Mallorquinische Medien sprechen vom „dunkelsten Tag" in der Geschichte der Balearen-Universität UIB: Die Nationalpolizei nahm in der vergangenen Woche fünf Personen fest, die eine in den universitären Forschungslaboren hergestellte Substanz jahrelang illegal als Wunderheilmittel gegen Krebs angepriesen und verkauft haben sollen. Zwei der Verdächtigen arbeiteten als Professoren an der UIB, einer dozierte an der neu eingerichteten Fakultät für Medizin.

Mit ihrem Betrug sollen sie Todkranken eine wohl nahezu wirkungslose Substanz als Krebsmedikament verkauft und damit mehr als 600.000 Euro ergaunert haben. Ein Geschädigter erklärte den Ermittlern, er habe 25.600 Euro in das Produkt investiert, um seine an Krebs erkrankte Tochter vor dem Tod zu retten - vergeblich. Da der Polizei erst rund ein Dutzend mutmaßlicher Opfer bekannt sei, könnte die Schadenssumme noch deutlich steigen. Die Polizei ruft weitere Käufer dazu auf, Anzeige zu erstatten.

Bei dem nicht als Medikament gemeldeten Produkt handelt es sich um eine von UIB-Forschern patentierte Substanz, deren Herstellung in den Uni-Laboren nicht illegal sei. Wohl aber die Vermarktung als Anti-Krebsmittel unter dem Markennamen „Minerval", wie es nach Stand der Ermittlungen über viele Jahre lang geschah: per Internet in ganz Spanien und in Einzelfällen wohl sogar im Direktverkauf auf dem Campus.

Dazu bedienten sich die Verdächtigen der bereits im Jahr 2002 gegründeten Firma Lipopharma - einer Art Spin-off-Unternehmen der UIB - sowie später einer Non-Profit-Organisation mit dem Namen Fundación Marathon Glioma. Letztere soll dasselbe Produkt gegen eine Spende angeboten haben, um den illegalen Verkauf zu ­verschleiern. Angeblich arbeiteten die Forscher bereits an der Vermarktung eines weiteren falschen Wundermittels gegen Alzheimer.

Uni-Leitung unter Druck

Nach den Festnahmen steht auch die Universitätsleitung in der Kritik, da sie die illegalen Machenschaften seit 2011 zumindest geahnt haben könnte. Denn zu dem Zeitpunkt hatten ehemalige Kollegen der beiden beschuldigten Professoren ihre Stellungen aufgegeben und die Unileitung von ihren Zweifeln an den Methoden der beschuldigten Professoren in Kenntnis gesetzt. Auch als sich im Jahr 2014 die Chefärztin der Krebsstation des Landeskrankenhauses Son Espases an die Uni wandte, da sie Patienten behandele, die ein angebliches Wundermittel in der Balearen-Universität gekauft hätten, geschah wenig. Die Beschuldigten seien befragt worden, es habe „Aussage gegen Aussage gestanden", so ein UIB-Sprecher. Da „niemand eine Anzeige gestellt" habe und man nicht „aufgrund von Gerüchten" handeln wollte, sei das Thema ad acta gelegt worden.

Schließlich waren es zwei Leiter von Forschungsinstituten der UIB, die sich schriftlich an den Beirat wandten, dessen Vorsitzende Francesca Mas 2016 die Staatsanwaltschaft einschaltete. Nach den Festnahmen distanzierte sich die Uni-Leitung am Dienstag (11.4.) auf einer Pressekonferenz von dem Vorfall. Die Institution sehe sich in der Sache als Geschädigte und werde Anzeige erstatten. Die beiden Professoren wurden vorläufig von ihren Lehr- und Forschungstätigkeiten an der UIB suspendiert.

Das beschuldigte Unternehmen Lipopharma wies die Vorwürfe zurück und versicherte, man habe „Minerval niemals außerhalb der klinischen Studien" verabreicht.