Nahtod-Erfahrung Schiffbruch vor Mallorca: Der 84-jährige Jacinto Rodríguez ging in der Nacht von Freitag auf Samstag (1.8.), gegen 4.30 Uhr, über Bord der "Duende 52". Das Segelboot nimmt an der Regatta Copa del Rey in der Bucht von Palma teil. Rodríguez hielt sich fast fünf Stunden über Wasser, bevor er gerettet wurde. Jetzt ist er wieder wohlauf. Diesen Montag (3.8.) will er an der Regatta teilnehmen.

Wie geht es Ihnen?

Morgen steche ich bei der Regatta wieder in See. Ich bin bei Kräften, das Bein tut mir ein bisschen weh, aber um das Steuer zu halten, reicht's.

Ihre Frau sagt, Sie werde es nicht zulassen, dass Sie an der Regatta teilnehmen.

Meine Frau verbietet mir einiges, aber ich versuche stets, es zu tun (lacht).

Woran erinnern Sie sich?

Das Schlimmste war die Zeit im Wasser. Ich wusste nicht, ob ich da wieder rauskommen würde oder nicht. Es war nachts. Anfangs gab es kein Schiff weit und breit, denn die, die mich suchten, waren zwei Seemeilen entfernt. Die Strömung hatte mich mitgezogen, am Ende war ich sechs Seemeilen von der Stelle entfernt, an der ich ins Wasser gefallen war.

Haben Sie versucht, an Land zu schwimmen?

Ich sah die Küste, aber ich wusste, dass ich 12 Seemeilen entfernt war, also dort nicht ankommen würde. Gleichzeitig dachte ich: Solange es irgend geht, muss ich schwimmen. Ich versuchte, nicht zu ermüden, weil ich sicher war, dass die Lösung darin bestand, dass man mich aufpickte, nicht, dass ich bis zum Strand schwamm.

Wie hält man das aus, nachts, so viele Stunden, verloren im Meer?

Man darf nicht aufgeben und sich nicht zu sehr verausgaben. Ganz langsam schwimmen, also nicht kraulen oder Schmetterling schwimmen (lacht). Ich hielt durch, weil ich daran dachte, dass sie tagsüber dort vorbeikommen würden. Und dann sah ich ein Segelschiff. Ich schrie um HIlfe, aber sie hörten mich nicht, ich dachte schon, sie schliefen. Dann sah ich, dass viele Schiffe mich suchten, und das hielt mich bei Kräften. Ich war in einem befahrenen Gebiet, und ich wusste, dass mich jemand aufpicken würde, obwohl ich gleichzeitig auch dachte, dass ich nicht den ganzen Tag durchhalten würde. Ich wusste, dass ich nicht ohne Weiteres zu sehen war, und außerdem sah ich die Hubschrauber, die nach mir suchten und dann wieder abdrehten.

Worauf konzentrierten Sie sich?

Ich dachte nur ans Überleben. Positiv denken, ich komme da wieder raus, meine Stunde hat noch nicht geschlagen. Manchmal verlor ich den Mut, aber ich wusste: Ich musste durchhalten. Ich hatte doch noch kein Testament gemacht! Ich konnte doch nicht einfach so abtreten! Ich bin wiederauferstanden.

Und woran dachten Sie noch?

Dass es schade wäre, so plötzlich zu sterben, ohne sich zu verabschieden, wo ich doch Familie habe: Kinder, Enkel, meine Frau. Das zog mich ein wenig runter, aber da ich bei Kräften war, wollte ich bis zum Schluss kämpfen. Wenn ich schon ertrinken sollte, dann nicht, weil ich mich hatte gehen lassen. Wenn mich eine Welle erwischte, spuckte ich das Wasser sofort wieder aus, um es nicht zu schlucken und um weiter treiben und durchhalten zu können. Damit man mich sehen konnte, war das wichtigste, mich über Wasser zu halten.

Eine Frage der Willenskraft...

Ja, weil man sich in diesen Momenten nicht gut fühlt, man ist müde und die Welle... Wenn ich dachte: 'Ich halte durch', kam wieder eine Welle und schlug mir ins Gesicht, als ob sie mir sagen wollte, 'Du Idiot, du glaubst doch nicht, dass du hier durchhältst?". Als sie mich fanden, fragte ich den vom Hubschrauber, wie viel Uhr es sei: 9.30 Uhr. Meine Uhr war nicht stehengeblieben. Sie zog mir schwer am Handgelenk, aber ich hatte sie mir nicht abgezogen, damit man mich identifizieren konnte, wenn man mich fand.

Sie wurden gerettet und wollen jetzt wieder in See stechen?

Ja, das Thema ist durch. Jetzt gilt es, an der Regatta teilzunehmen und weiterzumachen. Es ist schön zu sehen, dass so viele Menschen mich lieben.