Im Rathaus des Dörfchens Mancor staunte man nicht schlecht, als vor Kurzem die Landesregierung eine Liste mit den Besitztümern der Kirche auf den Inseln vorlegte. Wie sich herausstellte, betrachtet die Iglesia Católica auch zwei Plätze in dem Ort für sich, die bislang als kommunales Eigentum galten. So steht es zumindest auf Gedenkplaketten, die dort Mitte der 90er-Jahre angebracht wurden. Und auch für Reinigung sowie Wartungsarbeiten kommt bislang die Gemeinde auf.

Weil im Gemeindearchiv keine klärenden Unterlagen zu finden sind, hat Bürgermeister Guillem Villalonga erst einmal eine Untersuchung einleiten lassen. Wenn sich nachweisen lasse, dass die Plätze nicht der Kirche gehörten, werde man die „nötigen Schritte" einleiten, erklärte Villalonga. Und falls nicht, solle doch die Kirche selbst für die anfallenden Reinigungs­kosten aufkommen.

Villalonga gehört der Regionalpartei Més an, die zusammen mit den Sozialisten die Linksregierung auf den Balearen stellt. Das Verhältnis von Més zur Kirche ist eher distanziert, und als 2013 ein Streit in Artà zwischen Gemeinde und Bistum um den Besitz der Festungsmauern losbrach, war dies Grund genug, von der Kirche Klarheit über die Besitzverhältnisse zu fordern. Die Diözese lehnte diese Forderung ab - man verfüge über keine entsprechende Liste -, und in der Folge beschloss das Balearen-Parlament im Februar dieses Jahres auf Initiative von Més und der Protestpartei Podemos und nur mit den Gegenstimmen der Volkspartei (PP), selbst für Transparenz zu sorgen. Das Resultat ist eine umfassende Immobilien-Liste, erarbeitet auf Grundlage der verschiedenen Registerämter auf den Inseln.

Demnach besitzt die Kirche auf Mallorca insgesamt 160 Immobilien und Grundstücke, in ihrer Mehrheit Kirchen und Pfarreien. Das war insofern eine Überraschung für die Linksparteien, da sie von einem Besitz von mehr als 500 Immobilien ausgegangen waren. Überraschend war auch so manches Objekt, das in der Liste auftauchte. So beispielsweise ein Bungalow in der Siedlung Badia Blava, ein Kiefernwäldchen (beides Gemeinde Llucmajor) oder eine kleine Höhle in der Gemeinde Alcúdia. Auch bebaubare Grundstücke, Gärten oder Lokale werden aufgelistet.

Der Immobilienbesitz der Kirche ist eine ideologisch aufgeladene Angelegenheit in Spanien. Der Linken stößt es traditionell auf, dass die Iglesia Católica von der Grundsteuer (IBI) ausgenommen ist, die alle anderen Immobilienbesitzer zahlen müssen.

Zudem wurde die Kirche vom Staat hofiert, wenn die konservative Volkspartei regierte. So durfte die Institution zwischen Ende der 90er-Jahre und dem Jahr 2015 Besitztümer im rechtlichen Niemandsland für eine geringe Bearbeitungsgebühr auf ihren Namen eintragen lassen. Viele von ihnen wurden ohnehin als Eigentum der Kirche betrachtet, waren aber nicht beurkundet - neben Gotteshäusern etwa auch Friedhöfe, Pfarrhäuser oder Einsiedeleien. Einige „normale" Immobilien wurden aber auch gewinnbringend verkauft, kritisierte etwa die linksliberale Zeitung „El País". Auf den Balearen wird die Zahl der registrierten Besitztümer in der Parlamentsliste mit 208 beziffert (Gesamtzahl: 237), auf Mallorca selbst mit 140.

Es gibt keine „Holding"

Das Bistum hält weiterhin wenig von der Transparenz-Offensive des Parlaments, die Liste sei „nicht exakt" und „stifte Verwirrung", teilte die Pressestelle nach Veröffentlichung mit. Es gebe keine Eigentümergesellschaft im eigentlichen Sinne, vielmehr seien die einzelnen Pfarreien und Glaubensgemeinschaften die Besitzer - die Liste führt denn auch rund hundert verschiedene Körperschaften als Eigentümer auf. Nur wenige Immobilien wie etwa der Bischofspalast mit seinen 2.135 Quadratmetern bebauter Fläche neben der Kathedrale in Palma sei auf die Diözese eingetragen, heißt es im Bistum. Während Podemos sogar gegen „Raub" und „Plünderung" durch die Iglesia Católica wetterte, nennt die Kirche die Registrierung der Besitztümer eine „Herstellung des Normalzustands". Im übrigen sei stets eine Einspruchsfrist gewährt worden. Nicht vergessen werden dürfe zudem, dass es sich bei so mancher Immobilie um eine Schenkung handle.

Zankapfel Artà

Es sind vor allem einzelne Streitfälle, die die Kirche als Immobilien­hai dastehen lassen. Ungeklärt ist nach wie vor der Fall Sant Salvador: Es geht um die Frage, wem das Gelände rund um die weithin sichtbare Wallfahrtskirche sowie die markante Mauerumfassung gehört. Die traditionell links regierte Gemeinde beklagt, dass ihr bei Veranstaltungen von der örtlichen Pfarrei Steine in den Weg gelegt worden seien, auch ein Protesttransparent gegen die PP-Vorgängerregierung hatte die Kirche von der Mauerumfassung entfernen lassen. Da sich im Katasteramt keine eindeutigen Urkunden finden ließen, zweifelt das Rathaus die Besitzansprüche der Kirche an.

Auch die Linksregierung in Palmas Rathaus streitet sich mit der Kirche, und zwar um den Besitz eines knapp 30.000 Quadratmeter großen Grundstücks, auf dem die Pilgerstätte von Cura in der Gemeinde Algaida steht. Im Archiv finden sich Einträge, wonach Palma in vergangenen Jahrhunderten auf der Finca investierte oder auch Rechtsstreitigkeiten über Weideplätze schlichtete. Ein Inventar­eintrag stammt aus dem Jahr 1881.

Und dann wäre da noch der Knatsch um das frühere Kloster Sant Jeroni in Palma - um dessen Besitz streitet sich das Bistum jedoch nicht mit der Stadt, sondern mit den Hieronymitinnen, die hier bis 2014 wirkten. Nach ihrem Auszug wollten sie auch die dortigen Kunstschätze mitnehmen. Die Sache liegt bei Gericht. Ob auch die Landesregierung in dem ein oder anderen Fall klagen will, entscheidet sich bis Frühjahr, bis dann will sie Stellung beziehen, welche Schlüsse aus der Liste zu ziehen seien. Bis dahin haben Inselräte und Gemeinden noch Gelegenheit zu Stellungnahmen.