Die Präsidentin des aufgelösten katalanischen Parlaments, Carme Forcadell, hat nach ihrer Vernehmung vor Spaniens Oberstem Gerichtshof (Tribunal Supremo) eine Kaution von 150.000 Euro hinterlegen lassen, und wird nach einer Nacht im Gefängnis vermutlich am Freitag (10.11) aus der Untersuchungshaft entlassen. Forcadell und fünft weitere Mitglieder des Parlamentsvorsitzes waren am Donnerstag (9.11.) wegen ihrer Anschuldigung der Rebellion erstmals dem Richter vorgeführt worden.

Forcadell erklärte bei ihrer Anhörung, dass sie die vorübergehende Aufhebung der regionalen Autonomie durch Artikel 155 der Verfassung sowie die Auflösung des Regionalparlaments anerkenne. Die unter ihrem Vorsitz im katalanischen Parlament beschlossene Unabhängigkeitserklärung habe eher symbolischen Charakter gehabt.

Damit endete die Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) anders als die vor dem Nationalen Gerichtshof (Audiencia Nacional) in der Woche zuvor. Dort waren am Donnerstag (2.11.) der abgesetzte katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont und die Mitglieder seiner separatistischen Regierung vorgeladen.

Diejenigen Minister, die der Vorladung durch Untersuchungsrichterin Carmen Lamela gefolgt waren, sitzen seither in Untersuchungshaft, einschließlich des stellvertretenden Ministerpräsidenten Oriol Junqueras. Puigdemont und einige seiner Minister hatten die Vorladung missachtet und halten sich seitdem in Brüssel auf. Gegen sie stellte das Gericht einen Europäischen Haftbefehl aus. Die belgische Justiz muss über die Auslieferung entscheiden

In Palma de Mallorca wird es am am Samstag (11.11., 17 Uhr) erneut eine Demonstration gegen die Inhaftierung katalanischer Politiker geben. Die Plattform Coordinadora d'Entitas per la Democràcia ruft zum Protest auf dem Rathausplatz auf, um "friedlich die Freiheit der politischen Gefangenen in Katalonien zu fordern". An einer ersten Demonstration nach den Verhaftungen hatten am Freitag (3.11.) bereits Tausende Mallorquiner teilgenommen.

Hintergrund: alle MZ-Texte zur Katalonien-Krise

Im Umgang mit den politischen Anführern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung steht die spanische Justiz vor wesentlichen Grundfragen. Dabei geht es nicht nur darum, ob gegen die demokratisch gewählten Politiker eine Anklage wegen Rebellion gerechtfertigt ist. Im Falle einer Verurteilung müssten die Schuldigen bis zu 30 Jahre ins Gefängnis. Es ist auch fraglich, inwieweit die Richter durch die Anordnung von Untersuchungshaft die verdächtigen Politiker in ihrem Recht beschneiden, als freie Kandidaten an den für den 21. Dezember anberaumten katalanischen Regionalwahlen. /tg