Etwa 10,4 Prozent der Bewohner auf Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera müssen mit weniger als 332 Euro im Monat auskommen und leben deshalb in extremer Armut. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Regionalgruppe der europäischen Nicht-Regierungsorganisation European Anti Poverty Network (EAPN) zum Internationalen Tag der Armutsbekämpfung am 17. Oktober vorgelegt hat.

Trotz der hohen Einnahmen durch den Massentourismus auf den Balearen leben auf den Inseln sogar mehr Leute in extremer Armut als im spanischen Mittel. Lediglich in Andalusien und auf den Kanaren gibt es prozentual gesehen noch mehr extrem arme Menschen. Der Prozentsatz auf den Balearen ist innerhalb von zwei Jahren (2014 und 2015) um fast drei Prozentpunkte gestiegen.

Neben der Bezifferung der extremen Armut erhebt das Netzwerk eine ganze Reihe von Daten. Besonderer Wert wird dabei auf den Prozentsatz der Bevölkerung gelegt, der von Armut oder gesellschaftlicher Ausgrenzung bedroht ist. Auf Mallorca und den Nachbarinseln sind das mit 26,3 Prozent mehr gut ein Viertel der Bevölkerung. Das ist zwar etwas weniger als der spanische Durchschnitt, aber auch hier ist die Tendenz

steigend.

Der Bericht führt aus, dass es sich 3,7 Prozent der Bevölkerung (etwa 40.800 Personen) nicht leisten können, wenigstens zweimal in der Woche Fisch oder Fleisch zu essen. 7,4 Prozent (81.000 Einwohner) können aus finanziellen Gründen ihre Wohnung nicht auf eine angemessene Temperatur bringen. 9,1 Prozent der Bevölkerung geben an, sich kein Auto leisten zu können. Vier von zehn Balearen-Bewohnern verfügen über keinerlei Rücklagen, um unvorhergesehene Ausgaben tätigen zu können. Und 21,2 Prozent - 230.000 Personen - stehen mit der Zahlungen ihrer Hypotheken oder Mieten im Rückstand.

„Die Zahl der armen Menschen auf Mallorca war schon vor der Wirtschaftskrise relativ hoch", erklärt Carme Muñoz, die als Vorsitzende des hiesigen EAPN-Regional­verbands an dem Bericht mitgearbeitet hat. „Während der Krise hat sich die bestehende Armut verfestigt, und gleichzeitig sind viele neue Arme hinzugekommen", erläutert Muñoz im Gespräch mit der MZ.

Aber zusätzlich zu der extremen Armut mache sich das Netzwerk besondere Sorgen über eine neue Tendenz: „Es gibt immer mehr arme Arbeitnehmer", sagt die Verbandssprecherin. „Vor der Krise ging man allgemein davon aus, dass man genug Geld zum Leben verdiente, sofern man einen Job hatte. Das ist jetzt nicht mehr so. Es gibt viele Menschen auf Mallorca, die trotz harter Arbeit ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigen können." Davon seien viele Berufsgruppen betroffen, insbesondere auch Jobs im boomenden Tourismussektor wie die Zimmermädchen der Hotels oder die Angestellten auf dem Flughafen. „Viele der neu entstehenden Arbeitsverhältnisse sind befristete Teilzeitverträge, die den Menschen nicht mehr zum Leben reichen", kritisiert Muñoz.

Neben den deprimierenden Zahlen gebe es auch Lichtblicke. Schließlich haben soziale Härtefälle auf den Balearen seit Sommer 2016 die Möglichkeit, ein Mindesteinkommen zu beantragen, das im vergangenen September erstmals ausgezahlt wurde. Im kommenden Jahr wird diese balearische Variante von „Hartz IV" auch auf Alleinstehende oder kinderlose Paare ausgeweitet. „Ab dem kommenden Jahr dürften sich diese Maßnahmen auch in den Statistiken widerspiegeln", hofft Muñoz. Gleichzeitig weist sie da­rauf hin, dass sich die Maßnahmen zur Eingliederung der am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen nicht nur auf solche Zahlungen beschränken dürfen. „Die Strategie der Eingliederung muss alle Politikbereiche und Ebenen erreichen. Sonst schaffen wir es nicht", fordert sie.

Wer sich nach dem Bericht zum Helfen aufgerufen fühlt, aber nicht genau weiß, wo er seine Kräfte gut einbringen kann, hat auf Mallorca die Gelegenheit, sich zum ehrenamtlichen Engagement beraten zu lassen. Der Zusammenschluss Plataforma del Voluntariado (www.plata

formavoluntariat.org), in dem Institutionen wie das Rote Kreuz, Caritas oder kleinere lokale Projekte Mitglied sind, bietet sogar Kurse an, um auf bestimmte Aufgaben angemessen vorzubereiten.