Am liebsten würde Thomas Wagner die Probe aufs Exempel machen: ein Fahrrad in Palmas Altstadt abstellen und abschließen, sich auf die Lauer legen - und auf diese Wiese den Dieb überführen. Wagner spricht aus Erfahrung. Dass ein Fahrrad trotz Sicherung gestohlen wird, ist nichts Ungewöhnliches in der Balearen-Hauptstadt, doch „insgesamt gab es in zehn Monaten bereits fünf Diebstähle an unserem Fahrrad“, so der Deutsche. „Wir leben in einem klassischen Altbau mit steilen engen Treppen und schmaler Tür, was es unmöglich macht, das Fahrrad täglich die Stufen hoch- und runterzuwuchten.“

Der Ärger begann im März vergangenen Jahres. Unbekannte bauten die Widerlager an der Bremse aus. „Ich musste bei rund 35 Stundenkilometern abspringen, um nicht auf der Hauptstraße vor den Autos zu landen“, so der 47-Jährige. Die Widerlager ließen sich dummerweise nicht einzeln kaufen, stattdessen mussten komplette Bremszüge erworben werden.

Kurz darauf war dann das ganze Fahrrad weg, es folgte die erste Anzeige. Ein neues Fahrrad leistete nur zwei Wochen Dienst, bevor das Vorderrad verschwand, „weil es noch kein tonnenschweres Schloss besaß“. Es folgte die zweite Anzeige. Bei Diebstahl Nummer vier war dann der Sattel weg - kein Schnellspanner wohlgemerkt. Es folgte die dritte Anzeige.

Daraufhin rüstete der 47-Jährige weiter auf und sicherte das Fahrrad nun gleich fünffach: Bügelschloss und Kettenschloss, um Räder und Rahmen am stählernen Fahrradständer anzuketten, eine Kette für den Sattel und zwei Bügelschlösser für den Kindersitz. Und dennoch verschwand das Rad vor knapp drei Wochen, als der Stahlrahmen ausnahmsweise mal nicht den Fahrradständer umschloss, so Wagner.

Wie sich später he­rausstellte, schleppte der Dieb das gesicherte Fahrrad des Nachts 150 Meter weiter, wo er mit einer Stahlstange auf die Schlösser einschlug. Er weckte damit einen Anwohner und ergriff schließlich die Flucht. Da das zurückgelassene und demolierte Rad wegen des Kindersitzes leicht zu erkennen war, bekam es Wagner dank Hinweisen von Anwohnern kurz da­rauf wieder zurück und brachte es in eine Werkstatt.

Der Deutsche hat inzwischen die Hoffnung aufgegeben, dass die Ordnungshüter die Diebstähle verfolgen. „Sie zeigen keinerlei Interesse, dieser Aufgabe nachzugehen.“ Obwohl es sich offensichtlich um wenige professionelle Diebe handle und es ein Leichtes wäre, sie zu überführen, schaue die Polizei einfach weg. Fast schon lächerlich sei er sich vorgekommen beim Erstatten der Anzeigen.

Zuständig sind im Prinzip alle drei Polizeieinheiten auf Mallorca, Ortspolizei, Nationalpolizei und außerhalb Palmas die Guardia Civil. Viele Anzeigen wie auch die von Wagner gehen bei der Policía Local in Palma ein, und dort sieht man die Diebstähle nicht als Priorität, wie ein Sprecher unumwunden gegenüber der MZ erklärt. Die Delikte würden nicht mal gesondert in der Statistik ausgewiesen - neben dem Diebstahl von Kraftfahrzeugen aller Art gebe es für Fahrräder nur die Kategorie „Sonstige“. Eine Nachfrage bei den Kollegen habe keinen Hinweis auf eine derzeit erhöhte Zahl von Straftaten gegeben, so der Sprecher. Er bestätigt aber, dass Palmas Altstadt ein häufiger Tatort sei.

Weder könne man einen Beamten zur Observierung von Fahrrädern abstellen, noch lohne sich die aufwendige Beantragung einer Überwachungskamera am mutmaßlichen Tatort, argumentiert der Sprecher der Ortspolizei.

Auch derlei Passivität mag eine Rolle dabei spielen, dass nicht alle Opfer das relativ zeitaufwendige Procedere auf sich nehmen, einen Fahrraddiebstahl anzuzeigen. Doch selbst wenn es sich beim Diebesgut um einfache Fahrräder im Wert von wenig mehr als 100 Euro handelt, scheint das Geschäft einträglich zu sein. Nur allzu leicht könnten die Täter ihr Diebesgut weiterverkaufen, hat Wagner festgestellt. Allein in Palmas Altstadt gebe es mehr als ein Dutzend Läden, in denen „gebrauchte Räder“ einen neuen Käufer finden - sei es am Stück, in Einzelteilen oder neu zusammengebaut. Da die Verkäufer keinen Nachweis über die Herkunft dieser Räder vorlegen müssten, hätten es die Diebe besonders leicht, ihre Beute loszuwerden.

Wobei einige Fahrräder von den Dieben auch einfach irgendwo abgestellt werden - und wenn keine Anzeigen bei der Polizei vorliegen, nicht mehr zurückgegeben werden können. Zuletzt verschenkte Palmas Ortspolizei deswegen im April vergangenen Jahres 56 herrenlose Fahrräder an Cáritas und die Fundació Deixalles.

Wagner will sich unterdessen von den Fahraddieben nicht von dem Transportmittel abbringen lassen. Abhilfe würde die Anmietung einer Garage schaffen. Doch die monatliche Miete summiert sich schnell, da könne man sich nach einem Jahr auch ein neues Rad kaufen. Eine andere Möglichkeit hat mittlerweile die Nachbarin des Deutschen gefunden: Sie hievt ihr Fahrrad per Seilzug in den ersten Stock und macht es dann am Balkon fest.

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