Das Geräusch der rasselnden Schlüsselbünde und des Zuschlagens der schweren Türen lässt einen beim Betreten von Es Pinaret eher an ein traditionelles Gefängnis denken. Und tatsächlich sitzen die 56 Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 23 Jahren nicht wegen harmloser Vergehen hier in der Jugendstrafanstalt in Es Pont d´Inca bei Palma ein, sondern wegen schwerer Straftaten bis hin zu Vergewaltigung und Mord. Entsprechend scharf sind die Sicherheitsvorkehrungen. „Komm schon, fotografiere meine Handschellen", fordert einer der Insassen, der als gefährlich gilt, den Fotografen auf. Es schwingt ein wenig Stolz darin mit.

Im Unterschied zu einer Strafanstalt aber wird hier der Schwerpunkt auf sozialpädagogische Führung und Ausbildung gelegt. „Viele dieser Jugendlichen haben eine schwere Kindheit hinter sich", sagt der Leiter von Es Pinaret, Bernat Vidal. Wobei sie, entgegen der Vorurteile, nicht mehrheitlich aus sozia­len Randgruppen stammen. „Die meisten kommen aus strukturierten Familien der Mittelschicht."

Es Pinaret war zuletzt im Oktober 2015 in den Schlagzeilen, als ein 14-Jähriger an einer Rauchvergiftung starb, nachdem er seine Matratze angesteckt hatte. Die Ermittlung ergaben, dass der Feuer­melder ausgefallen war und dass die Anstalt zwar „feuerfeste" Matratzen angeschafft hatte, aber nur die billigsten - die zwar nicht in Brand geraten können, aber sehr wohl qualmen. Nach dem Unglück sind nun feuer- und rauchfeste Matratzen gekauft worden.

Überhaupt soll sich jetzt einiges ändern in der Jugendstraf­anstalt, die auch sonst immer wieder wegen Gewalttätigkeiten und Übergriffen von sich reden macht. So ist die Zahl der pädagogischen Mitarbeiter, schon im Vorgriff auf eine geplante räumliche Erweiterung, von 49 auf 69 erhöht worden. Je höher die Zahl der Betreuer, so das Kalkül, desto mehr Angebote kann man den Jugendlichen unterbreiten und desto geringer ist die Rückfallquote. Ohne begleitende Maßnahmen liege sie bei 45 Prozent, bei intensiver Betreuung könne sie auf 35 Prozent reduziert werden, sagt Bernat Vidal.

Betreuung - das bedeutet hier vor allem Ausbildungsangebote wie etwa Gärtnerei oder Inneneinrichtung. Diverse Straferleichterungen können dabei als Ansporn dienen: Wer gut mitarbeitet, darf länger Fernsehen gucken oder etwa in den Pool springen. Sport - unter der Anleitung von Trainern - ist ohnehin eine der beliebtesten Beschäftigungen der Jugendlichen. Unter Aufsicht können sie auch ein Fitnessstudio nutzen, das mit ausrangierten Geräten anderer Studios ausgerüstet ist.

An den ansprechend eingerichteten Schlafräumen merkt man erst einmal nicht, dass es sich um eine Strafanstalt handelt: Einzelzimmer, sanfte Farben, relativ viel Platz und ein Fernseher im Aufenthaltsraum. Erst auf den zweiten Blick stellt man fest, dass alle Möbel befestigt sind. Der Fernseher mit einer Halterung; die Tische, Betten und Stühle mit Schrauben. „Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird hier früher oder später bewegt", sagt Bernat Vidal.

Die Jugendstrafanstalt ist in sieben Module aufgeteilt, die auf Vorschlag eines Jugendlichen aus Melilla nach den mallorquinischen Winden benannt wurden: Xaloc, Llevant, Embat, Mestral, Tramuntana, Ponent und Migjorn. Ein weiteres Modul (Gregal) ist denjenigen Jugendlichen vorbehalten, die schwierig sind, zu Aggressionen gegen sich und andere neigen und deswegen besondere Betreuung und Aufsicht benötigen.

Der Ausbau dieses Moduls ist eine der Prioritäten bei der Erweiterung der Jugendstrafanstalt auf ein benachbartes Verwaltungsgebäude der Landesregierung. Bis 2019 sollen die Arbeiten abgeschlossen werden, auf dem Gelände werden dann auch noch andere Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht. Dass die Insassen von Es Pinaret dann nicht mehr so eng aufeinander­wohnen werden, soll - wie auch die Aufstockung der Betreuer - die Konflikte reduzieren.

Der angemessene Umgang mit Streit und Gewalttätigkeit unter den Jugendlichen ist eine der größten Herausforderungen für die Leitung der Jugendstrafanstalt. „Die Sanktionen bei Regelverletzungen müssen immer proportional sein, nie überzogen. Eine einfache Erkältung behandelt man ja auch nicht mit Antibiotika", sagt Bernat Vidal. So würden konfliktive Jugendliche zunächst einmal nicht bestraft, sondern in eine andere Gruppe versetzt.

Durchschnittlich elf Monate verbringen die Jugendlichen in Es Pinaret. „Mehr als einer von ihnen will hier gar nicht wieder weg", sagt Bernat Vidal. „Es gibt nichts Größeres als die Freiheit", steht hingegen auf einem von Insassen gemalten Wandbild.