Die Schlacht von Heike Behrens und Joan Crespí war eigentlich schon geschlagen. Ihr Haus in der Gemeinde Campanet im Zentrum von Mallorca, wo sie ihren Ruhestand verbringen wollten, wurde im Sommer 2011 abge­rissen. „Es war die Zerstörung eines Lebenstraums", sagt die Deutsche, die mit ihrem mallorquinischen Mann derzeit in Deutschland lebt.

Doch dass die Sache noch nicht ausgestanden ist, wurde spätestens mit einem Brief des Inselrats klar - das Paar erhielt eine Rechnung über 118.000 Euro. „Es kann mir niemand erklären, auch unsere Anwälte nicht, warum wir den Abriss für unser Haus selbst bezahlen müssen", sagt Behrens - im Gegensatz zu bisherigen Abriss-Opfern wie etwa in Llucalcari an der Nordküste.

Die Deutsche wundert sich zudem über die Höhe: Wie können für ein einziges Haus mehr als 100.000 Euro fällig werden, wenn gleichzeitig der Abriss einer kompletten Siedlung aus mehr als 60 Apartments wie derzeit am Es-Trenc-Strand (Kasten) weniger als eine halbe Million Euro kostet? „Das ist dort ein echtes Schnäppchen."

Abriss-Rechnung, Klage auf Schadensersatz, Anwaltskosten - der Streit geht also in die nächste Runde. Das 2002 erbaute Haus war im Juni 2011 auf Anordnung des Inselrats abgerissen worden. Damalige Begründung: Das Gebäude mit seinen 163 Quadratmetern Wohnfläche liege in geschütztem Gebiet (ANEI), die Genehmigung hätte nicht ausgestellt werden dürfen. Da der Abrissbescheid von 2004 nicht ausgeführt wurde, sei der Inselrat tätig geworden.

Das Ehepaar dagegen sieht sich als Opfer von Behördenwillkür. An ihnen solle ein Exempel statuiert werden, während in anderen Fällen ein Auge zugedrückt werde, so Behrens. Dabei war bereits wegen Fehlern des Architekten das Gebäude verkleinert, ein Apartment abgetragen und eine Geldbuße bezahlt worden. Das Haus habe daraufhin den Vorgaben der Baugenehmigung entsprochen, so die Anwältin der Betroffenen.

Derzeit versucht das Paar, die Gemeinde Campanet in die Pflicht zu nehmen. Die Schadensersatzklage habe man im Juni 2012 eingereicht. Bürgermeister Joan Amengual (PSOE) sieht jedoch keine Haftungs­pflicht der Gemeinde. Zu diesem Urteil sei die Rechtsabteilung gekommen, so Amengual gegenüber der MZ. Die Angelegenheit sei inzwischen Sache des Inselrats.

Man müsse zwei Sachverhalte unterscheiden, erklärt Mauricio Rovira, Dezernent für Raum­ordnung im Inselrat. „Im Fall von Campanet handelt es sich um eine Anordnung der Verwaltung gegen eine Privatperson, die nicht gerichtlich angefochten wurde", so der Politiker. In Llucalcari sowie Ses Covetes dagegen hätten Richter die Baugenehmigung der Gemeinde annulliert und ihr den Abriss angeordnet.

Behrens und ihr Mann beklagen insbesondere, dass der Abriss nur 36.000 Euro gekostet hätte, wenn eine von ihnen beauftragte Firma zum Zug gekommen wäre. Doch im Sommer 2011 sei diese nicht mehr aufs Grundstück gelassen worden, so Behrens. Und „mit den berechneten Kubikmetern hätte man ein halbes World Trade Center wieder aufbauen können." Auch die Anwältin des Paares hält die Kosten für völlig überhöht - insbesondere für die Entsorgung des Baumaterials.

Dezernent Rovira beziffert die Entsorgungskosten mit 56.508,09 Euro - in Ses Covetes würde hingegen ein Großteil des Bauschutts an Ort und Stelle vergraben. Rovira führt zudem das unzugängliche Gelände in Campanet an. „Beide Fälle sind nur schwer vergleichbar." Dass keine andere Firma zum Zuge kam, begründet der Politiker damit, dass diese Chance seit 2004 bestanden habe. Dann sei es zu spät gewesen. „Weil nichts geschah, musste die Verwaltung tätig werden."

Eigentlich hatte das Paar gehofft, dass sich mit dem Regierungs­wechsel 2011 etwas ändere - der Abriss war noch kurz davor unter Mitte-Links ausgeführt worden. Doch „wir sind auch von der neuen konservativen Regierung enttäuscht". Den Abriss bezeichnet die Anwältin denn auch als „ausgesprochen strenge Interpretation", die im Gegensatz zu früheren Entscheidungen der Behörden stehe - zumal das Haus in Campanet nach ökologischen Gesichtspunkten gebaut und in die Landschaft integriert worden sei.

Was bleibt, ist eine leere Finca in der Idylle - wer nicht den genauen Ort kennt, würde auch nicht vermuten, dass dort einmal ein Haus gestanden hat. Das deutsch-­mallorquinische Paar hat keine Verwendung mehr für das Grundstück. Man würde es gerne an den Inselrat abtreten und mit den Kosten für den Abriss verrechnen, so Behrens. Das aber sei abgelehnt worden. Das Grundstück habe laut einer in Auftrag gegebenen Schätzung immerhin noch einen Wert von 170.000 Euro.

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