„Mein Rechtsanwalt hat mir Hoffnung gemacht", sagt Elisabeth Schröder. Sobald die angekündigte Änderung des spanischen Küstengesetzes durch sei, habe sie auch in ihrem Rechtsstreit bessere Karten, hofft die Mallorca-Deutsche (Name v.d.Red. geändert). Denn auch durch ihr Apartment in Cala Blava an der Südküste von Mallorca führen die gefürchteten Begrenzungslinien, die die Küstenbehörde vermessen hat.

Die Linien entscheiden, wo die Küste aufhört – was also staatlich oder privat ist und welche Nutzungsrechte den Immobilien-Besitzern in Zukunft noch zustehen. Das Gesetz von 1988 sorgte vor allem in den vergangenen Jahren mit der fortschreitenden Vermessung der Küste für Wirbel und brachte die betroffenen Immobilien-Besitzer auf die Barrikaden. Denn direkt am Meer ist kein Privatbesitz zugelassen. Das Gesetz sieht vielmehr dessen Enteignung beziehungsweise Umwandlung in eine staatliche Konzession vor, die spätestens nach 60 Jahren abläuft.

Die jetzigen Hoffnungen der Betroffenen beruhen auf Ankündigungen des frischgebackenen spanischen Umweltministers Miguel Arias Cañete (Volkspartei, PP). Die Regierung werde das Küstengesetz „grundlegend reformieren", um wirtschaftliche Nutzung und Umweltschutz in Einklang zu bringen und die Küste „aufzuwerten", sagte der Minister im Januar.

Was das zu bedeuten hat, darüber rätselt auch Joan Cirera, Sprecher der Bürgerinitiative „Basta Ja!", die seit einem Jahr von Mallorca aus gegen das Küstengesetz mobil macht. Offensichtlich steht eine Flexibilisierung an, die vor allem die wirtschaftliche Nutzung der ersten Küstenlinie betrifft – chiringuitos (Strandbars), Bootshäuschen oder Hotelpools würden nicht behelligt. So hat das auch vor kurzem der Madrider Delegierte auf den Balearen, José María Rodríguez, im MZ-Interview erklärt.

„Die PP macht sich Sorgen, weil hier eine Menge Geld im Spiel ist", sagt Cirera. Den rund 200 Familien, die sich „Basta Ja!" angeschlossen haben, geht es aber um sehr viel mehr: die Rettung ihres Privateigentums. Denn unabhängig davon, wann ein Haus gebaut oder erworben wurde und was im Grundbuch vermerkt ist, entscheidet allein die Vermessung der Küstenbehörde, wie weit der Strandbereich (dominio público) geht.

Dass das Gesetz jetzt wackelt, liegt vor allem an zwei Punkten. Die Kritiker verweisen zum einen auf die rückwirkende Anwendung des Gesetzes, die gegen die Verfassung verstoße. Zum anderen seien die Kriterien für die Vermessung willkürlich. Ausschlaggebend ist nämlich nicht, wie weit ein Haus vom Meer entfernt steht. Die Küstenbehörde prüft vielmehr, wie der Boden beschaffen ist, wie die Dünen verteilt sind oder bis wohin die Wellen bei Sturm reichen. „Das Gesetz wird in Arenal anders angewandt als am Es-Trenc-Strand", kritisiert Cirera.

Erst die sozialistische Zapatero-Regierung (2004-2011) begann mit der Umsetzung des Küstengesetzes. Der Protest dagegen formierte sich schnell. Die Bürgerinitiativen schalteten auch das EU-Parlament ein, das Spanien im März 2009 erstmals rügte. So dürfte denn auch der Druck aus Brüssel eine wichtige Rolle beim jetzigen Reformprojekt spielen.

Ein weiterer Erfolg für die Betroffenen war die Einsetzung eines Sachverständigenrates im Oktober 2011. Brüssel habe Madrid auch mit Verweis auf die Verteilung der Agrarhilfen nahegelegt, zunächst die Probleme im Küstengesetz anzugehen, sagt Cirera. Und da rund 20 Prozent der insgesamt etwa 400.000 betroffenen Familien in Spanien Ausländer sein sollen, hatten sich schon seit längerem deren Botschaften für die Anwendung des Gesetzes interessiert.

Bei „Basta Ja!" auf Mallorca beschränkt sich die Zahl der Ausländer bislang auf eine Deutsche und zwei französische Familien. Zum einen sind etwa die Küsten in Andalusien oder Katalonien weit stärker betroffen. Zum anderen glaubt Cirera, dass viele Ausländer auch jetzt noch nicht mitbekommen haben dürften, dass ihre Häuser von dem Gesetz betroffen sind. Zudem ging die Vermessung von Mallorcas Küste nur schleppend voran, kritische Abschnitte wie Playa de Muro standen erst zuletzt an.

Adiós, chiringuito

Aber auch auf Mallorca wurden bereits hier und da Tatsachen geschaffen. Vor allem seit dem Amtsantritt von Celestí Alomar als Leiter der Küstenbehörde unter Mitte-Links (2007-2009) kam die Umsetzung in Fahrt. Eingeebnet wurde im Mai 2010 ein mehr als 100 Jahre altes Häuschen an der Cala Tuent, im März dieses Jahres folgte das chiringuito „Monaco" in Port de Sóller, zahlreiche weitere Prozesse laufen. Gestritten wird um die ­Sommerhäuschen-Siedlung ses Casetes des Capellans in der Gemeinde Muro genauso wie um den Swimmingpool von „El Mundo"- Herausgeber Pedro J. Ramírez in Costa de los Pinos.

Cireras Familie liegt wegen ihres Hauses an der Küste von Llucmajor schon seit den 90er Jahren mit der Küstenbehörde im Clinch. Als sie schließlich einen Prozess verlor, unterbrach der 28-Jährige sein Studium in Portugal und kämpft seitdem in vorderster Front gegen das Küstengesetz. Vorsitzender der Bürgerinitiative ist Santiago Domènech, Eigentümer des Can Piquero, einem Gebäude in Port de Pollença aus dem Jahre 1927, das vom Küstengesetz betroffen ist.

In diesen Wochen ist Cirera nun besonders gefragt – in Madrid arbeiten Juristen am neuen Gesetz, es schlägt die Stunde der Lobbyisten. Nachdem der Mallorquiner 2011 mit anderen Betroffenen in Brüssel vorgesprochen und 5.500 Unterschriften mitgebracht hatte, trifft er sich nun regelmäßig mit dem Abgeordneten Miquel Ramis, der für die PP auf Mallorca im ­Madrider Parlament sitzt.

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