Die Zahl der corridas hat sich in den vergangenen 50 Jahren von mehr als 30 auf kaum mehr drei reduziert. Leichter zu füllen ist die Arena bei den gelegentlichen Top-Events mit Joe Cocker, Simply Red oder zuletzt den Cranberries.

Die ZDF-Sendung „Wetten, dass ..?" ist schon fast Stammgast, auch Tennis wurde schon im Coliseo Balear gespielt. Kolumnist Coll bemängelt allerdings, dass der Komplex nicht in Schuss gehalten werde und verkomme. Und auch die Nachbarn protestieren regelmäßig, wenn es zu laut wird.

Den stärksten Rückhalt für die Stiere gibt es in Muro. Die Gemeinde hat dieses Jahr La Monumental für 450.000 Euro gekauft und 53.000 Euro in Wartungsarbeiten gesteckt – so konnten im Juni die jährlichen Stierkämpfe ausgetragen werden. „Sie sind nicht nur für Muro, sondern für ganz Spanien ein wichtiges Kulturgut", sagt Bürgermeister Martí Fornés (CDM-PP). Er kündigt weitere Investitionen in die denkmalgeschützte Anlage an. Und falls die Stierkämpfe auch auf den Balearen verboten werden sollten, gebe es ja noch genügend andere Verwendungszwecke.

In der Printausgabe vom 5. August (Nummer 535) lesen Sie außerdem:

- Playa de Palma startet in Pilotphase

- Einigkeit gegen die Trinkgelage

- Kontroverse Debatte um die Mallorca-Ferien des Bundespräsidenten

- Tierschützer retten Hunde vor Züchter

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