Eine Frau mit Kopftuch schiebt einen Kinderwagen durch die sonnigen Straßen von Felanitx auf Mallorca, vor einem Café sitzen Einheimische, einige Händler sperren die Gitter vor ihren Ladenlokalen auf, andere scheinen seit Jahren nicht mehr geöffnet worden zu sein. Im Aushang eines Immobilienbüros hängen Fotos attraktiver Stadthäuser - zu erstaunlich erschwinglichen Preisen. Gegenüber im eindrucksvollen alten Rathausgebäude empfängt Jaume Monserrat (El Pi) die MZ zum Interview. Der 44-Jährige ist seit Mitte Juni neuer Bürgermeister. Er löst wie vereinbart Koalitionspartner Joan Xamena (Bloc) zum letzten Jahr der Legislaturperiode ab.

Sie sind der Bürgermeister mit den wenigsten Wählerstimmen in der Geschichte von Felanitx.

Das ist eine Interpretation der oppositionellen PP. Wir bilden eine Koalition mit Bloc und PSOE, unsere Stimmen zusammengerechnet hatten die Mehrheit.

Eine Koalition aus drei Parteien - das klingt kompliziert.

Ja, es ist eine Herausforderung. Man muss verhandeln. Man lernt aber auch andere Sichtweisen kennen. Bisher klappt das gut. Meine Partei Pi ist eine regionale, die auf nationaler Ebene gar nicht existiert. Wir sind ungebunden von Parteikompromissen und Links-Rechts-Denken und können uns darauf konzentrieren, für die Interessen der Balearen und der Gemeinden einzutreten.

Ein Kollege vom „Diario de Mallorca" beschrieb Ihre Gemeinde kürzlich wie folgt: „Felanitx ist zu nah an Manacor, es ist zerrüttet von dem Bedürfnis nach Arbeit an der Küste, und es ist in Versuchung geführt von der ständigen Anziehung Palmas." Ist da etwas dran?

Ja, schon. Felanitx ist keine Stadt wie Manacor, es ist kein Küstenort, aber auch nicht nur eine Gemeinde des Inselinneren, Felanitx ist gespalten. Im Laufe der Jahre haben sich vier sehr unterschiedliche Orte im Gemeindegebiet gebildet: S'Horta, Portocolom, Cas Concos und eben Felanitx selbst. Es ist nicht dasselbe, sich um ein Kind zu kümmern oder um vier. Da muss man seine Liebe und seine Zeit aufteilen.

Warum wirkt vor allem der Ort Felanitx vernachlässigt?

Die Landwirtschaft, die hier einst wichtig war, ist es schon lange nicht mehr. Es gab eine Zeit, in der keiner mehr in Felanitx leben wollte. Früher war Portocolom im Winter fast ausgestorben, alle Leute aus Felanitx hatten ein Sommerhaus dort, aber sie kehrten im Winter immer wieder zurück nach Felanitx. Doch das änderte sich, denn an der Küste gab es mehr Arbeitsplätze. Also zogen die Menschen komplett nach Portocolom.

Andere Orte im Inselinneren scheinen weniger darunter zu leiden.

Nun ja, aus Porreres zum Beispiel ziehen die Leute entweder ganz weg, oder aber ihnen liegt die Gemeinde am Herzen, und sie bleiben, auch weil es keinen Küstenort in der Nähe gibt. Und wenn sie bleiben, dann investieren sie Herzblut und Geld, und das sieht man dem Dorf auch an. Felanitx dagegen ist in eine Abwärtsspirale geraten. Wenn jemand dort das Haus seines Großvaters erbte, war das in den vergangenen Jahren für viele eher ein Problem als eine Chance. Sie investierten nicht, renovierten nicht, die Gebäude verloren an Wert. Und das prägt das Stadtbild. Aber ich habe das Gefühl, dass bereits eine Wende eingesetzt hat, Schritt für Schritt, aber aufwärts.

Woran machen Sie das fest?

Auf dem Immobilienmarkt bewegt sich wieder etwas, gerade Deutsche kaufen hier Häuser und wollen investieren. Und das ist wichtig. Kein Rathaus kann alleine ein Zentrum beleben. Wir können zwar Anstöße geben, aber letztlich ist der Wille der Eigentümer ausschlaggebend.

Was für Anstöße geben Sie?

Es gibt zum Beispiel Subventionen für den Einzelhandel oder auch Unterstützung für die Fassadenrenovierung. Wir versuchen es den Menschen so einfach wie möglich zu machen. Außerdem pflastern wir noch in diesem Jahr mehrere Straßen im Zentrum und wollen Fußgängerzonen etablieren. Zudem haben wir einen neuen Parkplatz geschaffen und planen einen weiteren.

Einige Gemeinden leiden unter dem Urlauberandrang. Davon kann hier wohl keine Rede sein.

Nein (lacht). Wir wünschen uns Besucher für die gesamte Gemeinde. In den kommenden Jahren eröffnen hier die ersten drei Stadthotels. Und wir brauchen die Ferienvermietung. Denn sie ist ein Anreiz, um zu renovieren und zu investieren. Das kann Wunder bewirken und tut es teilweise schon.

Wie sieht ihr ideales Felanitx aus?

Wir wollen keine Stadt sein. Aber ein großes, lebendiges Dorf mit Charakter.

Da kommt gelegen, dass der renommierte Künstler Miquel Barceló die alte Weinkellerei zum Kulturzentrum machen will?

Und wie! Es ist ein spektakuläres Gebäude. Und wir sprechen von einem möglichen Miquel-Barceló-Museum! Das wäre von nationaler Bedeutung. Im Rathaus tun wir alles dafür, dass die Landesregierung am Ball bleibt. Es ist noch nichts in trockenen Tüchern, aber wir waren noch nie so nah dran.

Auch Portocolom hat seine Problemchen. Die Bürgerinitiative Salvem Portocolom ist schlecht auf das Rathaus zu sprechen, weil am Hafen eine neue Bootsrampe samt Parkplätzen entstehen soll.

Das ist ein Projekt der Hafenbehörde, wir haben keine Entscheidungsgewalt, sind nur um eine Stellungnahme gebeten worden. Natürlich muss die Umweltverträglichkeit geprüft werden. Aber die Rampe am Hafen ist alt und muss renoviert werden. Wir haben mit vielen Händlern, Anwohnern und Hoteliers dort gesprochen.

In der Gemeinde prallen viele Nationalitäten aufeinander. Reibungslos?

Es gibt keine Probleme. Hier leben viele Deutsche und Marokkaner. Die Jüngeren haben Kontakt untereinander, die Älteren lassen einander gewähren.

Aber über die Moschee in Portocolom wird viel diskutiert.

Das stimmt. Keiner stellt infrage, dass Muslime ein Gotteshaus haben sollen. Das Problem ist der Standort. Da gibt es Konflikte mit Hoteliers und noch keine Lösung.

Ihnen bleibt nur ein Jahr. Wenig, um viel zu bewegen.

Ich will mich darauf konzentrieren, alles so vorzubereiten, dass Projekte, die wir angestoßen haben, auch nach den Wahlen weiterlaufen können. Denn Felanitx braucht einen Wandel, und der braucht Kontinuität.