Erneut hat der Küstenwanderweg zwischen der Cala de Deià und Port de Sóller im Nordwesten von Mallorca ein Todesopfer gefordert. Eine 45-jährige deutsche Wanderin kam am Freitagnachmittag (3.11.) vom schlecht ausgeschilderten Weg ab, stürzte einen etwa 15 Meter hohen Abhang hinab und starb im Krankenhaus an ihren Kopfverletzungen.

Laut Guardia Civil ereignete sich der Unfall gegen 15.45 Uhr auf der Verlängerung des bekannten Wanderwegs Camí dels Pintors etwa 200 Meter vom Restaurant Béns d'Avall entfernt bei der zur Gemeinde Sóller gehörenden Siedlung Alconàsser. Die Wanderin war mit ihrem Mann unterwegs, der sofort die Notrufzentrale verständigte. Die Frau wurde schwer verletzt geborgen und per Hubschrauber ins Krankenhaus Son Espases gebracht, wo sie bei der Ankunft ihren Verletzungen erlag.

Während der Wandersaison vergeht kaum eine Woche ohne schwere Unfälle auf diesem eigentlich nur als mittelschwer eingestuften Camí dels Pintors. So stürzte weniger als 24 Stunden später, am Samstag (4.11.), eine Spanierin, diesmal dicht an der Cala Deià. Die 55-Jährige brach sich Waden- und Schienbein und wurde ebenfalls per Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Ende September verunglückte auf derselben Strecke, in diesem Fall dicht bei Llucalcari, ein 63-jähriger Brite. Er rutschte 40 Meter den Abhang herunter und erlitt lebensgefährliche Verletzungen.

Als Gefahrenstrecke gilt die Route spätestens seit dem Jahr 2015. Damals ereigneten sich innerhalb kurzer Zeit an ein und derselben Stelle - dicht an der Cala Deià - drei Unfälle mit einer Toten und zwei Schwerverletzten. Die Stelle wurde damals provisorisch mit einem Halteseil gesichert und ein Teil des Wegs - zwischen der Cala Deià und Llucalcari - besser ausgeschildert. Ansonsten veränderte sich nichts.

„Wir haben die zuständigen Behörden immer wieder aufgefordert, den Weg zu sichern und besser auszuschildern", erklärt Wanderführer Quique Llobet als Sprecher des Verbands für Abenteuertourismus auf den Balearen IB Activa. Der Wanderweg sei sehr beliebt und wirke auf den ersten Blick nicht besonders abenteuerlich. Allerdings gebe es drei oder vier sehr gefährliche Stellen, die dringend gesichert werden müssten. „Manchmal wurden sie provisorisch mit einem Seil gesichert, aber von Leuten, die sich nicht damit auskennen", ärgert sich Llobet im Gespräch mit der MZ.

Durch die schlechte Ausschilderung kämen außerdem viele Wanderer von der Strecke ab und landen so in unwegsamen Gelände, wo ein falscher Tritt zum Sturz in die Tiefe führen kann.

Doch die Forderungen der Wanderer bleiben im Zuständigkeitsgewirr der Behörden hängen, wie die Bürgermeisterin von Deià, Magdalena López, auf Anfrage der MZ erklärt: „Für die Wege unmittelbar am Meeresufer ist die Küstenbehörde zuständig, die dem spanischen Umweltministerium untersteht", sagt López. Seit Jahren liege bei ihr ein Projekt auf dem Schreibtisch, den Wanderweg herzurichten und klar und deutlich auszuschildern.

Die Küstenbehörde will ein Großteil des Projekts finanzieren, verlangt aber von den Rathäusern sowie dem mallorquinischen Inselrat, einige Privateigentümer zu enteignen, um die Route an einzelnen Problemstellen leicht umzuändern. Seit Jahren schieben die Rathäuser der betroffenen Gemeinden Deià und Sóller sowie Inselrat und Küstenbehörde den Schwarzen Peter hin und her, während auf dem Weg immer wieder Wanderer abstürzen.

Politische und persönliche Rivalitäten helfen dabei nicht weiter: Der aktuelle Chef der Küstenbehörde auf den Balearen, Carlos Simarro (PP), war bis 2015 noch konservativer Bürgermeister von Sóller. Nun steht er nicht nur der Küstenbehörde vor, sondern zofft sich im Gemeinderat mit dem neuen linken Bürgermeister Jaume Servera (Més).

Einen Ausweg aus der Situation erhofft sich Llobet vom Gesetz für öffentliche Wege, das die Balearen-Regierung verabschieden will. „Erst wenn die Zuständigkeit für die Wanderwege komplett beim Inselrat liegt, könnten die Wege einheitlich ausgeschildert werden", sagt Llobet.

Allerdings helfen die besten Wegweiser nichts gegen unachtsame oder schlecht ausgerüstete Wanderer, gibt MZ-Wanderautor Roland Otto zu bedenken, der den Camí dels Pintors aus jahrelanger Wanderschaft kennt. „Ich treffe immer häufiger auf Ausflügler, die in Sandalen unterwegs sind", klagt Otto. Schlechte Wegbeschreibungen mit aus dem Internet ausgedruckten unvollständigen Karten oder ungenügend ausgebildete Wanderführer seien in manchen Fällen mindestens ebenso gefährlich wie schlecht markierte Wege.