Der balearische Vizepräsident und Tourismusminister Biel Barceló hat am Mittwoch (12.4.) mit Mühe und Not einen Termin im Balearen-Parlament überstanden, bei dem er zu strittigen Verträgen an den früheren Wahlkampfmanager der Regierungspartei Més per Mallorca Stellung nehmen musste. Nachdem auch Vertreter der Protestpartei Podemos, die das regierende Linksbündnis aus Sozialisten und Més per Mallorca stützt, indirekt den Rücktritt von Barceló gefordert hatten, brach dieser nach dem knapp dreistündigen Termin in Tränen aus.

„Die Zweifel an den Verträgen verdunkeln das Bild des Vizepräsidenten, der Landesregierung und der Linksparteien“, warf Podemos-Generalsekretär Alberto Jarabo dem Stellvertreter von Ministerpräsidentin Francina Armengol vor: „Sie müssen die politischen Konsequenzen ziehen.“ Direkt zum Rücktritt aufgefordert wurde der Vizepräsident von der Fraktionssprecherin der oppositionellen Volkspartei (PP), Marga Prohens. Barceló dürfe keinen Tag länger im Amt bleiben - und wenn er nicht zurücktrete, müsse Armengol ihn entlassen.

Barceló räumte einen „politischen Fehler“ ein und bedauerte, sich dessen nicht früher bewusst geworden zu sein. Die Vorwürfe der PP, die in den Auftragsvergaben über insgesamt 156.000 Euro eine illegale ­Wahlkampffinanzierung wittert, wies der Vize zurück, alle Aufträge seien gerechtfertigt gewesen und professionell ausgeführt worden. Barceló ging zudem zum Gegenangriff über - bei einer Durchsicht der Aufträge der konservativen Vorgängerregierung warte sicherlich ebenfalls die eine oder andere Überraschung. Auch die PP habe Verträge gestückelt.

Der Termin auf dem Feuerstuhl zeigte, dass die Krise der Linksregierung noch lange nicht ausgestanden ist - trotz des Rücktritts der Transparenz- und Kulturministerin Ruth Mateu und einer kleineren Kabinettsumbildung. Neue Kulturministerin ist seit vergangener Woche die Ibizenkin Fanny Tur. Das Ressort Transparenz wurde infolge des Skandals aus dem Ministerium, das Més per Mallorca kontrolliert, ausgegliedert und dem von den Sozialisten kontrollierten Präsidialministerium zugeordnet.

Ausgelöst hatte den Skandal eine eilige Wirtschaftsstudie, die Voraussetzung für eine EU-Subvention war und die Barceló vergangenes Jahr für rund 56.000 Euro ohne Ausschreibung an seinen ehemaligen Wahlkampfmanager Jaume Garau vergeben hatte. Bei Nachforschungen der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“ kam zudem heraus, dass das Ministerium von Mateu einen Auftrag über das Konsumverhalten in der Kulturbranche in Höhe von 43.000 Euro so in zwei Teile gestückelt hatte, dass keine öffentliche Ausschreibung nötig war. Davon hatte ebenfalls eine Firma von Garau profitiert.

In den vergangenen Tagen wurden weitere Details über die umstrittenen Aufträge bekannt, die inzwischen auch die Staatsanwaltschaft untersucht. So hatte sich Garau etwa für Aufträge des Kulturministeriums mit zwei seiner Firmen und jeweils unterschiedlichen Angeboten beworben. Zu dem Zeitpunkt habe man nicht gewusst, dass dem Ex-Wahlkampfmanager beide Firmen gehörten, hieß es jetzt im Ministerium gegenüber dem „Diario de Mallorca“. Vorgeworfen wird Garau zudem von der Zeitung „El Mundo“, in Teilen identische Berichte dem Tourismusministerium und dem Inselrat von Formentera verkauft zu haben - und dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen zu sein. Die linke Regionalpartei Més per Mallorca hat Garau inzwischen aus der Partei ausgeschlossen.

Der ehemalige Wahlkampfstratege, dem das gute Wahlergebnis bei den Wahlen zum Balearen-Parlament 2015 zugeschrieben wird, gilt als enger persönlicher Freund von Barceló. Am Mittwoch berichtete der Regierungsvize, dass er Garau nach dem Regierungswechsel ein Amt im Tourismusministerium angeboten hatte, dieser das Angebot aber ausschlug. Danach habe er ihn ohne Erfolg gebeten, sich nicht bei Ausschreibungen zu bewerben.

Barceló sitzt jetzt zwischen allen Stühlen - die Sozialisten stehen zu ihrem Koalitionspartner, machen aber auch deutlich, dass es sich um Verfehlungen ihres Juniorpartners handelt. Und auch im linken regionalistischen Lager, das die Auswüchse des Tourismusbooms auf Mallorca anprangert, hat sich der pragmatische Politiker mit seinen Kompromissen etwa beim Thema Ferienvermietung nicht nur Freunde gemacht. /ff