Alle Menschen sind gleich, aber manche sind ein bisschen gleicher als andere, wusste schon George Orwell. Während die einen - namentlich etwa die Einwohner von Esporles - sich mit einem Blick auf die Uhr vergewissern müssen, ob sie noch duschen können oder ob nicht wegen der anhaltenden Trockenheit das Wasser schon abgestellt ist, schrubben die anderen rund um die Uhr ihre Yachten, scheinbar ohne dass hier das Wasser jemals knapp wird.

Auf diese intensive Wasser­nutzung hat jetzt ein deutscher Bootsbesitzer aufmerksam gemacht, der in einem der Häfen auf einem elf Meter langen Segelboot lebt. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen, nennen wir ihn deshalb Peter Schmidt. Nach seinen Kalkulationen fließen bei der Reinigung eines Bootsdecks etwa 1.200 Liter pro Stunde durch den Schlauch. Weiter rechnet Schmidt vor, dass man für Schiffe, die zwischen 10 und 15 Meter lang sind, etwa vier bis fünf Stunden für die Reinigung veranschlagen müsse. Macht gut und gerne gut 5.000 Liter Wasser. Für ein einziges Boot, an einem Tag. Das ist etwa das Zehnfache des täglichen Wasserverbrauchs eines Vier-Personen-Haushalts auf den Balearen. Rund 14.000 Liegeplätze gibt es rund um die Insel. Im Sommer ist die große Mehrzahl dieser Plätze belegt.

Hintergrund: Trockenheit - Warnstufe gelb für Großraum Palma

Natürlich wasche nicht jeder Bootseigner sein Schiff jeden Tag, „aber gerade die Super­yachten werden normalerweise alle zwei Tage von oben bis unten abgeschrubbt, weil der Besitzer jeden Moment erscheinen könnte und das Boot dann einsatzfähig sein muss", sagt Schmidt, der selbst zwischen mehreren dieser großen Schiffe zu Hause ist und die Putzorgien aus nächster Nähe verfolgt. Gerade die kurzen, aber folgenschweren Schlammregen gegen Ende des Sommers tragen zu einem nochmals erhöhten Wasserverbrauch bei. „Auch wenn es nur zwei Minuten nieselt - das Boot ist dann vom Sand mit einer roten Schicht überzogen, sodass unmittelbar begonnen wird zu putzen, bevor diese Schicht festtrocknet."

Im Real Club Náutico in Palma steht Schiffen, die unter zehn Meter lang sind, eine Art Flatrate zur Verfügung. Sie teilen sich üblicherweise mit zwei oder drei Booten einen Wasseranschluss und zahlen einen Pauschalbetrag. Für die Eigner kommen so im Monat gerade mal zehn bis zwölf Euro Wasserkosten zusammen. Die großen Schiffe haben dagegen alle einen eigenen Wasserzähler, an dem nach Verbrauch abgerechnet wird. Bei Anschaffungspreisen von mehreren Millionen Euro für diese Yachten ist das allerdings zumeist ein vernachlässigenswerter Posten.

Trotz der Trockenheit auf der Insel fließt das wertvolle Nass in den Häfen unbegrenzt aus dem Hahn. Und es ist fast immer Trinkwasser, kein Brauchwasser. Darauf angesprochen, bemüht man sich in den Marinas um Schadensbegrenzung. So lässt der Pressesprecher des Club Náutico in Palma, José Luis Miró, auf

MZ-Anfrage per Handy-Nachricht wissen, dass man die Yachteigner sehr deutlich über die Wassersituation auf der Insel aufkläre und um Rücksichtnahme bitte. Auch habe man in diesem Jahr die Schläuche erneuert, um Verluste zu vermeiden. Peter Schmidt, der viel in den Häfen unterwegs ist, bemängelt allerdings, dass die Installationen des Clubs etwa 40 Jahre alt sind: „Da läuft immer noch eine ganze Menge daneben."

Immerhin wird im Real Club Náutico offenbar auch Brauchwasser genutzt. Es gibt laut Miró zwei Leitungen: Die eine werde mit Trinkwasser gespeist, die andere mit geklärtem Wasser. Welches exakt wofür verwendet wird, kann oder vermag Miró nicht zu erklären. Man sei sich des Wasserproblems aber bewusst. Der Pressesprecher schickt noch den Link zu einem Artikel mit, in dem darüber berichtet wird, dass das Brauchwasser aus dem Schwimmbad im Clubgelände von Palmas Stadtwerken Emaya zum Säubern der Straßen genutzt wird.

In Puerto Portals ist man ebenfalls darum bemüht, Umweltinitiativen in den Vordergrund zu stellen. Eine junge Dame von der Pressestelle erzählt etwa von Projekten mit Umweltschutzverbänden und der Pflanzenmesse „Botanica insólita", die seit ein paar Jahren im Mai im Hafen stattfindet. Die Anlegestellen für die Yachten würden aber nun mal mit Trinkwasser gespeist, da sie ja schließlich auch für die Befüllung der Wassertanks an Bord dienen müssen. Den Wasserverbrauch im Hafen könne man indes nicht genau beziffern, denn die Wasserversorgung funktioniere wie beim Tanken mit dem Auto. Das Boot werde angeschlossen, lade Wasser, bezahle und dann werde die Rechnung sozusagen vergessen, heißt es in Puerto Portals.

Ganz ähnlich verhält es sich in Port Adriano. Auch dort wird den Yachtbesitzern Trinkwasser an den Anlegestellen zur Verfügung gestellt, egal ob sie es zum Befüllen der Tanks oder zur Schiffsreinigung nutzen. Hinweise auf die prekäre Situation in diesem Sommer gebe man im Hafen nicht, sagt eine Angestellte, die nicht genannt werden will. Sie spricht lediglich allgemein von Umweltrichtlinien, die man jedem neuen Kunden mitgebe. Doch was jeder einzelne an Wasser verbrauche, wird nicht kontrolliert. „Ich kann nur sagen, dass die letzte Wasser­rechnung von Juni im Rahmen der Vorjahre war." Man sei schließlich verpflichtet, die Bootsbesitzer zu versorgen, heißt es fast entschuldigend. Man könne das Wasser nicht einfach abstellen, sondern müsse auf Kooperationsbereitschaft hoffen.

Eine besondere Rücksichtnahme auf die geringen Wasserreserven hat Schmidt diesen Sommer unterdessen bei den wenigsten Bootsbesitzern festgestellt. „Die kommen für ein Wochenende nach Mallorca und wollen Spaß haben. Da sind ihnen die Probleme vor Ort völlig einerlei."

Zu befürchten haben die Häfen nichts: „Derzeit sind keine Kontrollen geplant", sagt die Leiterin des Wasserwirtschaftsamtes Joana Maria Garau gegenüber der MZ.