Sommer, Sonne, Strand und ein tiefblaues Meer - das ist es, was Urlauber erwarten, wenn sie nach Mallorca kommen. An manchen Stränden und Badebuchten allerdings bietet sich dem Besucher immer wieder ein etwas verstörendes Bild: Das Meerwasser ist nicht türkis, nicht kristallklar oder tiefblau wie auf den Katalogfotos. Es ist gelblich, grün oder sogar bräunlich. In Sant Elm und in der Cala Santanyí beispielsweise bot sich kürzlich ein solcher Anblick. Was ist da los?

„Es handelt sich um eine hohe Konzentration an Mikro­algen, die im Wasser schwimmen und es einfärben", sagt Gotzon Basterrechea vom Meeres­forschungsinstitut Imedea in Esporles. Zusammen mit seinem Kollegen Idan Tuval erforscht er diese Organismen, ihr Verhalten, ihre Bewegungen, ihre natürlichen Feinde und die Ursachen für ihr Erscheinen.

„Schädlich für den Menschen ist die Verfärbung des Wassers nicht", sagt Basterrechea. Das Phänomen sei nicht ungewöhnlich. „Es kommt nicht nur hier vor, sondern auch zum Beispiel an Stränden am Atlantik." Im Mittelmeerraum fiele es nur besonders auf. „Ansonsten beinhaltet das Mittelmeer nämlich nur sehr wenig Nährstoffe, es gibt wenig Plankton - und deswegen ist das Wasser auch so klar."

Wenn es sich nun gelblich, grünlich oder gar bräunlich verfärbe, dann bedeute das, dass an diesen Ort eine größere Menge an Nährstoffen - besonders Nitrate - angeschwemmt wurden. „Das kann mit Strömungen oder Regenfällen zusammenhängen", sagt Basterrechea. Mallorca sei wie ein Schwamm, der das Regenwasser aufnehme und filtere. „Und weil wir auf Mallorca viel Landwirtschaft haben, ist der Boden sehr nitrathaltig." Das alles lande irgendwann im Meer.

Von Nitraten ernähren sich Mikroalgen besonders gern. Sie vermehren sich und verfärben das Wasser. „Je nach Art der Alge hat das Wasser eine andere Farbe", sagt Basterrechea. Im Laborkühlschrank haben die Forscher verschiedene Arten gezüchtet. Gelb, rosa oder hellgrün ist das Wasser in den Reagenzgläsern.

Optimal sind für die Mikro­algen außerdem warme und eher ruhige Gewässer. „Deswegen taucht das Phänomen eher in fast geschlossenen Buchten auf als an langen Küsten­streifen." Natürlich spiele auch der Klimawandel eine Rolle. „Wenn die Sommer länger werden und die Meere wärmer, dann werden wir das Phänomen wahrscheinlich noch wesentlich häufiger beobachten", sagt Basterrechea.

Besonders oft verfärbe sich das Wasser an Stränden und Buchten im Süden oder Osten der Insel, zum Beispiel an der Playa Palmira in Peguera, in Sant Elm oder an der Cala Santanyí. „Die Algen bewegen sich vertikal und richten sich nach dem Sonnenlicht", sagt Basterrechea. Das bedeute, dass morgens das Meer noch klar und blau sein kann. „Die Mikroalgen liegen dann noch am Boden." Zum Mittag hin stiegen sie auf Sedimenten auf, das Wasser verfärbe sich dann entsprechend.

Wie lange genau die Mikroalgen an einer Stelle überleben, könne man nur schwer sagen. „Es gibt viele verschiedene Arten, die alle sehr unterschiedlichen Lebensdauern haben", sagt der Forscher. Manche dieser Mikroalgen sind giftig. Die Forscher vermuten, dass sie diese Eigenschaft entwickelt haben, um sich zu schützen. „Auf Mallorca haben wir aber noch keine giftige Spezies ausgemacht", betont Basterrechea.

Die hohe Konzentration an Mikro­algen im Wasser kann aber auch noch andere Auswirkungen auf das maritime Ökosystem haben. „Für andere Lebewesen im Meer kann sie schädlich sein, weil das Wasser dann über weniger Sauerstoff verfügt", erklärt Basterrechea. Im Extremfall würden die Fische ersticken.

„Wenn sich das Wasser verfärbt, ist das bereits ein Zeichen für eine sehr hohe Konzentration an ­Mikroalgen."

Welche Faktoren die Verfärbung des Meerwassers begünstigen, darüber sind sich die Forscher einig. Was aber getan werden kann, um die Mikroalgen einzudämmen, darüber rätseln sie noch. Zwar gebe es natürliche Feinde. „Verschiedene Parasiten dämmen die Population ein", sagt Idan Tuval. Jedoch könne man auch diese Aussage nicht auf alle Arten verallgemeinern.

Um die Vermehrung der Mikro­algen generell einzudämmen, müsste man vor allem die Nitrat­werte reduzieren, sagt Baster­rechea, „sowohl in der Landwirtschaft als auch im Abwasser". Das aber könne nur auf lange Sicht geschehen. Die Forscher am Imedea beschäftigen sich denn auch mit Ansätzen, die hohe Konzentration an Mikroalgen punktuell loszuwerden. „Diesbezüglich sind wir aber noch in der Experimentierphase", so der Wissenschaftler.