An der Playa de Muro im Norden von Mallorca geht es derzeit ruhig zu. Ein paar Spaziergänger genießen die milden Temperaturen, ein paar Mutige gehen sogar mit den Füßen ins Wasser. Kein Vergleich zu den Sommermonaten, in denen der lange Sandstrand von Urlaubermassen schlichtweg überrannt wird.

„Das war nicht immer so", sagt Silvia (Name von der Red. geändert) und blickt nachdenklich aufs Meer. Die deutsche Residentin wohnt seit 40 Jahren ganz in der Nähe des beliebten Strands im Norden Mallorcas. 40 Jahre, in denen sich dieser Küstenabschnitt grundlegend verändert hat. „Als ich hierhin zog, war hier nichts als Dünen", erzählt sie und deutet auf das Hinterland des Strands. Die Sandhügel ziehen sich dort über ein paar Meter, teils wachsen zarte Pflänzchen darauf, teils größere Büsche. Schon kurz dahinter beginnen die Ferienapartments. Auf dem Satellitenbild sieht man: Sie sind direkt ins ehemalige Dünengebiet gebaut worden.

„Das Geräusch, als damals vor etwa 15 Jahren die Bagger kamen und mit den Bauarbeiten begannen, werde ich nie vergessen", sagt Silvia. Sie möchte ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, will nicht als Unruhestifterin gelten. Dennoch wandte sie sich an die MZ. „Wir Anwohner bekommen mit, wie wenig die Dünenlandschaft hier respektiert wird, und wollen das nicht einfach so hinnehmen", sagt sie.

Mit dem Naturschutz sei es an der Playa de Muro ein einziges Auf und Ab. Vor etwa fünf Jahren habe die zuständige Küstenbehörde eingesehen, dass es ohne den natürlichen Sandschutz nicht geht. „Also wurde versucht, die Dünen zu regenerieren", berichtet Silvia und deutet auf ein Schild, das in den neu gebildeten Sandhügeln montiert wurde. „Zona de regeneración dunar", steht dort geschrieben. Naturfaserkordeln, die an Holzpfähle gespannt sind, markieren das geschützte Gebiet. Eigentlich.

„Viel übrig geblieben ist davon nicht", sagt Silvia. Tatsächlich sind die Kordeln streckenweise ganz verschwunden oder liegen verstaubt auf dem Sandboden, auch die einst aufgestellten Sandfängermatten verrotten größtenteils. „Anfangs haben diese einfachen Maßnahmen viele Menschen davon abgehalten, einfach in die Dünen zu laufen, aber in den vergangenen zwei oder drei Jahren hat niemand die Absperrung erneuert." Mittlerweile nutzen viele Strandbesucher die Dünen als Toilette.

„Besonders schlimm ist es um den Strandabschnitt Icona bestellt", so Silvia und deutet auf das Gebiet, das am Ende der Hotelreihe beginnt und Richtung Can Picafort führt. Es ist der Bereich, der Badegäste von der ganzen Insel anzieht, weil er für seine jungfräuliche Natur bekannt ist. Hier gehen die Dünen in Kiefernwald statt Betonklötze über, hier hat man das Gefühl, an einem Naturstrand zu liegen. Aber: Auch hier sind die Schutzkordeln in desolatem Zustand, Sandfänger fehlen fast gänzlich. „Die Erosion schreitet massiv voran. Der vor Jahren errichtet Schutz ist völlig zerstört und niemanden scheint dies zu kümmern", beschwert sich die Residentin. Man sieht, wie das Wasser am Rand der Düne genagt und ihn teilweise bereits abgetragen hat, weil Pflänzchen, die die Sandberge stabilisieren, niedergetrampelt wurden.

Nicht alles sei schlechter geworden, gibt Silvia zu. Die drei Holzbrücken, die mit den Kordeln montiert wurden, stehen noch immer und leiten zumindest einen Teil der Besucher an dem geschützten Gebiet vorbei. „Aber längst nicht alle Strandbesucher laufen bis zur nächsten Brücke, viele gehen dann doch einfach geradeaus."

Mehrmals hätten die Anwohner die Behörden darauf aufmerksam gemacht. „Vom Rathaus werden wir stets ernst genommen, aber die Gemeinde kann auch nichts machen", so Silvia. Verantwortlich ist die der Zentralregierung unterstehende Küstenbehörde. Versuche der Anwohner, die Dünen selbst zu schützen, duldete diese nicht, berichtet Silvia. Jetzt hätten die Bewohner einen Brief an die Behörde geschrieben, denn „E-Mails und Beschwerden per Telefon wünscht die Küstenbehörde auch nicht". Noch sei keine Antwort gekommen, so Silvia. Sie überlegt nun, Unterschriftenaktionen zu starten und Naturschutzorganisationen zu kontaktieren. „Wir wollen einfach nur, dass wenigstens die Dünenlandschaft, die uns noch geblieben ist, ordnungsgemäß geschützt wird."