Sind die fetten Jahre vorbei? Nach immer neuen Rekorden im Tourismus auf der Insel tritt gerade das ein, wovor bereits im vergangenen Herbst mallorquinische Hoteliers gewarnt hatten: Die Buchungszahlen lassen nach - an manchen Orten weniger, an anderen mehr. Dass etwas nicht stimmt, merken Inselbewohner daran, dass einige Hotels bereits dazu übergegangen sind, Residentenrabatte anzubieten - undenkbar in den vergangenen Jahren, als von Juni bis September die Auslastung der Hotels bei nahezu 100 Prozent lag.

Die Angebote kommen nicht von ungefähr: Der Sprecher der Hoteliers­vereinigung von Palma, Javier Vich, prognostiziert, dass im Juli insgesamt fünf Prozent weniger Buchungen im Vergleich zum Vorjahr eintrudeln werden. „Und im August könnten es gar sechs Prozent weniger sein", befürchtet er.

Dass es kein neues Rekordjahr für die Hoteliers auf der Insel werden würde, das pfiffen die Spatzen bei den Tourismus-Messen vor Saisonbeginn schon von den Dächern. Die Vorsitzende des mallorquinischen Hoteliersverbandes (FEHM), Maria Frontera, weist bereits seit ihrem Amtsantritt im Januar darauf hin, dass die Zahlen für dieses Jahr eine Trendwende anzeigen. Frontera spricht von einer „untypischen Saison". Während es im Juni und Juli schon Einbußen gab, befürchtet der Verband für August noch deutlichere Rückgänge. Fronteras Vorgänger Gabriel Llobera unkte bereits beim World Travel Market in London im November, dass 2018 eine Million Urlauber weniger als 2017 nach Mallorca kommen könnten.

Nach den Zahlen des spanischen Statistik-Instituts (INE) wuchs die Zahl der Balearen-Besucher zwar in den ersten vier Monaten des Jahres insgesamt um 0,6 Prozent. Im April allerdings gab es einen Rückgang von 6,8 Prozent, während Januar, Februar und März Zuwächse verzeichneten. Für das Gesamtjahr rechnet Mallorcas Fremdenverkehrsverband mit Einbußen von zehn bis zwölf Prozent bei den Gästezahlen.

Rückgang in Alcúdia

AlcúdiaDie Auswirkungen des Besucherrückgangs im Frühjahr und Sommer spüren die Hoteliers inselweit, so auch in der Bucht von Alcúdia - traditionell ein Ziel von Familien in den großen Ferien. „Unsere Prognosen für Juli und August sehen einen Rückgang von bis zu 15 Prozent vorher", sagt Carmen Zierer, Geschäftsführerin des Hoteliersverbandes Alcúdia. „Schon im Juni hatten wir acht Prozent weniger Gäste." Bis Mai sei es noch recht gut gelaufen. Zum Glück seien in den vergangenen Wochen noch einige Buchungen eingetrudelt. „Vor einem Monat sah die Situation noch schlimmer aus." Wobei die Schätzungen für die Bucht von Alcúdia speziell für August und September zu denken geben: Zwischen 30 und 50 Prozent werde die Belegung zurückgehen.

Aber auch die Hoteliers an der Südwestküste klagen. So verzeichnet Peguera bislang einen Rückgang der Urlauber um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für Juli und August besteht die Hoffnung, dass sich die Situation verbessert, so Hotelierssprecher Antoni Mayol. „Ohne von einer Katastrophe sprechen zu wollen, ist die Lage dennoch besorgniserregend."

Schuld seien mehrere Faktoren, die alle mit Preiserhöhungen zu tun haben. Allein in den vergangenen drei Jahren haben etwa die Hotels in der Bucht von Alcúdia ihre Tarife um rund 25 Prozent angehoben, schätzt der Präsident des Hoteliersverbandes Alcúdia-Can Picafort, Jaume Horrach. „Viele Hotels haben im vergangenen Jahr ihre Kategorie aufgestockt und damit natürlich die Preise erhöht", sagt Zierer. „Nicht alle Urlauber machen diese Erhöhung mit." So sind die allseits bekannten Aufsteiger der Saison, die Türkei, Tunesien und Ägypten, plötzlich wieder ernst zunehmende Konkurrenten. Nach Beobachtungen der Zeitschrift „Der Spiegel" kehren die Menschen inzwischen schneller wieder an Orte zurück, an denen es Terroranschläge gegeben hat. Eine Erklärung könnte sein, dass es Anschläge inzwischen auch in Deutschland gebe.

Aufsteiger Türkei

Nach neuen Zahlen legt die Türkei bei deutschen Urlaubern um 80 Prozent zu im Vergleich zum vergangenen Jahr. Gegen die Schnäppchen vom Bosporus können die mallorquinischen Hoteliers wenig ausrichten. So preist der Reiseveranstalter FTI in der Sonntagsausgabe einer großen deutschen Zeitung eine Woche Bodrum im Fünf-Sterne-Hotel mit All-inclusive-Verpflegung und Flug inklusive ab 299 Euro pro Person an.

Neben den Preiserhöhungen der Hotels ist laut Zierer in diesem Jahr auch erstmals die Touristensteuer ein häufiger Anlass zur Klage. Vor allem Stammgäste seien es, die sich darüber ärgern, bereits ein Jahr nach Inkrafttreten der Steuer in diesem Jahr nun das Doppelte in der Hochsaison zahlen zu müssen.

Aber es sind natürlich nicht nur die Hoteliers, die den Rückgang der Urlauber spüren. Auch bei den Bars und Restaurants macht sich Ernüchterung breit. Ihr Sprecher auf den Balearen, Alfonso Robledo, beklagt: „Der Mai war katastrophal, der Juni war auch schlecht - und für den Hochsommer sieht es auch nicht besser aus." Dabei seien die Regionen auf der Insel unterschiedlich stark vom Gästerückgang betroffen. Die meisten Einbußen gab es laut Robledo in Palmanova, Pollença sowie Sa Ràpita. Stellenweise könne man von Rückgängen von bis zu 30 Prozent sprechen.

Weniger zahlende Kundschaft habe auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Robledo schätzt, dass etwa 150 Kellner weniger eingestellt werden als eigentlich vorgesehen. Die Gründe seien vielfältig. Zum einen habe es im Mai an jedem Wochenende geregnet, zum anderen sei die Regulierung der Ferienvermietung mit stärkeren Kontrollen des illegalen Angebots gerade für seine Branche problematisch, so Robledo. „Das waren die Urlauber, die zu uns in die Restaurants gekommen sind." Diese Beobachtung teilen Bar­besitzer vor allem auch im Südwesten der Insel. Santa Ponça spürt demnach einen deutlichen Gästeschwund.

Doch was hilft, auch im Hinblick auf die kommenden Jahre? „Wir können nicht einfach die Preise runterschrauben, sondern müssen versuchen, unseren Markt zu erweitern", sagt Carmen Zierer. So setzen die Hoteliers im Norden der Insel große Hoffnungen in die neue Fähre zwischen dem französischen Toulon und Alcúdia. „Auch der russische und ukrainische Markt könnten in den kommenden Jahren wieder besser laufen."

Sollte das nicht klappen, dürften die Reiseveranstalter nervös werden. Bisher seien die Konzerne ruhig, sagt Zierer, „diese Saison wird mal abgewartet". Aber ein weiteres schlechtes Jahr dürften viele Veranstalter nicht so einfach wegstecken.