Sicher, Búger ist ein geruhsames Nest, idyllisch gelegen, mit Häusern aus Naturstein und einer Kirche am höchsten Punkt des Dorfes. Alles ganz nett, aber auch nichts Außergewöhnliches, schon gar nicht auf Mallorca. Außergewöhnlich ist dafür das Verhältnis von Einwohnern zu Gästebetten - in diesem 1.050-Seelen-Dorf deutlich höher als in jedem anderen Ort auf der Insel. Das sagen die Statistiken der Website dinsairbnb.cat, einer Seite, die entstanden ist, um den touristischen Wildwuchs zu dokumentieren. Demnach kommen auf die angesprochenen 1.050 bugerons, wie die Einwohner heißen, 789 Gästebetten in 116 bei Airbnb angebotenen Unterkünften. Hinter Búger liegt Banyalbufar auf dem zweiten Platz, wo auf die 522 Einwohner 339 Gästebetten kommen. Mit großem Abstand dahinter folgten Llubí, Pollença und Campanet.

Der Bürgermeisterin von Búger, der 36-jährigen Liniu Siquier (Més), liegen zwar andere Zahlen vor. An der Tendenz aber ändern sie nichts. Laut offizieller Statistik des balearischen Finanzamts gibt es in Búger 539 Gästebetten in insgesamt 75 Unterkünften - auch in dieser Liste ist Búger unangefochtener Spitzenreiter auf Mallorca.

Siquier war aus allen Wolken gefallen, als sie die Zahlen zum ersten Mal sah. „Der Ort ist doch gar nicht für so viele Einwohner ausgelegt. Außerdem sprechen wir hier von einer Geschäftstätigkeit, die nicht in dem Umfang die Abgaben leistet, die sie müsste." Laut der Bürgermeisterin haben 42 der Ferienwohnungen eine Lizenz. 21 davon befinden sich gerade im Prozess der Registrierung. Die anderen 12 sind illegal. Mit einer solchen Zahl kann sich Siquier sogar noch glücklich schätzen, denn nach Schätzungen operieren auf Mallorca rund 66 Prozent der Unterkünfte ohne eine Zulassung.

Der Erfolg von Búger bei den Touristen ist nur auf den ersten Blick überraschend. Der Ort ist äußerst günstig gelegen, nur fünf Minuten von der Autobahn Palma-Alcúdia entfernt. In Palma ist man in einer guten halben Stunde. In der Bucht von Alcúdia in 15 Minuten. Die Serra de Tramuntana in der Nachbarschaft zieht Wanderer und Radfahrer an. So wie ein junges britisches Pärchen, das beim ­MZ-Besuch gerade zwei Fahrräder aus einem angemieteten kleinen Lieferwagen auslädt. „Wir haben hier eine Ferienwohnung gemietet und sind eben angekommen", sagt die Frau im Vorbeigehen.

Sonst ist an diesem Freitagnachmittag (9.6.) in Búger nicht viel zu sehen von der touristischen ­Invasion, die die Statistik konstatiert. Die Sonne knallt vom Himmel, es ist sommerlich warm, und der Ort scheint in einer kollektiven Siesta zu liegen. Selbst der einzige Supermarkt im Zentrum schließt über Mittag. Vielleicht ist dies das große Plus von Búger - die Ruhe und das völlige Fehlen von Hektik und Lärm.

Geräusche dringen nur aus zwei Bars am Marktplatz. Im Ca's Rector steht Álvaro Buades hinter dem Tresen und grinst breit, wenn man ihn auf die Touristen im Ort anspricht. „Sie retten uns das Geschäft." Buades erzählt, dass vor allem donnerstags, wenn es Tapas für einen Euro gibt, auf der Terrasse kein einziger Platz frei bleibt. „Und mindestens 40 Prozent der Gäste sind Urlauber." Viele kämen seit Jahren her, seien schon 15 bis 20 Mal in Búger untergekommen.

Das Beste für Buades: „Hier in Búger kommen das ganze Jahr über Urlauber. Wir spüren kaum die saisonalen Schwankungen." Das liege vor allem daran, dass es zu jeder Jahreszeit eine andere Klientel ins Dorf und die Umgebung zieht. Im Herbst und Winter sind es die Wanderer, im Frühjahr sind es die Radfahrer, und im Sommer Familien mit Kindern, die tagsüber zu den nahen Stränden im Norden der Insel fahren, oder auch Gruppen junger Leute, die sich gemeinsam eine kleine Finca anmieten.

Die größte Gruppe unter den Urlaubern seien Deutsche im Alter von 40 bis 60 Jahren, das hat Buades beobachtet. Danach kämen Engländer und Franzosen. „Wir sind nun mal ein sehr internationales Dorf", sagt Buades. „Hier musst du Englisch sprechen, sonst geht gar nichts." Er habe mehrere Monate in England gelebt, weshalb ihm das keine großen Schwierigkeiten mehr bereite.

Auch im Can Fiol freut man sich über die Urlauber. Inhaber Joan Quetglas sagt: „Die Touristen retten uns das Geschäft." Diejenigen, die nach Búger kämen, seien Leute mit Niveau, mit großem Interesse an der mallorquinischen Landschaft - und sie brächten Geld mit. Das geben sie im Ort in den Bars aus, aber auch bei der Unterkunft. Ein Blick auf die Website von Airbnb zeigt reihenweise stattliche Fincas. Manche schlagen in der Hochsaison mit 500 Euro zu Buche - pro Nacht wohlgemerkt.

Bürgermeisterin Siquier macht sich derweil Gedanken, wie sie den anspruchsvollen Gästen aus nördlicheren Gefilden den Aufenthalt in Búger so kurzweilig wie möglich gestalten und die Identifikation mit dem Ort noch erhöhen kann. Viele nehmen das Dorf hauptsächlich als Schlaf- und Essgelegenheit wahr. „Wir könnten im Sommer unser Kulturprogramm ausbauen oder über Führungen durch das Dorf nachdenken, um die historischen Gebäude zu zeigen. Damit die Leute wissen, dass es hier durchaus auch etwas zu sehen gibt."