Nein, es geht nicht um irgendeine Orange. Es geht um die einzig wahren Sóller-Orangen. Die Zitrusfrucht wird in dem lieblichen Tal seit rund 1.000 Jahren in den verschiedensten Sorten angebaut. Einst von den Mauren eingeführt, hat sich die Orangentradition rund um Sóller bis heute erhalten. Jetzt sollen die Früchte einen besonderen Schutz erfahren, ihnen zu Ehren soll eine eigene geschützte Markenbezeichnung geschaffen werden.

Das plant eine Art Orangen-Allianz, die sich vor ein paar Wochen zusammengefunden hat. Sie besteht aus dem Unternehmen Fet a Sóller des Deutschen Franz Kraus, aus der Kooperative Sant Bartomeu Sóller und dem Obst- und Gemüse-Produzenten sowie Großhandel Agroilla. Die drei Verbündeten wollen erreichen, dass in Zukunft nicht nur Wein oder etwa Olivenöl von Mallorca mit einer eigenen Herkunftsbezeichnung daherkommen. Und die Orangen so zum einen vor Produktpiraterie schützen, zum anderen aber auch besser vermarkten.

Zum ersten Problem sagt Kraus: „Die Sóller-Orange muss sich auf dem Festland, aber sogar auf Mallorca selbst, ständig gegen Trittbrettfahrer wehren, die behaupten, ihre Früchte kommen aus Sóller. Dabei stimmt das nachweislich nicht. Zum Glück reagiert die Lebensmittelaufsicht hier auf der Insel sofort und greift streng durch." Bereits bei der ersten Verfehlung könnten Strafen bis zu 3.000 Euro fällig werden, bei Wiederholungstätern stünden sogar sechsstellige Beträge im Raum.

Wettbewerbsnachteile

Beim Problem der Vermarktung geht es vor allem um die Wettbewerbsfähigkeit. Die Sóller-Orange muss auf dem umkämpften Weltmarkt schließlich auch mit Konkurrenten vom spanischen Festland aus der Gegend um Valencia um die Gunst der Kunden buhlen. Und da kann sie zumindest in Sachen Preis nicht mithalten. „Wir in Sóller können zum einen nicht die Massen produzieren, die man rund um Valencia anbaut, zum anderen haben wir aufgrund der hügeligen Landschaft deutlich schwierigere Anbaubedingungen. Außerdem verwenden wir keine Wachse und Pilzvernichtungsmittel, die beim Öffnen der Schale in die Frucht gelangen können", erklärt Kraus.

Was die Erlöse für die Landwirte angeht, versucht die Kooperative Sant Bartomeu in Sóller zudem vernünftige Preise für die Orangen zu zahlen. „Wir zahlen unseren Bauern zwischen 20 und 40 Cent mehr pro Kilo als der Großmarkt Mercapalma und können uns das nur leisten, weil wir Überschüsse aus dem Verkauf von Olivenöl dafür verwenden", erklärt Miquel Gual, der Präsident der Kooperative Sant Bartomeu.

27.000 Euro lassen sich die drei Partner ihre Bemühungen kosten, jetzt eine sogenannte IGP (Indicación Geográfica Protegida, geschützte Herkunftsbezeichnung) für ihre Orangen auf den Weg zu bringen. Das Geld fließt in eine Studie, die sie bei der Balearen-Universität (UIB) in Auftrag gegeben haben. Damit soll belegt werden, dass das in Sóller herrschende Mikroklima mit viel Regen, ohne Wind und ganzjährig milden Temperaturen eindeutige Auswirkungen auf die Eigenschaften der Früchte hat, und dass dieselbe Orangensorte an anderen Orten anders schmeckt. „Dazu haben wir kiloweise Orangen vom Festland eingekauft, die die Wissenschaftler nun mit denen aus Sóller vergleichen", erklärt Miquel Gual.

Nachwuchs für die „canoneta"

Eine wichtige Rolle in den Bemühungen um eine geschützte Herkunftsbezeichnung spielt die laut Gual und Kraus nur im Tal von Sóller vorkommende Orangensorte canoneta. Auf sie ist man rund um Sóller besonders stolz. Die Frucht sei zwar kleiner als andere Sorten, sie habe aber große Vorzüge. „Wenn man die Schale öffnet, läuft einem schon der ganze Saft entgegen. Die Orange hat kaum Fruchtfleisch und ist sehr süß", schwärmt der Kooperativen-Chef. Das Problem: Durch ihre dünne Haut ist diese Sorte sehr anfällig für Krankheiten. In Sóller gab es kaum noch gesunde Canoneta-Bäume.

Das soll sich in Zukunft ändern. In Zusammenarbeit mit einer auf Zitrusfrüchte spezialisierten Samenbank in Valencia, die von den IGP-Plänen hörte und sich in Sóller meldete, hat die Kooperative 1.800 neue Canoneta-Pflänzchen gezogen und sie an die Mitglieder verteilt, die sich bereit erklärten, die Bäumchen anzupflanzen und zu hegen. „Wir waren sehr erstaunt, dass nach kurzer Zeit alle Bäume bereits weg waren, die Leute haben sie uns nur so aus der Hand gerissen", freut sich Miquel Gual. Für Nachwuchs ist also erst einmal gesorgt.

Ob die Herkunftsbezeichnung für die Sóller-Orangen kommt, entscheidet sich wahrscheinlich erst in etwa fünf Jahren. Ist die Studie der UIB-Wissenschaftler in rund zwei Jahren beendet, muss die Europäische Kommission in Brüssel befinden, ob die Ergebnisse einen besonderen Markenschutz verdient haben. Und auch die Mühlen in Brüssel mahlen ja bekanntlich ein wenig langsamer.

Orangenfest

Noch bis Pfingstsonntag (4.6.) feiert Sóller zum elften Mal seine Orangen mit der „Fira Jornades de la Taronja". In dem bunten Programm finden sich Verkostungen, Showcookings, ein Gin-Wettbewerb (mit Orangenschalen), Konzerte und eine Kunsthandwerksmesse. Vor allem aber bieten 18 Restaurants im Ort, am Hafen und in

Fornalutx jeweils ein Drei-Gänge-Menü mit der Orange als Basis für 20 Euro an. Für 33 Euro gibt es Menü, Zug- und Straßenbahnfahrt. Alle Infos findet man auf der Homepage des Rathauses: www.ajsoller.net