Mallorca wie im Mittelalter: Nachfahren des Marqués de la Romana, ein im 18. Jahrhundert von König Felipe V. geschaffener Adelstitel, haben 125 Grundstücksbesitzern in der Gemeinde Calvià im Südwesten der Insel mitgeteilt, dass auf ihren Anwesen noch ein "alou" lastet. Dabei handelt es sich um eine Art Feudalabgabe, die bei jedem Grundstücksverkauf an den einstigen Großgrundbesitzer - oder eben dessen Nachkommen - zu zahlen ist.

Bei den Betroffenen handelt es sich größtenteils um Ausländer, vor allem Deutsche und Briten. Die einstigen Besitztümer der Adelsfamilie erstreckten sich fast über ganz Bendinat und Peguera. Nicht umsonst gibt es heute noch in Peguera einen Strand namens Playa de la Romana.

Dass die Nachfahren des Markgrafen - besonders bekannt war auf Mallorca der III. Marqués de la Romana, Pedro Caro Sureda, dessen Überreste im Mausoleum der Kathedrale von Palma ruhen - ausgerechnet jetzt ihre Ansprüche geltend machen, hat einen Grund: 2010 wurde auf den Balearen ein Gesetz erlassen, wonach alle "alous" erlöschen, wenn deren Besitzer innerhalb von fünf Jahren keine Ansprüche geltend machen. Da dies nun geschah, können die Erben des Marqués bei künftigen Grundstücksverkäufen weiter abkassieren.

Vor rund zwei Jahren hatte auf Mallorca ein Fall für Aufregung gesorgt, bei dem die Marquesa María Almudena de Padura y España von einer Familie in Palmas Vorort Es Pil.lari nach einem Hausverkauf einen "alou" in Höhe von 1.800 Euro kassieren wollte. Das Paar hatte daraufhin geklagt - und gewonnen. Später setzten die beiden Mallorquiner ihren Kampf gegen eine aus ihrer Sicht nicht mehr zeitgemäße Regelung fort und übergaben dem Balearen-Parlament 12.000 Unterschriften, um die Abschaffung "der auf den Inseln immer noch existierenden Feudalabgaben" zu fordern.

Der alodio - oder alou auf mallorquinisch - ist ein aus dem Mittelalter stammendes dingliches Recht, ähnlich einer Hypothek. Nach Mallorca gelangte der alou mit der Eroberung 1228 durch Jaume I. von Aragon. Der König teilte die Insel unter Adligen und hohen Kirchenmännern auf, die seinen erfolgreichen Feldzug unterstützt hatten. Da diese das Land nicht selbst bewirtschafteten, überließen sie die Grundstücke und Ländereien Bauern und ehemaligen Soldaten. Im Gegenzug sicherten sie sich allerdings durch Eintragung eines alous ins Grundbuch eine finanzielle oder auch materielle Gegenleistung.

Will heißen: Wenn der neue Eigentümer des Anwesens dieses zu einem späteren Zeitpunkt nicht an seine Kinder oder Erben weitergab, sondern für Geld verkaufte, musste er einen Teil der Verkaufssumme - in der Regel zwei Prozent - an den ursprünglichen Eigentümer beziehungsweise dessen Nachfahren abgeben.

Wenngleich es sich beim alou anfangs um etwas Aufgezwungenes handelte, fand er irgendwann Eingang ins bürgerliche Recht des spanischen Königreichs - wo er sich bis heute hartnäckig hält.

Da die Löschung solcher Grundbucheinträge in Spanien zudem nicht einfach zu erwirken und meist mit Kosten, etwa einer Einmalzahlung, die doppelt so hoch sein muss wie der beim Verkauf fällige alou, verbunden ist, sind mit einem solchen Recht belastete Grundstücke auf Mallorca noch weit verbreitet. Heute noch können also die Nachfahren der einstigen Feudalherren, die zwar nicht das Anwesen an sich, aber den darauf eingetragenen alou geerbt haben, eine Beteiligung am Verkaufserlös einfordern - auch wenn viele inzwischen freiwillig darauf verzichten. /sts