Javier Solís spart nicht mit Superlativen. Vor einigen Wochen habe man das Projekt in München Vertretern von 250 internationalen Modefirmen vorgestellt, und „es wurde begeistert aufgenommen". Das geplante Einkaufs- und Vergnügungszentrum im Feuchtgebiet Ses Fontanelles bei Palma werde für viele Marken das Eingangstor in den spanischen Markt, so der Projektleiter - und wo könne das leichter gelingen als auf Mallorca?

Wenn es wie geplant im Herbst 2016 eröffnet, soll es mit 75.000 Quadratmetern vermietbarer Laden­fläche das größte Einkaufszentrum Mallorcas sein. Der verantwortliche Konzern ist ein Big Player. Die französisch-niederländische Gruppe Unibail-Rodamco ist das größte börsennotierte Unternehmen im Bereich Gewerbe­immobilien in Europa, betreibt Dutzende Einkaufszentren und steht in Deutschland hinter Shopping-Kolossen wie dem Paunsdorf Center in Leipzig (112.900 Quadratmeter Ladenfläche), den Gropius Passagen in Berlin (93.600) oder den Pasing Arcaden in München (53.000).

Der Konzern war vor zwei Jahren mit dem Einstieg bei der mfi-Gruppe, die zahlreiche Einkaufszentren in der Bundesrepublik betreibt, auf den deutschen Markt vorgedrungen. Der letzte Neuzugang in Deutschland ist das Shopping- und Entertainment-Zentrum CentrO in Oberhausen, das jährlich laut Unternehmensangaben 25 Millionen Besucher anzieht: Unibail-Rodamco übernimmt nun schrittweise die Hälfte der Anteile, die bislang dem britischen Entwickler Stadium Group gehörten.

Dass fast in Sichtweite des neuen Projekts auf Mallorca, in Coll d´en Rabassa, derzeit ein weiteres Einkaufszentrum entsteht und im Festival Park in Marratxí weiterhin Ladenlokale leerstehen, beeindruckt Manager Solís wenig. Mallorca gehöre zu den Regionen in Spanien mit der geringsten Dichte sogenannter brutto vermietbarer Geschäftsfläche (GLA) pro Einwohner, gleichzeitig verfüge die Insel über eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen.

Und überhaupt: Die anderen Projekte seien mit dem in Ses Fontanelles weder in Sachen Ausrichtung noch Dimension vergleichbar. Bei dem Zentrum des französischen Konzerns Carrefour in Coll d´en Rabassa handle es sich um die Erweiterung eines Hypermarkts. Und der Festival Park sei ein Outlet-­Center. Das Projekt in Ses Fontanelles hingegen sei ungleich vielfältiger und solle auch „neue Erlebniswelten" - Stichworte sind Beachclub, künstlicher See, „Theater Experience", Multiplex-Kino oder „authentisches" Markttreiben - beinhalten. Zudem seien da die von Joan Miró inspirierte, offenen Architektur und das umliegende Feuchtgebiet, das renaturiert und erhalten werden muss.

Das sensible Ökosystem auf dem Gelände ist der Hauptgrund für die Kritik der Umweltschützer der Initiative „Salvem Ses Fontanelles". Der Bau des Zentrums, der unter der Mitte-Links-Regierung (2007-2011) ganz auf Eis gelegt worden war, ist deswegen mit zahlreichen Auflagen verbunden, unter anderem zum Schutz der endemischen Art Limonium barceloi. Man habe die Pflanzen manuell und einzeln umgesiedelt, so Solís, „die Überlebensquote liegt bei 98 Prozent". Mit der Renaturierung werde das Feuchtgebiet überhaupt erst zugänglich und vorzeigbar. Denn bislang habe das Gelände vorwiegend als wilde Müllkippe gedient, „wir fanden Bauschutt, der vom Flughafen­bau stammte".

Die derzeitigen Erschließungsarbeiten sollen bis zum Herbst abgeschlossen sein, dann könnten die Bauarbeiten beginnen. Das Zentrum soll dann in zwei Jahren mit einem Schlag eröffnet werden - im Gegensatz zur Marketing-Strategie, die regelmäßige Informations­häppchen über das Projekt vorsieht.

In Kürze dürften so die ersten bislang noch streng geheimen Markennamen bekannt werden. Solís spricht von Labels, die bislang noch nicht auf Mallorca vertreten seien und besonders bei der strategisch wichtigen Zielgruppe der Deutschen Zugkraft besäßen. Darüber hinaus sei das Zentrum aber auch eine Möglichkeit der Expansion für bestehende Läden in Palma, die das Projekt somit nicht als unliebsame Konkurrenz sehen sollten.

Ausgeprägte Vorfreude herrscht zum einen bei den Hoteliers an der Playa de Palma - der Vorsitzende der dortigen Vereinigung, Francisco Marín, sprach vergangene Woche von wichtigen Impulsen zur langersehnten Belebung der Nebensaison und sagte hundertprozentige Unterstützung zu. Und auch im benachbarten Palma Aquarium wartet man schon länger auf den Eröffnungstermin: Haie, Shopping, Essen und Unterhaltung sollen Besuchern dann ein tagesfüllendes Programm bescheren.

285 Millionen Euro Investition

Das Shopping- und Freizeitzentrum in Ses Fontanelles soll mit einer bebauten Fläche von 180.000 Quadratmetern mehr als 200 Betreiber auf insgesamt 75.000 Quadratmetern Ladenfläche beherbergen. Die angrenzende Grünzone mit dem Feuchtgebiet misst 170.000 Quadratmeter. Das Projekt beinhaltet auch eine Tiefgarage, entstehen sollen 3.800 Parkplätze. Die Investoren rechnen mit rund zwölf Millionen Besuchern pro Jahr.

Die eigenen Investitionen gibt die Unternehmensgruppe Unibail-Rodamco mit 225 Millionen Euro an, weitere 60 Millionen Euro sollen darüber hinaus von den Betreibern der Geschäfte, Restaurants und Freizeiteinrichtungen aufgebracht werden. Bei den zweijährigen Bauarbeiten fielen mehr als 3.000 Jobs an, das Zentrum werde nach seiner Eröffnung schließlich dauerhaft 2.300 Angestellte beschäftigen. Der Konzern verweist zudem auf die weiteren Impulse durch den Bau des Zentrums: Voraussichtlich entstünden rund 2.600 indirekte Arbeitsplätze.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 26. Juni (Nummer 738) lesen Sie außerdem:

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