Der Anruf der Mallorca Zeitung in seinem Büro in Port d´Andratx freut Georg Funke nicht. Zunächst lässt er über seine Sekretärin ausrichten, dass er zu einem Interview nicht bereit ist.

Funke ist einer der bekanntesten Pleitebankiers Deutschlands. Unter seiner Regie als Vorstandsvorsitzender stürzte der Aktienkurs der börsennotierten Hypo Real Estate (HRE) in den Keller, die Bank ging fast pleite. Mehr als 100 Milliarden Euro waren zur Rettung der Banken-Holding notwendig, die als erstes Kreditinstitut in der Bundesrepublik 2009 zwangsverstaatlicht wurde.

Heute verklagen institutionelle und private Anleger die RHE sowie ihre ehemaligen Vorstandsvorsitzende Georg Funke und Markus Fell auf mehr als 1,2 Milliarden Euro. Außerdem ermittelt der Staatsanwalt gegen Funke persönlich, unter anderem wegen Untreue zu Lasten der Bank.

Der Volkszorn entlädt sich in Facebook-Gruppen wie „Halts Maul Georg Funke" oder „Keine Rente für Georg Funke". Viele finden den Banker unverschämt. Denn Funke klagte nach seinem von der Politik erzwungenen Rücktritt am 7. Oktober 2008 vor Gericht gegen seine Kündigung und fordert insgesamt 3,5 Millionen Euro Gehaltsnachzahlung.

Danach tat Funke etwas, was viele Deutsche tun, wenn es in der Heimat unangenehm wird. Er ging nach Mallorca. Im schicken Port d´Andratx versucht er sich seit wenigen Monaten als Edelmakler. Mit seiner Firma „A 1 Villas ­Mallorca S. L." hat er Immobilien auf Mallorca ab 1,1 Millionen Euro im Angebot. Los geht es mit einem Meerblick-Penthouse in Port d´Andratx. Am oberen Ende findet sich eine „futuristische Villa" mit 3.000 Quadratmeter Wohnfläche, die derzeit in der Nobelsiedlung Son Vida gebaut wird, für sage und schreibe 29 Millionen Euro.

Auch Funke selbst stellt sich in der Rubrik „Unser Team" neben seiner Frau und Geschäftspartnerin Eileen Carter auf seiner neuen Firmen-Website vor. Auf dem Foto lächelt er freundlich und entspannt in die Kamera, keine Spur von seinem gestressten Gesichtsausdruck zur Zeit der HRE-Krise. Der Name Hypo Real Estate fällt in Funkes Karriere-Porträt kein einziges Mal. Vielmehr ist von „Positionen im Top Management im weltweiten Immobiliengeschäft" die Rede. Seine Abkehr von der Finanzwelt erklärt er damit, dass er sich 2008 für den Ruhestand entschieden habe.

Trotz der bemüht fleckenfreien Darstellung wurden bereits wütende Bürger auf Funkes neues Mallorca-Leben aufmerksam. „Sein sogenannter Werdegang entspricht nicht der Wahrheit. Es geht in keinster Weise hervor, dass er Vorstandsvorsitzender der Hypo Real Estate war. (...) Durch ihn sind viele arbeitslos geworden", schreibt eine MZ-Leserin. Sein Auftreten auf Mallorca sei dreist, ohne Skrupel und ohne jegliche Moral. „Persönlich wünsche ich ihm nichts Gutes, und seine Immobilientätigkeit muss den ´Bach runter gehen´! Er sollte mal in die Lage eines Arbeitslosen kommen!"

Funke selbst kennt die Anschuldigungen gegen ihn. An diesem Donnerstag (2.2.) geht er schließlich doch noch ans Telefon seines Immobilienbüros in Port d´Andratx. Von einem persönlichen Treffen mit der Mallorca Zeitung lässt er sich immer noch nicht überzeugen. Mit der Presse will er nichts zu tun haben.

„Da ist viel Unsinn geschrieben worden, der durch nichts zu belegen ist", erklärt er in gereiztem Ton. Die Schuld für die HRE-Katastrophe sieht er nicht bei sich, sondern bei der Bundesregierung. „Die Bank war nicht in Schwierigkeiten, sie hat keine Limits gebrochen", sagt Funke am Telefon. Erst der Finanzminister habe mit seiner Ankündigung zur Abwicklung der Bank den Kollaps verursacht. Daraufhin nämlich stoppten Unternehmen ihre Geschäfte mit der HRE, und Kunden holten ihr Erspartes. „Das war der Auslöser für die Probleme." Um das komplexe Finanzthema zu verstehen, müsse man sich ausführlich damit beschäftigen. Funke hat jedenfalls kein schlechtes Gewissen. „Ich habe weder die Schieflage verursacht, noch habe ich die Verantwortung dafür. Unsere Zahlen waren richtig", sagt er.

Gerichte werden das möglicherweise anders sehen. Über die bereits Ende 2007 und Anfang 2008 erhobenen Klagen gegen die HRE und ihr früheres Management wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres 2012 vor dem Oberlandesgericht (OLG) München verhandelt. Um die Fülle von Klagen der Anleger bündeln zu können, wird das Verfahren der Musterklage angewendet. Der Tübinger Rechtsanwalt Andreas Tilp vertritt dabei den Musterkläger vor Gericht. Daneben liegen weitere rund 200 Klagen meist privater Anleger bei den Landgerichten.

Der Musterklage haben sich vor allem Kapitalanlagesellschaften wie beispielsweise Deka angeschlossen. Die früheren Aktionäre werfen der HRE beziehungsweise ihrem früheren Management vor, sie immer wieder über den wahren Zustand der Bank getäuscht und wichtige Informationen vorenthalten zu haben, wie etwa bei der Übernahme der irischen Depfa-Bank. Viele der Kläger kauften die HRE-Aktien bei einem Wert von 35 oder 40 Euro. Als die HRE verstaatlicht wurde, erhielten die verbliebenen Anleger noch 1,30 Euro pro Aktie.

Sollte das Gericht den Klägern Recht geben, ist es laut Tilp wahrscheinlich, dass die HRE an ihren früheren Vorstandsvorsitzenden Funke Regressansprüche stellt. Der frühere Vorstandsvorsitzende Funke sei seiner Rolle nicht gewachsen gewesen. „Für ihn war die Bank eine Nummer zu groß. Laut den Akten des Berichts des Bundestagsuntersuchungsausschusses hat er ziemlich dilettantisch gehandelt", sagt Tilp.

Jetzt also Mallorca. Seine Mitbewerber auf der Insel scheinen ihn als Konkurrenten bislang nicht sonderlich zu fürchten. „Verkauft haben die bestimmt noch nichts", heißt es. Und daran würde sich auch in Zukunft nicht viel ändern. „Die Kunden sind sehr kritisch. Sie gehen lieber zu bekannten Maklern, die schon lange vor Ort sind. Neue haben es schwer", giftet einer der Immobilien-Platzhirsche.