In der Küche des Lila Portals blitzen die Edelstahl-Oberflächen. Dass in dem Beach-Restaurant oberhalb des Strands von Puerto Portals im Südwesten von Mallorca alles absolut sauber ist, darauf pocht Inhaber Stefan Zaelke. Sollte er auch - schließlich ist die Küche in den Gästeraum integriert, hier kann jeder den Köchen über die Schulter gucken, in den Wintermonaten gibt es sogar Kochkurse. „Wir haben nichts zu verbergen", so Zaelke.

Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist auf Mallorca nicht überall der Fall. 23 Restaurants auf den Balearen sind in den vergangenen fünf Monaten wegen mangelnder Hygiene geschlossen worden, bei 1.907 Inspektionen stellten die Prüfer des Gesundheitsamts in mehr als der Hälfte der Lokale Mängel fest. 1.103 Küchen oder Speisesäle verstießen gegen die Vorschriften, in 97 Fällen schwer. So auch beim prominentesten Beispiel: jenem Restaurant an Palmas Carrer 31 de Dicembre, in dem sich seit Dezember etwa 40 Gäste und Mitarbeiter mit Hepatitis A infiziert haben. Es musste vorübergehend schließen.

42 Prozent nur „ausreichend"

Nicht immer sind die Fälle so dramatisch. Dennoch fällt die Bilanz der Inspektoren unappetitlich aus: Obwohl ein Großteil der gastronomischen Betriebe ohne Strafen davonkam, bewerteten die Kon­trolleure 42 Prozent der geprüften Lokale nur als „ausreichend."

Ist es tatsächlich so schlecht bestellt um Mallorcas Gastronomie? Während das balearische Gesundheitsministerium die Schwächen offen anspricht, relativiert man die Zahlen im Tourismusministerium mit dem Verweis auf die große Menge gastronomischer Betriebe. In rund 9.430 Etablissements auf Mallorca wird laut dem Tourismusministerium mit Essen gehandelt - das ist auf die Einwohnerzahl bezogen ein Vielfaches von den etwa 132.000 Lokalen in Deutschland. Das Gesundheitsministerium geht sogar von knapp 13.580 gastronomischen Einrichtungen aus. Allerdings sind darunter viele auf Getränke spezialisierte Bars, die nur kleine Tapas anbieten. Die Zahl der Restaurants auf der Insel wird auf rund 3.600 geschätzt.

„Es gibt hier viele ganz tolle Betriebe, die hervorragend arbeiten", sagt Koldo Royo, einstiger Sternekoch und Vorsitzender der balearischen Köchevereinigung Ascaib. „Allerdings habe ich auch schon Küchen gesehen, die eine Katastrophe sind. Hier auf Mallorca genau wie anderswo in Europa." Seiner Meinung nach hat sich gerade in Europa bei vielen Gastronomen eine Mentalität eingeschlichen, in der Hygienevorschriften eher belächelt als ernst genommen werden - und zwar nicht nur bei kleinen Bistros, sondern gerade auch in gehobenen Restaurants. „Es ist nicht gerade in Mode, vor den Kunden Handschuhe und Haarnetze zu tragen, gerade in Restaurants, die mit ihrer Qualität glänzen wollen", kritisiert er. Dabei sei ebendies Vorschrift. Gerade weil das gastronomische und hygienische Niveau in Europa hoch sei, würden sich einige Betreiber auf den Lorbeeren ausruhen und der Hygiene zu wenig Bedeutung beimessen. „Oft ist es den Inhabern peinlich, sich überhaupt mit diesen Themen zu beschäftigen, dabei wäre genau das wichtig."

Nur gelegentliche Kontrollen

Royo lobt Betriebe wie das Lila Portals, die sich auf eigene Kosten einer Selbstkontrolle unterziehen. „Alle drei Monate kommen Prüfer in unserem Auftrag vorbei und kontrollieren die Hygienestandards", so Inhaber Stefan Zaelke. Anschließend stellen sie ihm Berichte mit Verbesserungsvorschlägen und Anregungen aus. Zaelke sieht das nicht als beschämend an, sondern als Hilfe, um Sauberkeit zu garantieren und keine Angst haben zu müssen, wenn plötzlich ein Inspektor des Gesundheitsamts vor der Tür steht. Der Deutsche absolvierte die Hotelfachschule in Lausanne (Schweiz) und arbeitete dort auch mehrere Jahre in einem Catering-Service für eine große Supermarktkette. Die Kontrollen seien dort weitaus häufiger und strenger durchgeführt worden als in Spanien, so sein Eindruck. „In den vier Jahren, in denen das Lila Portals geöffnet ist, kam nur zwei Mal ein Kontrolleur vorbei, einer davon kurz nach der Eröffnung."

Dass es mehr Kontrollen braucht, findet auch Ascaib-Vorsitzender Koldo Royo. Einige Betriebe würden so gut wie gar nicht überprüft, andere dagegen auffällig oft. „Die Überwachung sollte grundsätzlich ausgeweitet werden, und es bräuchte auch mehr Inspektoren."

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Lebensmittelhygiene sind seit dem 1. Januar 2006 europaweit einheitlich geregelt und haben die nationalen Verordnungen abgelöst. Seitdem herrscht auch eine strenge Dokumentationspflicht, der die Gastronomen nachkommen müssen. Bei kleinen Unternehmen genügen Reinigungspläne, Verifizierungsnachweise oder Personalanweisungen. Je größer die Mengen der zubereiteten Lebensmittel, desto strenger die Regelungen. Das macht sich auch auf Mallorca bemerkbar: Großküchen in Hotels beispielsweise unterliegen deutlich strengeren Bestimmungen als kleinere Betriebe.

Die Chefin des Amts für Lebensmittelsicherheit auf den Balearen, Margalida Buades, führt die teils schlechten Ergebnisse auf etwas anders zurück: Viele Restaurants seien in der Hochsaison schlicht mit dem großen Kundenandrang überfordert. Im ungünstigsten Fall führe das zu Mängeln bei der Hygiene und überlasteten Kühlkammern. Außerdem verfügten die nur in den Sommermonaten beschäftigten Saisonkräfte oft nicht über die ausreichende Ausbildung im Umgang mit Lebensmitteln.

„Es ist ein Problem, wenn Gastronomen auf Teufel komm raus möglichst viel Umsatz machen wollen", findet auch Gastwirt Stefan Zaelke. An einem gut besuchten Sommertag gehen bei ihm 150 Mittagessen in den Verkauf. „Ich könnte locker noch 40 Plätze mehr auf der Terrasse schaffen. Aber dann würde die Qualität leiden, und das sollte nicht so sein."

Dem stimmt Koldo Royo zu: „Dass ein Essen den Hygienestandards entspricht, ist genau so wichtig wie der gute Geschmack." Natürlich werde man mit der Zeit nachlässig, aber dagegen müsse man halt ankämpfen. Mit ständigen und konkreten Anweisungen des Personals - am besten sogar schriftlich. „Wenn stört es, wenn die Gäste das mitbekommen? Das zeigt doch nur, dass man bemüht ist, dass alles einwandfrei abläuft."