Nur mit Erlaubnis der Nachbarn - die Vorschriften für die Ferienvermietung auf Mallorca werden voraussichtlich noch ein bisschen komplizierter, als sie es ohnehin schon sind. So sieht der Entwurf für die Bestimmungen, mit denen die Anwendung des vor zwei Jahren beschlossenen balearischen Tourismusrahmengesetzes geregelt werden soll, in bestimmten Fällen weitere Auflagen vor. Dazu gehört die Einholung einer Erlaubnis des Nachbarn sowie ein Mindestalter für die zu vermietende Immobilie.

Mit der Vorschrift hatte am Wochenende die Zeitung „Última Hora" die Branche aufgeschreckt - bei jeglicher Ferienvermietung müssten in Zukunft die Nachbarn zustimmen, hieß es. Doch wie der balearische Tourismusminister Jaime Martínez in einer eigens am Mittwoch (13.8.) einberufenen Pressekonferenz beteuerte, gelten die neuen Auflagen nur für Reihenhäuser (viviendas unifamiliares adosadas), nicht aber für freistehende Einfamilienhäuser (viviendas unifamiliares aisladas) oder Doppelhaushälften (viviendas unifamiliares pareadas). „Mit den neuen Bestimmungen verbieten oder beschränken wir nicht die Ferienvermietung, sondern erweitern sogar die Möglichkeiten", so der Tourismusminister.

Um das zu verstehen, muss man wissen, dass die balearische Landesregierung von jeher keine Apartments für die Ferienvermietung zulässt, sondern nur freistehende Einfamilienhäuser wie zum Beispiel die typische Finca. Das Tourismusrahmengesetz von vor zwei Jahren nahm dann zwar Reihen­häuser mit in die Definition auf - in der Praxis waren allerdings nur Doppelhaushälften genehmigungsfähig, wie Anwälte gegenüber der MZ berichteten.

Wenn man sich vor diesem Hintergrund den Wortlaut des Artikels 105 in dem 138 Seiten starken Entwurf ansieht, der der Mallorca Zeitung vorliegt, klingen die Vorschriften durchaus nach einer Erweiterung der bisherigen Definition. Demnach kann in Zukunft auch ein Reihenhaus touristisch vermarktet werden - allerdings nur, wenn es das einzige auf dem ­jeweiligen Grundstück ist, die Nachbarn in schriftlicher Form der Vermietung an Urlauber zustimmen und es vor dem Jahr 1960 erbaut wurde.

Im Entwurf steht zudem noch eine weitere Ausnahmeregelung: Doppelhaushälften, deren Eigentümer sich Gemeinschaftsbereiche wie etwa den Pool teilen - im Entwurf ist von propiedad horizontal die Rede -, dürfen ebenfalls an Urlauber vermieten, falls denn der Nachbar zustimmt. Zieht er aber seine Zustimmung wieder zurück, wird auch die Lizenz zur Ferienvermarktung wieder einkassiert.

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Was man mit dem juristischen Kauderwelsch eigentlich bezweckt, erklärte Martínez auf der Pressekonferenz: Gedacht sei vor allem an alte Dorfhäuser, die nun einmal in der Regel Wand an Wand gebaut seien. Diese sollen in Zukunft auch als Ferienhäuser genutzt werden können. Und die Auflage, dass sie vor 1960 erbaut wurden, diene schlicht dazu, die Landhotels (agroturismos), für die eine ähnliche Regelung gelte, nicht zu benachteiligen.

Die Ferienvermietung ist freilich nur ein Punkt von vielen in dem Entwurf. Mit Ausnahme der Hoteliers wurde er in den vergangenen Tagen von praktisch allen Branchen auf Mallorca, die vom Tourismus leben, scharf kritisiert. Vermisst wurde zum einen eine stärkere Reglementierung von All-inclusive-Angeboten sowie strengere Auflagen für Hoteliers, die neben dem Geschäft mit der Zimmervermietung auch Shops, Restaurants oder Discos betreiben dürfen.

Hinzu kommt, dass der Entwurf ausgerechnet im Ferienmonat August verschickt wurde und das Tourismusministerium darüber hinaus mehrere Branchenverbände, die direkt betroffen sind, offenbar vergessen hat. So ging der Entwurf beispielsweise beim Verband Aptur, der sich für eine Zulassung von Apartments zur Ferienvermietung auf den Balearen stark macht, bislang nicht ein, wie eine Sprecherin gegenüber der MZ bestätigt.

Der Tourismusminister wies die Kritik einer einseitigen Bevorzugung der Hoteliers zurück. All-inclusive lasse sich nun einmal nicht verbieten, zudem werde es auch das geforderte Register von All-inclusive-Angeboten geben. Im Übrigen hätten schon in den 70er Jahren die meisten Hotels Diskotheken betrieben. Seit Monaten sei er mit Vertretern aller Branchen im Gespräch, so Martínez, der nicht müde wurde zu betonen, dass sich die Zahl der registrierten Ferienwohnungen mit dem Tourismusrahmengesetz auf rund 10.000 verdoppelt habe.

Ob in Zukunft wirklich die Nachbarn ein Wörtchen mitzureden haben, dürfte Ende des Jahres feststehen. Die ursprünglich zweiwöchige Frist für Stellungnahmen wurde erst einmal bis Mitte September verlängert - bis alle wieder aus dem Urlaub zurück sind.

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