Bereits im Mai knackten die Temperaturen auf Mallorca in diesem Jahr erstmals die 40-Grad-Marke. Der Juni ging weltweit als wärmster Monat in die Geschichtsbücher ein. Und der Juli schlug auf Mallorca alle Rekorde - als der mit Abstand heißeste seit Beginn der systematischen Wettererfassung im Jahr 1972. Aber wie lange können die Balearen-Inseln den hohen Temperaturen noch standhalten?

Landwirtschaft: Sorge um die Weinernte

Mallorcas Landwirtschaft ist an heiße, trockene Sommer gewöhnt. Die meisten Pflanzen haben die Hitze­welle bisher weitgehend unbeschadet überstanden, sagt Joan Sans, der Sprecher von Mallorcas Bauernverband Asaja. Nur einer Fraktion bereitet das derzeitige Wetter von Tag zu Tag mehr Sorge: den Weinbauern. „Der heiße Juli macht den Trauben zu schaffen", sagt Pere Calafat von der Bodega Jaume Puntiró in Santa Maria. Weil auf ein extrem trockenes Frühjahr nun auch noch eine extreme Hitze­periode folge, rechnet er mit Einbußen bei der Weinlese von bis zu 25 Prozent. „Weil wir ökologisch produzieren und unsere Weinstöcke nicht gießen, haben wir in diesem Jahr einen besonders großen Wettbewerbsnachteil", erklärt Calafat in Anspielung auf größere Bodegas wie Ferrer in Binissalem. Ganz ungeschoren kämen aber voraussichtlich auch die Großen nicht davon. Hinzu kommt, dass die Weintrauben auf Mallorca in diesem Jahr früher reif sein werden. Statt um den 7. September rechnet Calafat bereits Ende August mit dem Beginn der Weinlese.

Wasserversorgung: Auf Ibiza und in Bunyola wird das Trinkwasser knapp

Parallel zu den Temperaturen steigt auf den Balearen der Wasser­verbrauch: mehrmals täglich duschen, den Garten gießen, Tausende Pools instand halten - der Durst nach kühlem Nass wird größer und größer. Auf Mallorca sei dennoch immer noch alles im grünen Bereich, versichert Joana Maria Garau, die Generaldirektorin des Wasserwirtschaftsamts im balearischen Umweltministerium. Ebenso wie auf Menorca hätten sich hier die Grundwasservorräte durch die Regenfälle im Frühjahr und vor allem im vergangenen Herbst ausreichend erholen können. Nichtsdestotrotz kam es in den Außenbezirken der Gemeinde Bunyola seit der ersten Augustwoche zu Versorgungsengpässen. Weil die Wassertanks in Can Garau und Cas Metge Toni so gut wie aufgebraucht sind, wurden die Leitungen abgestellt, damit die Wasservorräte sich erholen können.

Noch wesentlich kritischer scheint die Situation jedoch auf Ibiza. Neus Prats, die Sprecherin des dortigen Umweltverbands Gen-Gob, spricht sogar von einer „Katastrophe": „Es gibt hier praktisch kein Trinkwasser mehr." Besonders ernst sei die Lage in der Gemeinde Sant Josep im Süden der Insel. Die Entsalzungsanlagen stießen längst an ihre Grenzen. Und das Wasser aus den Brunnen, das mit Tanklastern in die Dörfer gebracht wird, gehe ebenfalls allmählich zu Neige - und sei obendrein immer mehr mit Salzwasser verunreinigt, berichtet Prats. Es handele sich um ein seit Jahren bekanntes Problem. „Das ist die Folge des jahrzehntelangen exzessiven Wasserverbrauchs", schimpft die Umweltschützerin. Und daran wiederum seien allein die touristische Ausbeutung und der anhaltende Bauboom schuld. „Die einzige Lösung ist, alle neuen Bauvorhaben zu stoppen." Doch von der Balearen-Regierung fühle man sich in dieser Hinsicht seit jeher im Stich gelassen.

Joana Maria Garau vom Wasserwirtschaftsamt beschwichtigt: Es gebe vielleicht leichte ­Qualitätseinbußen, aber keine Versorgungsprobleme - solange es zu keinen Zwischenfällen oder Schäden im Wassernetz komme. Und auch wenn das Leitungswasser derzeit etwas mehr Salz enthalte als üblich: „Das ist nicht schädlich, sondern höchstens eine Frage des Geschmacks, das Wasser hat nach wie vor Trinkwasserqualität."

Stromverbrauch: Der Rekord ist geknackt

Weil auf Mallorca, anders als auf dem spanischen Festland, nicht die Industrie, sondern Privathaushalte und der Dienstleistungssektor - also Hotels, Restaurants, Einkaufszentren - die größten Stromfresser sind, ist der Stromverbrauch temperatur­abhängig. „Mit jedem Grad steigt der Konsum um rund fünf Prozent", erklärt Maria Magdalena Frau, Pressesprecherin des Stromversorgers Endesa. Klimaanlagen, Ventilatoren, Kühlanlagen und Gefrierschränke laufen auf Hochtouren.

Der Verbrauch schnellte ab Juni in die Höhe. Im Juli wurden dann mit 694.598 verbrauchten Megawattstunden die höchste jemals auf den Balearen gemessene Stromnachfrage registriert und damit der vorherige Rekord von August 2012 um 3 Prozent übertroffen. Laut den von der Genossenschaft für erneuerbare Energien Som Energia zusammengestellten Zahlen stieg der Verbrauch im Juli im Jahresvergleich sogar um 15,7 Prozent an - und das bei einem Anteil von lediglich 1,8 Prozent erneuerbare Energien. Bange ist der Endesa-Sprecherin dennoch nicht: „Wir sind gewappnet, auch wenn die Hitzewelle weiter anhält." Sobald der Wetterdienst eine erneute ­Hitzewarnung herausgebe, seien alle Mitarbeiter in Alarmstellung. Dann stünden Eingreiftruppen abrufbereit, um bei möglichen Leitungsschäden schnell zu handeln. Im Sommer liefen zudem die Wartungsarbeiten auf Hochtouren, damit es gar nicht erst zu Netzstörungen und Stromausfällen komme.

Gesundheit: Unvernunft ist schlimmer als Hitze

Die Hitze macht natürlich auch den Menschen zu schaffen. In diesem Jahr komme außerdem die extreme Luftfeuchtigkeit hinzu, sagt Ignacio Ramírez, der ärztliche Leiter des öffentlichen Gesundheitszentrums in Santa Ponça. „Das ist noch belastender für den Organismus." Entsprechend voll seien deshalb in diesen Tagen auch die Sprechzimmer. Die Patienten klagen über heftige Kopfschmerzen, Hitzewallungen, Muskelkrämpfe, Mattheit, Atemnot. Dazu kämen Sonnenstiche und schwere Sonnenbrände, die allerdings jeden Sommer auf der Tagesordnung ständen. „Dazu braucht es keine extremen Temperaturen, das liegt einfach an der Unbesonnenheit der Leute", bedauert der Mediziner. Wobei hierfür nicht nur Urlauber anfällig seien. Auch bei der Inseljugend mangle es mitunter an Vernunft. „Die fahren stundenlang mit dem Boot raus und sonnen sich ohne ausreichenden Schutz." Dazu kämen die Sportfanatiker, egal welcher Nationalität, die auch bei Extremtemperaturen nicht auf ihr Ertüchtigungsprogramm verzichten wollen. „Dabei gilt hier eine klare Faustregel: Wenn die Summe von Temperatur plus Luftfeuchtigkeit über 100 liegt, sollte man auf körperliche Anstrengung verzichten", rät Ramírez. /sts