Bereits im vergangenen Herbst angekündigt geistert sie seit Monaten durch die Medien und sorgt für reichlich Diskussions­stoff: Palmas „Verordnung für zivilisiertes Zusammenleben", die der Stadtrat am Montag (12.5.) in einer Sondersitzung verabschiedet hat und die am Mittwoch (21.5.) in Kraft getreten ist. Mit seinen 113 Artikeln handelt es sich um den umfangreichsten Normenkatalog zu Sittenfragen, den die Insel je gesehen hat. Vieles, was darin auftaucht, ist auch anderswo verboten. Die wichtigsten Dinge, die künftig im öffentlichen Raum tabu sind und mit Bußgeldern zwischen 50 und 600 Euro belangt werden:

- Saufgelage auf offener Straße. Gegen den sogenannten botellón ging die Polizei auch bisher schon vor, und zwar nicht nur an der Playa de Palma. Verboten werden können auch Menschenansammlungen, die die öffentliche Ordnung oder Nachtruhe stören.

- Nackt herumlaufen sowie das alleinige Tragen von Bikini oder Badehose auf offener Straße oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ausgenommen davon sind Strände, Schwimmbäder und Strandpromenaden sowie Straßen in Strandnähe.

- Auf offener Straße seine Notdurft verrichten, ausspucken, sich eines Kaugummis entledigen oder Hundekot nicht entfernen.

- Zelten oder Übernachten im Wohnmobil. Auch Gehwege, Parks oder Bänke dürfen weder tagsüber noch nachts als Schlafplatz genutzt werden. Eine Ausnahme will die Stadt bei Obdachlosen machen. Sie sollen kein Bußgeld zahlen, sondern an den Sozialdienst verwiesen werden.

- Sich selbst oder Kleider in Brunnen oder Seen waschen und in öffentlichen Duschen Seife benutzen.

- Das mutwillige Zerstören, Beschmieren, Beschmutzen oder Zerkratzen von öffentlichem Eigentum (Gebäude, Busse, Bäume etc.), aber auch das unerlaubte Aufhängen von Werbung oder Plakaten.

- Diskriminierendes und verachtendes Verhalten gegenüber Mitmenschen, egal ob es sich um ausländerfeindliche, rassistische, sexistische oder schwulenfeindliche Äußerungen verbaler oder schriftlicher Art oder tätliche Übergriffe handelt.

- Spontane sportliche Wettkämpfe, die die Anwohner stören, das Befahren von Rolltreppen, Bänken oder Treppengeländern mit Skateboards oder Inlinern sowie das Radfahren auf Gehsteigen.

- Das Mitbringen von Glasflaschen und -gläsern sowie anderen scharfen und gefährlichen Gegenständen an den Strand.

- Fliegende Händler dürfen ihre Waren nur noch mit expliziter Genehmigung anbieten. Strafbar macht sich auch, wer bei Straßenhändlern einkauft oder diese vor nahenden Polizisten warnt. Verboten sind auch Kartenlegen, Hellsehen und das Anbieten von Massagen oder Tattoos ohne Genehmigung sowie die Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen.

- Das Anbandeln mit Prostituierten, die ihre Dienste auf offener Straße anbieten. Bestraft werden sollen nach einer Änderung der Verordnung nur Freier, nicht aber die Frauen.

- Das Treiben der Straßenkünstler wird strenger reglementiert. Die Details, wo in der Stadt sich Musiker, lebende Statuen, Clowns, Jongleure und Maler genau aufhalten dürfen und welche Auflagen für ihre Darbietungen gelten, soll nach Inkrafttreten der Verordnung in Abstimmung mit den Vereinigungen der Straßenkünstler geklärt werden.

Beschlossen hat Palmas Stadtrat die Verordnung allein mit der Stimmenmehrheit der Volkspartei PP. Dafür sprachen sich auch Vertreter von Hotelvereinigungen, Bürgervereinen und Seniorenverbänden aus. Der linksnationalistische Parteienverbund Més bezeichnete das Werk hingegen als weiteren Schritt „zurück zum Franco-Regime". Laut Opposition gibt es in der Stadt schon 23 Verordnungen, die viele Punkte bereits verbieten, an die sich aber niemand halte. Zudem kritisieren die Gegner, dass die konservative Stadtregierung damit nicht nur ungezügelte Touristen, sondern vor allem die Schwachen der Gesellschaft, etwa Prostituierte, Obdachlose und Straßenkünstler ins Visier nehme.

Nun plant die Stadt eine Informationskampagne an der Playa de Palma, wo ab Juni Bußgelder verhängt werden sollen. Danach will die Verwaltung das Regelwerk einige Monate in ein paar Stadtvierteln testen.