Sie liegt südlich von Formentera, mit Koordinaten 37º 52.3´ nördlicher Breite und 0º 52´ östlicher Länge, in genau 2.515 Meter Tiefe. Die „Baleares", ein zu Diktator Francos Armada gehörender Kreuzer mit dem Namen der Inselgruppe, sank vor 78 Jahren, in der Nacht auf den 6. März 1938, nach einem Angriff republikanischer Kriegsschiffe. 786 Menschen starben, gerettet wurden 441.

Es war aus mallorquinischer Sicht eine der großen Tragödien des Bürgerkriegs, und noch heute wird um das Denkmal, das an die ­Katastrophe erinnert, gestritten. Der 1947 von Diktator Francisco Franco eingeweihte Monolith im Park Sa Faixina, der jetzt nach dem Willen der Links-Koalition entfernt werden soll, ist nicht nur Symbol für das menschliche Leid, sondern auch für den unbewältigten Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) - auch wenn vor inzwischen zwei Jahren das Franco-Wappen abmontiert und eine neutrale Gedenktafel angebracht wurde.

Die „Baleares" war auf einem Routineeinsatz, als Teil eines Konvois, der italienische Handelsschiffe mit kriegswichtiger Ladung Richtung Gibraltar eskortieren sollte. Der Kreuzer war erst seit 15 Monaten im Einsatz. Mit Kriegsausbruch im Juli 1936 war im nordspanischen Ferriol die Werft in die Hände der Putschisten geraten, und mit ihr die halbfertige „Baleares". Unter Hochdruck wurde sie fertiggestellt, im Zweischichtbetrieb, sodass der Kreuzer Ende 1936 auslaufen konnte.

Die Mannschaft wurde in Galicien, Andalusien und dem Baskenland rekrutiert - das Schiff war ein sprachlicher und sozialer Schmelztiegel. Die 20 Frei­wil­ligen von den Balearen kamen bei ­Zwischenstopps in Palma an Bord. Es waren begeisterte Jugendliche wie der damals 14-jährige Nadal Antelmo, der als letzter Über­lebender im Jahr 2008 verstarb. „Ich hatte einen Funkkurs absolviert und durfte als Belohnung zu Übungen auf den Kreuzer", so Antelmo in einem Interview 2007.

Die Verpflegung war gut, das Schiff komfortabel, „wie in einem dieser Schweizer Hotels", schrieb ein Matrose an seine Familie. Und die Mallorquiner hatten das Privileg, bei Stopps in Palma an Land übernachten zu dürfen. Falls tatsächlich einer von ihnen zur Wache an Bord eingeteilt war, fand sich für den Landgang stets jemand, mit dem man Tauschen konnte.

Im Verlauf des Krieges war der Kreuzer in mehrere Gefechte verwickelt. Da die Erfolge der „roten Flotte" gering waren, wuchs das Selbstbewusstsein im nationalen Lager - ein Fehler. Denn am 5. März stach die republikanische Flotte von Cartagena aus in See, um einen Generalangriff auf die Schiffe in der Bucht von Palma zu starten. Zur gleichen Zeit verließen die Franco-Schiffe „Baleares", „Canarias" und „Almirante Cervera" den Hafen von Palma, um den Geleitschutz für die italienischen Frachter aufzunehmen. Kurz nach Mitternacht traf der Konvoi dann südlich von Ibiza auf die republikanischen Schiffe: fünf Zerstörer und zwei Kreuzer. Beide Seiten hatten den Gegner eigentlich im heimatlichen Hafen vermutet.

Die „rote Flotte" umkreiste den Konvoi, das Gefecht aber blieb zunächst aus. Noch in derselben Nacht aber näherten sich die Schiffe ein zweites Mal. Auf der „Baleares" war der 14-jährige Nadal nach dem Gefechtsalarm wieder eingeschlafen und wurde nun kurz nach 2 Uhr von einer gewaltigen Explo­sion geweckt. Zwölf Torpedos trafen den Kreuzer auf voller Breitseite und rissen ein 15 Meter großes Loch in die Schiffswand. Der Gefechtsstand und ein Schornstein flogen durch die Luft, die ­Munitionskammer explodierte, eine Feuerwalze raste über das Schiff. Die Explosion war noch in 70 Meilen Entfernung zu hören. Das Gefecht dauerte nur kurz. Danach verschwanden die anderen Schiffe wieder in der Nacht.

Auch die anderen beiden Geleitschiffe sowie die italienischen Frachter überließen die „Baleares" ihrem Schicksal. „Am traurigsten war der Moment, als wir feststellten, dass die ´Cervera´ und die ´Canarias´ nicht mehr da waren", berichtete später ein Matrose. „Doch sie mussten ihre Mission erfüllen und die Italiener schützen." Was an Bord der „Baleares" passierte, erzählen Überlebende mit Schauder. Die Führungsoffiziere waren praktisch auf der Stelle tot, Chaos brach aus, es wurden nicht einmal Rettungs­westen verteilt. Die Lichter erloschen. Immer wieder explodierte weitere Munition, zwischen den Trümmern lagen verstümmelte und verbrannte Leichen. Das Schiff neigte sich um 15 Grad. Überlebende versorgten Verletzte und bildeten eine Menschenkette, um verbleibende Munition über Bord zu werfen. Andere fielen auf die Knie und beteten.

Als nach drei Stunden britische Schiffe am Horizont auftauchten, war die „Baleares" nicht mehr zu retten. Die Überlebenden auf dem Wrack sollen angeblich die rechte Hand gehoben und „Cara al sol" gesungen haben, die Parteihymne der spanischen Falange-Bewegung. „Das schwöre ich bei meiner Ehre und meinen Kindern", so der Überlebende Fernando Ramírez. „Wir mussten den Briten schließlich zeigen, wie die Spanier kämpften."

Als der Kreuzer in zwei Hälften brach und die Schiffsschraube aus dem Wasser ragte, sprangen die letzten Matrosen von Bord, mit Holztrümmern in den Händen, um sich über Wasser zu halten. Erst jetzt konnten ölverschmierte Überlebende an Bord der britischen Beiboote gehievt werden. Viele konnten nicht schwimmen und zogen andere mit in den Tod. Um 5.08 Uhr verschwand die „Baleares" endgültig.

Jürgen Jensen: Spurensuche nach dem deutschen Mann an Bord

Als die Meldung vom Angriff auf die „Baleares" eintraf, ging es auch um das Schicksal eines deutschen Matrosen, der auf dem Kreuzer seinen Dienst tat: Jürgen Jensen, ein sogenannter Horcher, der als Zivilist getarnt an Bord gekommen war. Seine Identifizierung als Deutscher hätte Probleme mit dem Nichteinmischungskomitee des Völkerbunds bedeutet, erklärt Historiker Jeroni Fullana, der mit zwei weiteren Autoren das Schicksal des Kreuzers im Buch „El crucero ´Baleares´" beschreibt.

Der Spanische Bürgerkrieg (1936-1939) war von Beginn an nicht nur eine innerspanische Angelegenheit - dem Lager der Putschisten standen italienische und deutsche Militärs zur Seite. So befand sich auch der deutsche Korvettenkapitän Strauch zum Zeitpunkt der Schiffskatastrophe auf Mallorca, In einem Bericht vom 6. März gibt er ein Telegramm wider, das in der Nacht eingegangen war: „´Baleares´ in Flammen eingehüllt, innere Explosionen, halte für verloren, überraschender Angriff, 1 Kreuzer, 4 Zerstörer, Konvoi läuft nach Süden weiter, neuer Angriff möglich, erbitte Flugschutz." Und weiter heißt es: „Ich setzte mich sofort mit der AS/88 in Verbindung, die ihre einzige klare Maschine um 07.10 h starten ließ", so Strauch mit Verweis auf die auf Mallorca stationierte Legion Condor. Auch die auf den Balearen stationierten italienischen Einheiten wollten ihre Bomber so schnell wie möglich steigen lassen, so der Korvettenkapitän.

Der Tod von Jürgen Jensen stand für das deutsche Militär indes schon am Tag nach dem Unglück fest: „Ein Offizier der ´Canarias´, der die Rettung geleitet hatte, gab uns als erster die sichere Nachricht, dass Jensen tot sei, da er sich auf Gefechtsstation mit den anderen Horchern befand", protokollierte Strauch. Einem detaillierten Bericht über das Gefecht hängt der Deutsche eine erste Fehler-Analyse an: „Der Ausguck-Dienst ist nicht genügend einexerziert, der Mangel an Kenntnis der Torpedoboots-Abwehr ist offenbar", heißt es in dem Bericht.

In der offiziellen Liste der Todesopfer der spanischen Armada taucht der Name des toten Jensen nicht auf - und auch auf dem Denkmal im Sa Faixina-Park in Palma sucht man seinen Namen vergebens.