Ankern über Poseidongras: Auf Mallorca und den Nachbarinseln entbrennt darüber immer wieder Streit zwischen Skippern und Umweltschützern. Verboten ist es rein formal bereits seit zehn Jahren. Die auch Neptungras genannte Posidonia oceanica ist seit 2007 durch das spanische „Ley de pa­trimonio natural y biodiversidad" geschützt. Jegliche Aktivität, die dem empfindlichen Ökosystem am Meeresgrund schaden könnte, ist untersagt. Der Anker wird vielerorts weiter ausgeworfen - und reißt bei der Abfahrt ganze Büschel aus.

Nun fährt die Balearen-Regierung härteres Geschütz auf: Ein eigenes Dekret soll die posidonia in Zukunft besser schützen. Derzeit werden gerade Einwendungen zum Thema angenommen, laut Umweltminister Vicenç Vidal soll es spätestens zum Sommer 2018 in Kraft treten. In dem Dekret wird auch auf den Strafenkatalog verwiesen, der 2007 aufgestellt worden war. Das Ankern auf Poseidongras wird demnach mit Bußgeldern belegt, die im freilich unwahrscheinlichen Fall, dass mehr als zehn Hektar beschädigt werden, bis zu 450.000 Euro betragen können.

Neu ist, dass nun wirklich durchgegriffen werden soll. Bisher wurde keine einzige Strafe ausgestellt, doch laut Miquel Mir, dem Generaldirektor für Artenvielfalt und Meeresschutz auf den Balearen, werden nach Inkrafttreten des Dekrets zehn Boote Streife fahren, um die Einhaltung des Ankerverbots zu überprüfen - drei davon rund um Mallorca. „Die Besatzung darf zwar nicht sanktionieren, aber sie kann zum Beispiel die Guardia Civil benachrichtigen, die dann die Strafen ausstellt." 300.000 Euro pro Saison will sich das Umweltministerium die Pa­trouillenboote kosten lassen, die teilweise jetzt schon vor Ibiza und Formentera unterwegs sind.

Wer unbedingt mit seiner Yacht über der posidonia schaukeln möchte, muss an sogenannten Bojenfeldern festmachen. Diese Felder - sieben existieren bereits - werden vom Umweltministerium rund um die Inseln angelegt, die Bojen sind nur mit einer Kette im Meeresgrund verankert. Mir erklärt: „Das Schiff legt an der Kette an und kommt nicht mit den Seegraswiesen in Berührung." Die bisherigen Bojenfelder sind an private Betreiber verpachtet, die für das Anlegen Gebühren ­verlangen. Ob die neu geplanten Bojenfelder kostenpflichtig werden, ist noch unklar.

Vorsorglich schreit der Wassersportsektor schon mal auf. Von Privatisierung des Meeres ist die Rede, von Einschränkung der Freiheit. Zwar sei man nicht gegen das Ankerverbot auf Poseidongras an sich, sagt Miquel Suñer vom Verband der mallorquinischen Yachtclubs. „Das ist ohnehin viel zu unsicher, weil der Halt fehlt. Wir ankern immer im Sand, im Schlamm oder auf Fels." Die Schäden würden aber überbewertet. „In nicht einmal ein Prozent der Posidonia-Fläche rund um die Balearen ist ein Ankern aufgrund der Tiefe überhaupt möglich." Diejenigen, die es täten, seien Urlauber, die Boote charterten und nichts von den Seegraswiesen wüssten. Und im Übrigen würden Kläranlagen und Entsalzungsanlagen dem Ökosystem am Meeresboden viel mehr zusetzen.

Das ist auch Miquel Mir klar, allerdings können man das nicht von „heute auf morgen ändern". Die Betreiber der Klär- und Entsalzungsanlagen hätten fünf Jahre Zeit, ihre Installationen auf Vordermann zu bringen.

Die Umweltschützer des Gob begrüßen das Dekret, auch wenn es ihnen - es liegt in der Natur der Sache - in Detailfragen nicht weit genug geht. „Aber die wesentlichen Leitlinien sind richtig, das Dekret hat Hand und Fuß", sagt Biologe Toni Muñoz der MZ.

Muñoz begrüßt auch eine neue Richtlinie im Dekret, wie mit der posidonia am Strand umgegangen wird. Bisher wurden an nahezu allen Stränden auf Mallorca die aufgetürmten Haufen Seegras vor der Saison abgefahren. Das soll jetzt nur noch an Stadtstränden und bewachten Stränden passieren. An letzteren soll die posidonia ab Oktober wieder aufgeschüttet werden - „ein wichtiger Beitrag zur Regeneration des Strandes", sagt Muñoz.