Seit 16 Jahren betreiben Florian Billig und seine Schwester Katharina Wendlandt das Restaurant Florian an der Uferpromenade von Portocolom. Ebenso lange müssen sich die beiden Münchner damit arrangieren, dass das Leitungswasser in dem Hafenort an der Ostküste Mallorcas nicht trinkbar, ja nicht einmal zum Kochen verwendbar ist. Vor ein paar Jahren schickte Katharina Wendlandt eine Wasserprobe an ein Labor in Deutschland. „Die dachten, das wäre ein Witz und das Wasser stammt aus einem Tümpel", erzählt die Deutsche. Denn bei der Analyse habe man nicht nur ein viel zu hohes Salzgehalt, sondern sogar Fäkalpartikel festgestellt.

Zu Scherzen sind die Einwohner von Portocolom deshalb längst nicht mehr aufgelegt. Reis und Nudeln müssten mit Wasser aus dem Supermarkt zubereitet werden, Haut und vor allem Haar fühlten sich nach dem Duschen schrecklich an, sagt Cristina Vanrell, die Vorsitzende der Nachbarschaftsvereinigung. Hinzu käme, dass das Wasser extrem kalkhaltig sei und die Lebensdauer von Elektrogeräten, vom Wasserkocher bis zur Waschmaschine, stark verkürze. „Die miese Wasserqualität macht sich in vielerlei Hinsicht bemerkbar", sagt Vanrell. „Gesundheitlich, aber auch finanziell."

Wirt José Ramón Saez etwa, der in seinem Restaurant HPC auch edle Weine und Spezialitäten anbietet, hat sich extra eine teure Wasserfilter-Maschine angeschafft - schließlich kann er seinen Gästen nichts auf­tischen, das auch nur irgendwie mit dem miserablen Leitungswasser in Kontakt kam. „Aber das ging nicht lange gut. Wegen des hohen Salz­gehalts funktioniert der Mechanismus des Apparats nicht." Klempner Cristofal Coll kann sich dagegen nicht über mangelnde Aufträge beschweren - auch Leitungen und Rohre leiden unter dem Wasser. Und noch eine andere schlechte Nachricht muss er seinen Kunden immer wieder überbringen: Mancher Hersteller übernimmt für seine Warmwasser-Thermen oder Durchlauferhitzer in Portocolom keine Garantie.

Auch sonst tuen sich in dem beschaulichen Örtchen ob der Wasserproblematik seltsamste Dinge. Barbesitzerin Marta Seva etwa sammelt das destillierte Wasser, das die Klimaanlage absondert, damit sich ihre Familie damit nach der Dusche noch einmal abspülen kann. „Meine Tochter ist allergisch, die würde von dem Leitungswasser hier Ausschlag bekommen." Nadal Beltrán indes hat seinen eigenen Worten zufolge regelrecht Panik, dass ihm das Trinkwasser ausgehen könnte und füllt deshalb jedes Mal, wenn er in Palma oder seinem Haus in Lloret de Vistalegre ist, Leitungswasser von dort in Plastikflaschen ab, die er dann bei sich zu Hause bunkert.

Auf all diese Umstände haben die Bewohner von Portocolom nun endgültig keine Lust mehr. „Das Problem besteht ja schon seit zig Jahren", sagt Cristina Vanrell. „Doch die Politiker versprechen immer nur Abhilfe, ohne dass bisher etwas geschehen ist." Unter dem Motto „Wir wollen jetzt sofort Trinkwasser" macht eine Bürgerinitiative deshalb nun mit Nachdruck auf ihr Anliegen aufmerksam. An vielen Balkonen und Hausfassaden hängen bereits Transparente. Am Samstag (26.7.) soll eine große Demonstration stattfinden, an deren Endpunkt die Teilnehmer die mitgebrachten, leeren Flaschen mit Trinkwasser auffüllen können - das zuvor mit einem Tanklaster angeliefert wird. „Wir fordern wirklich nichts Außergewöhnliches, nur sauberes Wasser, das kann doch wohl nicht so schwer sein", poltert Varnell.

Ist es theoretisch auch nicht. Der für Portocolom zuständige Wasserversorger Edam SL hat bereits vor rund acht Jahren neun neue Brunnen gebohrt, die wesentlich weiter vom Meer entfernt sind als die alten und deshalb beste Wasserqualität liefern. Es fehlt bisher aber eine Leitung, die die Brunnen mit der Wasser­verteilungsanlage bei Portocolom verbindet - und mit gut zwei Millionen Euro zu Buche schlägt. „Die Kosten hätte damals die Landes­regierung tragen müssen", sagt Biel Tauler (Volkspartei PP), Bürgermeister der Gemeinde Felanitx. Doch dann sei es 2007 zum Regierungswechsel gekommen - und der links-sozialistische pacte habe das Vorhaben, wie so vieles, gestoppt. Nach einem neuen Anlauf ab 2011 habe das Unternehmen Edam SL nun alle erforderlichen Genehmigungen beisammen und könnte morgen mit den Arbeiten beginnen. Wenn es nicht am Geld hapern würde: Edam hat bislang keinen Kreditgeber gefunden.

Fest steht, dass das Unternehmen die Investition nur durch eine Erhöhung der Wassertarife stemmen kann. „Daran führt kein Weg vorbei, zumal die Wasserpreise in Porto­colom seit 2003 nicht gestiegen sind", sagt Tauler. Allerdings will die Gemeinde die Tariferhöhung nicht beschließen, solange Edamsa nicht wirklich Wasser mit Trinkwasserqualität liefert. Die Bank verlangt von dem Unternehmen jedoch eine Sicherheit dafür, dass es künftig mehr einnehmen wird und den Kredit zurückzahlen kann.

„Eine verzwickte Situation", sagt der Bürgermeister. Doch auch dafür hat er inzwischen eine Lösung parat: In einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch (23.7.) eine Änderung des Vertrags mit dem Wasserversroger beschlossen, wonach die Wasserpreise vier Monate, nachdem aus Portocoloms Wasserhähnen erstmals Trinkwasser geflossen ist, angehoben werden dürfen. „Das kann das Unternehmen der Bank als Sicherheit vorlegen." Steigen sollen die Preise je nach Tarifart um 15 bis 65 Prozent - was bei den Bürgern auf wenig Begeisterung stieß. "Wir wollen Trinkwasser zu einem vernünftigen Preis", forderte Cristina Vanrell am Rande der Sitzung.

Die Bauarbeiten an der rund sechs Kilometer langen Leitung werden Tauler zufolge nicht länger als sechs Monate dauern. „Im ersten Quartal 2015 werden die Menschen in Porto­colom Trinkwasser haben", verspricht er. Und nicht nur dort: Cala d´Or, ein Stückchen weiter im Süden, hat bisher dieselben Wasserprobleme. Da es aber über denselben Edamsa-Wasserverteiler versorgt wird wie Portocolom, würden dort ebenfalls bald neue Zeiten anbrechen.

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