Am Straßenrand lagern Kanalrohre und Kies, stellenweise ist die Fahrbahn aufgerissen, teils schon wieder geschlossen: Schon bei der Fahrt von Port d´Andratx hinauf in die Siedlung Montport fällt auf, dass sich hier was tut. Zwischen den Hügeln ragen gleich mehrere Baukräne empor, Lastwagen transportieren Bauschutt ab, in einem riesigen Rohbau wird gemörtelt und gehämmert. Auf einem Grundstück weiter oben sind zwei Bagger zu Gange, während in der fast fertigen Villa nebenan bereits die Installateure werkeln.

„Wir sind die Glückspilze der Insel", sagt José Antonio Olivares sichtlich stolz. Denn, so ist der Baudezernent der Gemeinde Andratx überzeugt, in keiner anderen Kommune Mallorcas wurden in jüngster Zeit so viele Baugenehmigungen beantragt und erteilt wie in seiner. Der Anstieg mache sich bereits seit etwa einem Jahr bemerkbar. „Die Baubrache springt wieder an."

Zumindest in der südwestlichsten Ecke der Insel. Allein in Montport wird Olivares zufolge auf 20 Baustellen gearbeitet. Größtenteils handle es sich um luxuriöse Einfamilienhäuser, die von Privatpersonen errichtet werden. Wobei, das müsse man natürlich dazu sagen, die meisten davon Ausländer seien - Deutsche, Briten, allmählich auch Russen -, die sich auf Mallorca ein Feriendomizil schaffen.

Auch auf der anderen Seite der Hafenbucht rattern die Baumaschinen. In Cala Llamp wisse er von rund 15 Projekten, die vor Kurzem die Arbeit aufnahmen, sagt der Baudezernent. Die Bauträger seien ebenfalls mehrheitlich gut betuchte Privatleute, die dort ihre Villen bauen. Andratx´ Ortsteil Camp de Mar, ein Stück weiter im Osten, kann dagegen mit einem richtigen Großprojekt aufwarten: Dort wurde vor Kurzem auf einem 9.000 Quadratmeter großen Grundstück mit dem Bau von 69 Apartments begonnen. Auch sie dürften im höheren Preissegment angesiedelt sein und vor allem ausländische Käufer im Visier haben wie der - deutsche - Werbeslogan „Ihr neues Domizil zwischen Strand & Golfplatz" vermuten lässt.

Dass Andratx - neben Calvià - momentan die Gegend ist, in der für die Bauwirtschaft am meisten zu holen ist, bestätigt Manuel Gómez, der Vorsitzende des Branchenverbands auf den Balearen. „Allerdings kann diese Arbeiten jede beliebige Firma ausführen, die muss nicht zwangsläufig auf der Insel ansässig sein", gibt er zu Bedenken. Wobei beim Bau eines einzelnen Chalets durchaus eher die lokalen Unternehmen zum Zug kämen. Und so profitiert unter anderem Ramón Nova von der gleichnamigen Baufirma in Andratx vom wiederaufkeimenden Boom. „Es wird langsam wieder besser als in den vergangenen Jahren." Dennoch sei noch jede Menge Luft nach oben.

Das sieht auch Gómez so. Doch selbst, wenn es wieder mehr große Bauvorhaben gäbe, würde das den mallorquinischen Firmen nicht unbedingt nutzen, da die Konkurrenz vom spanischen Festland oftmals nicht zu schlagen sei. „Wenngleich man sich in manchen Fällen schon fragen muss, ob bei denen alles mit rechten Dingen zugeht und wie es um die Arbeitsbedingungen steht."

Dass viele Unternehmen es etwa mit der Anmeldung ihrer Arbeiter nicht ganz so genau nehmen, beweisen Gómez zufolge offizielle Zahlen: Im Juli 2013 waren mehr als 1.500 in der Baubranche tätige Personen weniger bei der Sozialversicherung gemeldet als im Vorjahr, zwischen 2011 und 2012 sei deren Zahl sogar um rund 5.000 gesunken. „Wie kann das sein, wenn jetzt wieder mehr gebaut wird? Irgendwas stimmt da nicht", ist Gómez überzeugt.

Neben privaten Investoren beschert in Andratx die Gemeinde selbst der Baubranche gut gefüllte Auftragsbücher. In mehreren Siedlungen in Port d´Andratx und Camp de Mar werden laut Olivares die seit Langem geplanten Erschließungs- und Straßenbauarbeiten fortgesetzt - die wohlgemerkt teils längst überfällig waren. „Nach einer Pause im August laufen die Arbeiten inzwischen wieder auf Hochtouren."

Was private Bauvorhaben angeht, durfte die Gemeinde - nach einem Rüffel der EU - in diesem Sommer erstmals keinen kompletten Baustopp mehr verhängen. „Wir sprachen aber mit den Bauträgern und baten sie, die Arbeiten etwas runterzufahren und auf besonders lärmintensive Tätigkeiten zu verzichten", erklärt Olivares. Das habe gut funktioniert. „Trotzdem wollen wir nächstes Jahr eine noch bessere Lösung suchen, mit der Bauherren, Anwohner und Urlauber gut leben können."

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