Schuhfabrik, Sicherheitsdienst, Fitnesszentrum - und jetzt Bürgermeisterbüro. Bernardí Vives hat in seinem Leben schon viel gemacht, jetzt ist der 58-jährige Unternehmer Nachfolger von Jaume Tomàs (Més), so wie es der Koalitionsvertrag des Mittelinks-Pakts in Llucmajor vorsieht. Der Politiker der konservativen Regionalpartei El Pi regiert 16 Monate, bevor er den Amtsstab an den dritten im Bunde abgeben wird, den Sozialisten Gori Estarellas.

Sie haben umgeräumt, oder? Sie regieren nur eine Drittel-Legislaturperiode - reicht das, um eine persönliche Note in Amtsstube und Politik zu hinterlassen?

Nein, aber das hatten wir auch nicht im Sinn. Es sind vier Jahre Team­arbeit, auch wenn sich das Gesicht an der Spitze ändert. Wir drei behalten unser jeweiliges Ressort bei, bei mir sind das Stadtreinigung und Wartung. Die Möbel hatte übrigens schon mein Vorgänger verschoben, damit das Licht nicht blendet.

In Ihre Verantwortung fällt also der finanzielle und rechtliche Ärger mit der öffentlichen Reinigungs- und Entsorgungsfirma Llemsa, die wieder aufgelöst wird.

Wir mussten feststellen, dass sich viele Aufgabenbereiche mit der Gemeindeverwaltung überschneiden. Da machten zwei Personen dasselbe - und hatten auch noch unterschiedliche Arbeitsverträge.

Wurden da von den politischen Vorgängern Parteifreunde mit Jobs versorgt?

Ich will mal nicht schlecht denken. Es ging bei der Gründung wohl um mehr Agilität bei kommunalen Leistungen. Aber mit der Zeit wurde das ein Fass ohne Boden, die Kostenkontrolle funktionierte nicht. Inzwischen ist die Firma liquidiert, wobei wir die 50 Jobs gerettet und den gesamten Aufgabenbereich neu strukturiert haben. Das ist eine enorme Kostenersparnis.

Llucmajor hat den Ruf, die Gemeinde Mallorcas mit den höchsten Schulden zu sein. Wie ist derzeit die Kassenlage?

Die Verschuldung belief sich mal auf 150 Prozent des Haushalts. Als wir die Regierung antraten, waren es 98 Prozent. Inzwischen stehen wir bei 73 Prozent und haben deutlich mehr Handlungsspielraum.

Im Gebiet von La Marina ist ein großer Solarpark geplant. Der Bauträger hat das Projekt inzwischen auf rund 50 Hektar halbiert, um den Landschaftsschutz zu garantieren. Reicht Ihnen das?

Ich bin für nachhaltige Energie, die Dimensionen des Projekts muss man sich aber genau anschauen. Für den Standort war es vielleicht überproportioniert. Aber letztendlich muss man ein Gleichgewicht suchen, womöglich ist die Aufregung bei den Anwohnern auch übertrieben. Natürlich sieht man so eine Anlage aus der Luft, aber das ist zum Beispiel bei Treibhäusern auch nicht anders. Und letztendlich ist die Sonne nicht nur dazu da, dass sich die Urlauber bräunen.

Für die Besucher der Gemeinde haben Sie jetzt neue Info-Broschüren herausgebracht. Lassen Sie mich raten: Sie wollen die Nebensaison beleben?

Lucía Escribano, die Gemeinderätin für Tourismus, macht das wirklich sehr gut. Wir sind nun einmal kein Tramuntana-Örtchen, haben aber auch unsere Reize, dieses Potenzial müssen wir ausschöpfen. Wir haben zahlreiche Ausflugsorte und bieten einiges für Radfahrer. Von dieser Art von Touristen haben wir alle etwas, auf sie müssen wir setzen.

Und wie wäre es mit Bungee-springen am Cap Blanc?

Bei dem Projekt ist uns die Presse zuvorgekommen, wir haben uns den Antrag der Firma noch gar nicht richtig angeschaut. Mich persönlich reizt es nicht besonders, es wäre nicht die beste Option für diese unberührte Landschaft.

Wie bekommt Llucmajor den derzeitigen Boom der Ferienvermietung zu spüren?

Meine Partei macht schon seit Jahren Vorschläge zur Regulierung. Dieser Tourismus hat seine Daseinsberechtigung, die Urlauber geben auch in Restaurants und Läden viel Geld aus. Zugleich müssen wir durch konkrete Auflagen Exzesse wie etwa in Ibiza-Stadt verhindern, wo sich einfache Angestellte keine Mietwohnung mehr leisten können.

Sprechen wir über die Residenten. Im Juli begann der Bau der Wasserleitung nach s‘Estanyol. Wie kommt er vorwärts?

Das Projekt wurde schon vor zehn Jahren angekündigt, mein Vorgänger hat es endlich in einer Rekordzeit auf den Weg gebracht. Die Leitungen sind bereits verlegt, der Bau der Depots dauert etwas länger. Aber wir sind so gut wie sicher, dass bis Februar oder März endlich Wasser von guter Qualität fließt.

Mit der Kanalisation für Cala Pi, es Pas und Vallgornera wird es etwas länger dauern - die Urbanisationen liegen zum Teil direkt über der Vallgornera-Höhle. Wissen Sie schon, wie Sie an das dafür nötige Geld kommen werden?

Wir rechnen mit Kosten von rund 13 Millionen Euro - das ist im Moment eines unserer größten Probleme. Das können wir nicht aus eigener Kraft stemmen, auch nicht über eine Selbstbeteiligung der Anwohner. Wir sind auf EU-Subventionen angewiesen, und das ist nicht so leicht wie mit dem Inselrat oder der Zentralregierung.

Ohne Kanalisation dürfen eigentlich keine Baulizenzen mehr erteilt werden, eine Ausnahme­regelung wurde vor Kurzem vom Balearen-Parlament unter Auflagen verlängert. Kommt die Kanalisation rechtzeitig?

Es ist nun einmal keine konventionelle Kanalisation, dann wäre alles viel einfacher. Wegen der Höhle im Untergrund können wir an den meisten Stellen nicht sehr tief gehen, wir brauchen eine sogenannte Vakuum-Kanalisation, die an der Oberfläche verläuft. Die meisten der rund 70 Urbanisationen auf Mallorca dagegen, die bislang ohne Kanalisation sind, haben es da viel leichter.

Wenig mitzureden hat die Gemeinde beim stark kritisierten Projekt der Hochspannungs­leitung nach Arenal. Ist sie überhaupt noch aufzuhalten?

Die Entscheidungsgewalt liegt beim spanischen Netzwerkbetreiber Red Eléctrica, uns sind weitgehend die Hände gebunden. Auch wenn wir weiterhin gegen die geplanten 110 mehr als 40 Meter hohen Strommasten protestieren werden.