Neuer, hübscher, höher - so soll die Playa de Palma in spätestens drei Jahren aussehen. Ein vergangene Woche von der Balearen-Regierung verabschiedeter Gesetzes­erlass erlaubt einerseits den Hoteliers, deren Häuser mindestens vier Sterne tragen, im Rahmen einer Sanierung auf maximal acht Etagen aufzustocken. Andererseits verpflichtet der Erlass die Betreiber von Restaurants, Bars, Discotheken, aber auch Pensionen, Sport- und Freizeiteinrichtungen, innerhalb des nächsten halben Jahres einen Modernisierungsplan vorzulegen und bis 2016 umzusetzen. Lokalen, deren Sicherheits- und Brandschutzvorkehrungen oder sanitäre Anlagen anschließend nicht durch eine Art TÜV kommen, droht die Schließung.

Der Erlass trägt sinngemäß übersetzt den sperrigen Titel „Dringende Maßnahmen im Tourismussektor zur Belebung in die Jahre gekommener Urlaubsgebiete". Er soll zum einen die Wirtschaft ankurbeln und zum anderen privaten Investoren Rechtssicherheit geben, solange das Inkrafttreten des umfassenden Sanierungsplans „Plan de Reforma Integral" (PRI) für die Playa de Palma weiter auf sich warten lässt. Dieser sollte bereits seit dem Frühjahr rechtskräftig sein, geht aber erst jetzt in die Phase der öffentlichen Auslegung und wird somit frühestens Ende des Jahres verabschiedet.

Kein Wunder also, dass das sogenannte decreto ley den Hote­liers gelegen kommt. Balearen­premier José Ramón Bauzá zufolge haben bereits 22 Unterkünfte, die insgesamt rund 4.000 Betten bieten, Umbau- oder Sanierungsgenehmigungen beantragt. Das Genehmigungsverfahren soll nun noch einmal beschleunigt werden. Mallorcas Hoteliersverband FEHM begrüßt die Gesetzesnovelle, die die Insel als Urlaubsdestination wettbewerbs­fähiger machen soll. Auf diese Weise werde das touristische Angebot qualitativ und nachhaltig verbessert und angepasst, womit auch die Nebensaison belebt würde, heißt es in einer Pressemitteilung. Zudem würden durch die Sanierung an die 3.000 Arbeitsplätze entstehen, schätzt FEHM-Geschäftsführerin Inmaculada de Benito. Und zwar nicht nur in der Baubranche, sondern anschließend auch in den Hotels, die künftig mehr Gäste beherbergen oder zusätzliche Dienstleistungen wie Wellness- oder Sportangebote bereithalten.

Auch die Anwohner- und Händler­vereinigung „Plataforma Playa de Palma-Llucmajor" bewertet das Gesetz als „im Prinzip positiv". Dass manche Hotels nun weiter in die Höhe wachsen dürfen, dürfte zwar den direkten Nachbarn nicht gerade gefallen, sei aus städte­baulicher und ökologischer Sicht aber durchaus sinnvoll, sagt Biel Barceló, ein Repräsentant der Vereinigung. „Das ist allemal besser als dass die Hotels sich in die Breite ausdehnen, und noch mehr freie Grundstücke zugebaut werden." Außerdem sei das Aufsatteln weiterer Stockwerke an Sanierungsmaßnahmen gekoppelt, die der Gegend gut zu Gesicht stünden. Allerdings gibt Barceló zu Bedenken, dass es in Arenal mit der Aufhübschung allein nicht getan sei. „Wir haben hier noch andere Probleme, die es zu lösen gilt." Die mit illegalen Händlern oder Prostituierten etwa, aber auch die Klagen über mangelnde Sauberkeit.

Ganz und gar nicht begeistert von dem Gesetzeserlass sind hingegen Gastronomen sowie Betreiber von Discotheken und anderen touristischen Einrichtungen. Sie fühlen sich gegenüber den Hoteliers benachteiligt, da sie zwar zum Modernisieren gezwungen werden, dafür aber keinerlei „Anreiz" erhielten. „Wir müssten viel investieren, ohne eine Gegenleistung zu erhalten", klagt Jesús Sánchez, Verbandsvorsitzender der Bar- und Discothekenbetreiber. Dem Vorsitzenden des Gastronomieverbands Pimem, Alfonso Robledo, macht daneben die künftige Höhe der Hotels Sorge: „Das wird hier am Ende aussehen wie in Benidorm", sagt er in Anspielung auf die Touristen­hochburg an der Costa Blanca.

Joan Morey, Dekan der balearischen Architektenkammer, wirft der Landesregierung indes Überstürzung vor. Es fehlen ein umsichtiger städteplanerischer Ansatz. Fraglich sei außerdem, ob manche Hotels aus bautechnischer Sicht oder aufgrund der Gebäudestruktur überhaupt aufstocken können.

Scharfe Kritik übt zudem die Opposition im Balearen-Parlament. Aus Sicht der Sozialisten und der linksökologischen Mes-Partei handelt es sich bei dem Gesetz um „Stadtplanung á la carte" zugunsten der Hoteliers. Nun drohe noch mehr Verdichtung. Mit dem unter der Mitte-Links-Vorgängerregierung aus einem Ideenwettbewerb hervorgegangenen Masterplan, der unter anderem einen Palmen-Boulevard und den Abriss alter Hotels vorsah, habe das nichts mehr zu tun. Die Sozialisten kritisieren, dass der Sanierungsplan PRI immer noch nicht beschlossen ist. Die nun anvisierte Teilsanierung werde die Probleme der Playa de Palma nicht lösen.

Die Playa de Palma ist momentan das einzige Urlaubsgebiet, für das der Erlass gilt. Allerdings können auch andere Gemeinden in den Genuss des beschleunigten Genehmigungsverfahrens für Bauvorhaben kommen, wenn sie ihre Urlaubsgebiete ebenfalls als „sanierungsbedürftig" einstufen lassen. Hierzu bedarf es einer Übereinkunft zwischen der jeweiligen Gemeindeverwaltung und dem Inselrat.

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