Er könne sich noch gut daran erinnern, wie er als Kind in Pollença die ersten Touristen sah, erzählt Bürgermeister Miquel Àngel March im ehrwürdigen Club Pollença an der Plaça Major. „Das war in den 70er-, 80er-Jahren etwas echt Exotisches. Damals hielten sich die wenigen Urlauber fast ausschließlich in Port de Pollença auf", erinnert sich der Rathauschef.

Diese Zeiten sind vorbei, inzwischen verfügt Pollença über mehr als 11.000 offiziell genehmigte Gästebetten, die große Mehrheit davon in der Ferienvermietung. Und das bei weitem nicht nur im Hafen. Gerade der Hauptort, der sich in den vergangenen Jahren richtig herausgeputzt hat, ist bei Urlaubern seit ein paar Jahren der Renner. Bürgermeister March spricht sogar von 19.000 Betten, die in diesem Sommer im Angebot gewesen seien, einige Tausend demnach ohne offizielle Genehmigung. Aber selbst wenn man nur die legalen Unterkünfte zählt: So viele Gäste­betten wie in Pollença kommen prozentual nirgends in Spanien auf die Bewohner eines Ortes. Die Gemeinde Pollença hat gerade einmal rund 17.000 Einwohner.

Doch auch in Pollença hat die Ferienvermietung nicht nur positive Folgen. Zwar ist der Präsident der Nachbarschaftsvereinigung Port de Pollença, Miquel Cifre, bemüht, die Vorteile des Geschäfts he­rauszustellen, doch ganz unbefangen ist er in dieser Hinsicht nicht. Cifre gehören mehrere Häuser, die er an Urlauber vermietet. Außerdem hat er ein eigenes Hotel. „Ohne die Ferienvermietung würde die lokale Wirtschaft hier zugrunde­gehen. Wer geht denn ins Restaurant oder ins Cafe? Das sind vor allem die Urlauber. Und nicht die, die im Hotel übernachten."

Es wird noch einmal legalisiert

Miquel Cifre sieht das Problem ganz woanders. Durch seine Arbeit in der Nachbarschaftsvereinigung bekomme er hautnah die Unsicherheit vieler Vermieter mit, wie es mit den Ferienwohnungen in Wohn­anlagen weitergehe. Bisher war das bekanntermaßen verboten, das Verbot juckte aber niemanden. Seit die Balearen-Regierung das neue Gesetz zur Ferienvermietung ausgearbeitet hat, ist das Thema präsent und die Angst vor Kontrollen und hohen Strafzahlungen gegenwärtig.

Die Hoffnung der Vermieter von Ferienwohnungen fußt auf den 42.649 Gästebetten, die die Balearen-Regierung noch auf Mallorca legalisieren will - darunter auch Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Anfang August ist allerdings erst einmal ein bis zu einjähriges Moratorium in Kraft getreten, sodass nur noch Anträge bearbeitet werden, die bis Ende Juli eingegangen sind. Die restlichen Gästebetten dürften frühestens ab dem kommenden Jahr genehmigt werden.

Wie viele Plätze bekommt Pollença?

Wie viele Plätze wird da Pollença abbekommen? Das kann auch Bürgermeister March nicht sagen. Er hofft vor allem, dass der Kernort und der Hafen bei der in den kommenden Monaten fälligen Zoneneinteilung nicht als „touristisch gesättigtes Gebiet" eingestuft werden. Die Balearen-Regierung hat angekündigt, die Insel in sechs verschiedene Zonen zu unterteilen, die da lauten: ländliches Gebiet, geschütztes ländliches Gebiet, gesättigtes Küstengebiet, nicht gesättigtes Küstengebiet, gesättigter Ort im Inselinneren sowie nicht gesättigter Ort im Inselinneren. March ist ­optimistisch, dass Pollença noch nicht zu den gesättigten Gebieten gezählt wird: „Uns interessiert ja selbst, dass wir nicht mit Überfüllung zu kämpfen haben."

Wobei es in den zurückliegenden beiden Sommern zeitweise schon zu viel gewesen sei. Was dem Rathauschef, der vor seiner Zeit als Bürgermeister Präsident der Umweltschutzorganisation Gob war, vor allem Sorgen macht, sind zwei Themen: Müll und Wasser. „Wir haben diesen Sommer deutlich mehr Müll produziert als zuvor. In den vergangenen Jahren waren es jeweils sechs bis sieben Prozent mehr als im Vorjahr." Auch die Versorgung mit Wasser werde zunehmend zum Problem. „Von April bis Oktober müssen wir Wasser aus der Entsalzungsanlage Alcúdia einkaufen. Das treibt den Wasserpreis um das Vier- oder Fünffache in die Höhe."

Aber nicht nur das: Auch das Leben in Pollença werde zunehmend teurer für die einheimische Bevölkerung. Aus Palma kennt man es: Die Einheimischen ziehen aus der Altstadt weg, weil sie es sich nicht leisten können, eine Wohnung zu mieten oder zu kaufen. In Pollença passiere momentan dasselbe: „Viele junge Leute ziehen nach Sa Pobla oder Campanet, weil sie in Pollença keine Wohnung zu einem bezahl­baren Preis bekommen", gibt March zu bedenken. Und für Saisonkräfte in den zwar wenigen Hotels, aber dafür umso mehr Bars und Restaurants werde es

inzwischen nahezu unmöglich, in annehmbaren Bedingungen unter­zukommen. „Sie mieten sich zu mehreren ein Zimmer, weil sie es sonst nicht bezahlen könnten."

Wohnungsnot? Von wegen!

Miquel Cifre wiegelt ab. „Bisher gibt es da keine Schwierigkeiten, wir haben keineswegs eine Wohnungsnot, die mit Palma vergleichbar wäre." Eine Aussage, zu der Joan Miralles, Präsident von Aptur, der Verband von Ferienvermietern auf den Balearen, zustimmt. „Man kann die Situation doch gar nicht vergleichen. Ein Großteil der Ferien­häuser und -wohnungen in Pollença sind ohnehin Zweitresidenzen von Insulanern, aber auch von vielen Madrilenen." Diese kämen ein- oder zweimal im Jahr für ein paar Wochen selbst, den Rest des Jahres vermieteten sie eben an Urlauber. „Deshalb stünden diese Wohnungen auch bei einem Verbot der Ferienvermietung nicht für Langzeitmieter zur Verfügung", sagt Miralles.

Ein Verbot, das weiß er genau, das seit jeher die Wohnungen betrifft. Bei Häusern hatte es bisher keine Probleme gegeben, auch wenn diese gar nicht über eine Bewohnbarkeitsbescheinigung verfügten - sei es, weil die Besitzer diese nie ausstellen ließen, oder sei es, weil sie es aufgrund von Verletzungen des Baurechts gar nicht konnten. Jetzt wird auch hier genauer hingeschaut: Wer keine Bewohnbarkeitsbescheinigung hat, der darf ab sofort nicht mehr vermieten.

Joan Miralles ist sich sicher, dass viele trotz der drohenden Strafen von bis zu 40.000 Euro weiter an Urlauber vermieten. „Viele Familien sind auf die Einnahmen angewiesen, etwa um ihren Kindern eine Wohnung in Palma zu kaufen", sagt der Aptur-Präsident. Bei den heutigen Gehältern könnten das junge Menschen nun mal selbst kaum leisten. Von den Mieten in der Inselhauptstadt ganz zu schweigen. Und so erfülle die Ferienvermietung einmal mehr ihre stets von den Verfechtern bemühte Funktion, den Reichtum aus dem Tourismus besser auf der Insel zu verteilen. Trotzdem werde die Ferienvermietung von der Politik als der Sündenbock für alles gesehen, was auf Mallorca schieflaufe.

Auch Augenwischerei dabei

Obwohl - Miralles kommt zusehends in Fahrt - vieles auch Augenwischerei sei. Er besitze selbst eine Zweitwohnung in Port de Pollença, gemeinsam mit seiner Mutter. Dort verbringe er mehrere Wochen im Jahr. Von Politikern in der Opposition in Pollença, die nach außen hin strikt gegen die Ferienvermietung seien, wisse er, dass auch sie gerade durch Vermietung von Wohnungen an Urlauber ein zweites Standbein aufgebaut hätten.

Bürgermeister March indes ist kein Freund des ungezügelten Urlauber-Wachstums, muss als Rathauschef aber auch auf die Sorgen seiner Einwohner hören. Und die sind dieser Tage hauptsächlich an die Zukunft der privaten Ferien­vermietung geknüpft.