Schon wenige Minuten, nachdem die Ausgrabungsarbeiten am Mittwoch (2.11.) begonnen hatten, werden die ersten Schädelknochen sichtbar. Ein Dutzend Helfer ist auf dem Friedhof von Porreres in der Inselmitte von Mallorca mit leichtem und schwerem Gerät im Einsatz, während hinter einer Absperrung die Dorfbewohner mit gebanntem Blick stehen. Vermutet werden in diesem Massengrab die Skelette von bis zu 117 Franco-Opfern aus der Zeit des Bürgerkriegs (1936-1939).

„Wenn das Grab einmal geöffnet ist, darf nicht viel Zeit verstreichen“, so Francisco Etxeberria, Koordinator des Exhumierungsteams, gegenüber der Presse. „Die Knochen würden Schaden nehmen, wenn wir sie mehrere Tage ungeschützt liegen ließen.“ Die Arbeit soll einen Monat lang ohne Unterbrechung vonstatten gehen - nachdem 80 Jahre nichts passiert war.

Die Öffnung des Grabs hatte das Balearen-Parlament im Sommer entschieden und dafür 95.000 Euro zur Verfügung gestellt. Das zugrunde liegende Gesetz war Ende Mai auf Initiative der Regionalpartei Més per Mallorca und im Konsens aller Parteien verabschiedet worden. Es sieht die Identifizierung der Opfer vor, die während Bürgerkrieg und Diktatur anonym verscharrt worden waren. Die Bedingungen zur Exhumierung seien optimal, so Etxeberria: Erstmals stünden Institutionen, Angehörige und Forscher Seite an Seite.

Dokumentiert sind 48 Gräber in 27 Gemeinden Mallorcas sowie mindestens 2.318 Todesopfer. Geöffnet wurde bislang nur ein Grab mit drei Opfern in Sant Joan. Das in Porreres vermutete Massengrab nimmt einen Sonderstatus ein. Nach Einschätzung der Vereinigung Memòria de Mallorca, die die Gräber dokumentiert, liegen hier Opfer aus 30 Dörfern.

Dass die Franco-Schergen für die Hinrichtungen nach Porreres auswichen, erkläre sich mit den verschiedenen Phasen des Terrors: Wurden zu Beginn des Kriegs im Juli 1936 Regime-Gegner kurzerhand abgeführt und hingerichtet, lief die Repression in einer zweiten Phase ab September verdeckter ab. Ende 1939 wurden dann Gefangene in Palmas provisorischen Gefängnissen offiziell entlassen, aber in Wahrheit nach Porreres gebracht und dort erschossen.