Frank Zingelmann empfängt die MZ am grünen Eingangstor seines Grundstücks an der Playa de Palma. Genau hier hatte der Hamburger am 26. Januar feststellen müssen, dass sich Eindringlinge in seinem Haus eingenistet hatten und schwere Vorhängeschlösser ihm den Zugang zum eigenen Haus versperrten. Fast drei Monate hielten die okupas die Besetzung aufrecht, hausten in Zingelmanns Privaträumen, benutzten seine Haushaltsgegenstände, schliefen in seinen Betten. Bis der Deutsche am Sonntag (15.4.) zur Tat schritt. „Jetzt habe ich das Haus quasi zurück erobert", sagt Zingelmann und gewährt der MZ Einlass in den Hof.

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Sofort sticht der Müll ins Auge, der im fast wasserlosen Pool schwimmt, und so gar nicht in die noble Gegend und das adrett anmutende Häuschen passen will. Auch das Fenster im Obergeschoss erregt Aufmerksamkeit. Die Glasscheibe fehlt, genau wie ein Stück der Fensterbank. „Das haben sie wohl rausgetreten", so Zingelmann. Ständig hätten die Bandenmitglieder - eine Frau, ihr Sohn und drei Männer - untereinander Streit gehabt. „Die Nachbarn haben immer wieder ihre Schreie und Diskussionen gehört", sagt Zingelmann.

Mallorca als zweiter Wohnsitz

Seit 20 Jahren gehört ihm das Haus in Sometimes, er nutzte es mit seiner Familie für Wochenendtripps und längere Aufenthalte in den Schulferien, wohnt aber eigentlich in Hamburg. Vor der Besetzung hatte er kaum Kontakt zu den Nachbarn an der Playa. Doch mit den Eindringlingen kamen die Probleme, auch für die anderen Anwohner: Einbrüche, Drohungen, Diebstähle, aufgebrochene Autos - Dinge, die es in der eigentlich ruhigen Gegend so zuvor nie gegeben hatte seien an der Tagesordnung gewesen, heißt es. Bei einer großen Hausdurchsuchung im März stellte die Polizei in Zingelmanns Haus Diebesgut sicher, das zuvor wenige Häuser entfernt entwendet worden war. Der Zusammenhalt der Anwohner wuchs. „Das ist das einzige Gute an der ganzen Geschichte, dass wir jetzt alle vernetzt sind", so Zingelmann und ringt sich ein Lächeln ab.

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Er könnte froh sein, dass das Haus endlich wieder in seinen Händen ist. Dass die Besetzer fort sind, dass man zu einer friedlichen Einigung gekommen ist. Doch der Zustand, in dem er sein Haus am Sonntag vorgefunden hatte, sei alles andere als ein Grund zur Freude gewesen. „Es war ekelhaft, einfach nur widerlich", sagt er. Aufgebrochene Wände, Zigarettenkippen, Hundekot und Urin auf dem Boden, auf dem Teppich und dem Sofa, zertrümmerte Schrankwände, Bauschutt. „Und dazwischen haben sie gehaust", so Zingelmann kopfschüttelnd. „Wir konnten hier die letzten drei Tage nur mit Handschuhen arbeiten."

Ein Sofa, eine Nachttischlampe und eine Matratze ragen aus einem Container vorm Haus, auch ein Teppich mit Brandlöchern liegt darin. Dinge, die Zingelmann seit seiner Rückeroberung am Sonntag hier zur Entsorgung sammelt. „Das ist alles, was sie übrig gelassen haben. Ansonsten haben sie alles mitgenommen. Wirklich alles." Die Kühlstreben des Kühlschranks, Schlafkleidung seiner Mutter, jegliches Geschirr, persönliche Notizen, Möbel, Spielzeug seiner Kinder, Elektrogeräte, Werkzeug - alles hatten die Besetzer im Laufe der Monate aus dem Haus geschafft. „Vermutlich haben sie es verkauft. Obwohl ich mich frage, was sie mit meinen alten Unterhosen wollen", so Zingelmann. Er schätzt den Schaden auf insgesamt rund 250.000 Euro.

Angst ums Haus an der Playa de Palma

Ständig hatte der 48-Jährige in den vergangenen Wochen im Hinterkopf, was wohl gerade mit seinem Hab und Gut auf Mallorca geschieht, während er in Hamburg versuchte, mit größtmöglicher Normalität weiter zu leben. „Das war alles andere als leicht." Noch an dem selben Januar-Tag, an dem er sein Haus auf Mallorca besetzt vorgefunden hatte, war er nach Deutschland zurück gekehrt. Allerdings nicht, ohne auf Mallorca erst die Polizei eingeschaltet zu haben, und dann - als ihm die Beamten klar machten, dass sie nicht befugt seien, einzugreifen - mit seinem spanischen Anwalt zum Gericht in Palma zu fahren. Um zu belegen, dass er der rechtmäßige Eigentümer der Immobilie ist, um anzuzeigen, dass Unrecht geschieht.

Doch auch hier entmutigte man den Deutschen: Unverzügliche Hilfe könne er nicht erwarten. Denn in den spanischen Gesetzen steht das Recht auf Schutz des Eigentums dem auf würdigen Wohnraum gegenüber. Und die Justiz sei überlastet. Es könne Monate dauern, bis es zu einem richterlichen Räumungsbeschluss käme. Bis dahin sei man machtlos.

Die Prognose bewahrheitete sich. „Bis heute haben wir nichts mehr vom Gericht gehört", so Zingelmann und blickt auf die Innenseite des grünen Eingangstors. Hier hat er gleich nach der Rückbesetzung neue Schlösser angebracht. Genauso, wie es die Besetzer einst machten. „Ich bin ja jetzt praktisch selbst Besetzer, nur eben in meinem eigenen Haus."

Nachdem seine Geschichte Anfang Februar an die Öffentlichkeit drang - nach der MZ berichteten auch zahlreiche Medien in Deutschland über den Fall - habe er immer und immer wieder den Ratschlag bekommen, nicht auf die Justiz zu warten, sondern endlich selbst einzugreifen. Mit ein paar starken Männern das Haus gewaltsam zurückzuerobern. Oder eine der privaten Firmem zu engagieren, die sich in Spanien darum kümmern, Hausbesetzer auf die Straße zu setzen. „Aber das wollte ich nicht", so Zingelmann. Es war ihm nicht geheuer, Verhandlungen mit den Besetzern Fremden zu überlassen. Schließlich wolle er ja so friedlich wie möglich mit ihnen auseinander gehen, um sie ein für allemal loszuwerden. „Die Firmen sagen zwar, sie verzichten auf Gewalt und Drohungen, aber wer weiß das schon."

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Stattdessen setzte Zingelmann auf einen Bekannten. Mateo Tomeo nennt sich der kräftige Mann, der auch beim MZ-Besuch 72 Stunden nach der Rückbesetzung in seiner Nähe bleibt. Ständig habe er das Haus in den vergangenen Wochen von Außen beschattet, die Eindringlinge beobachtet, hin und wieder auch mit ihnen gesprochen und Neuigkeiten an Frank Zingelmann in Deutschland weitergeleitet. „Wir kündigten den Besetzern an, dass wir am Sonntag kommen werden und vorhaben, zu bleiben", so Mateo Tomeo. Man habe ihn, Zingelmann und auch den befreundeten Boxer Philipp Höhne freiwillig ins Haus gelassen. „Wir haben nicht gedroht." Rund eine Stunde habe das Gespräch gedauert, dann seien die Besetzer abgezogen - ins nächste besetzte Haus, nur wenige Ecken weiter. „Freiwillig und ohne Gegenwehr", bekräftigt Zingelmann. „Sie haben eingesehen, dass sie hier nicht in Ruhe gelassen werden", so Tomeo. Und auch, dass sich Zingelmann nicht erpressen lässt. „Ihnen Geld zu geben, damit sie gehen, kam für mich nie in Frage. Sonst stünden doch bald die nächsten vor der Tür."

Aus der Traum von der Immobilien auf Mallorca?

Ob sein Traum vom Haus auf Mallorca geplatzt ist? „Nein", sagt er bestimmt. „Ich würde zwar gerade niemandem raten, ein Haus in Spanien zu kaufen, bis sich die Rechtslage nicht ändert. Aber aufgeben will ich das Haus auch nicht." Stattdessen vermietet er es nun an einen Freund. „Mit einem Drei-Jahres-Mietvertrag", so Zingelmann. Die Zeit brauche er, um das Geschehen zu verarbeiten - und die Familienurlaube auf Mallorca wieder genießen zu können.