Überquellende Kläranlagen, Stinkewasser im Meer, tagelang gesperrte Badestrände mitten in der Hochsaison und jetzt ein geschlossener Golfplatz: Selten war die Überlastung der Inselklärwerke so sicht- und riechbar wie in diesen Tagen. Auf Mallorca ist - den Ausdruck möge der Leser an dieser Stelle verzeihen - der Schiet am Dampfen. Und der, so scheint es, landet nun in mehrfacher Hinsicht vor Gericht.

Golf de Andratx, der von Deutschen geführte Golfclub in Camp de Mar, entschied sich aus Protest gegen die schlechte Qualität des von der örtlichen Kläranlage gelieferten Wassers für eine drastische Maßnahme. Zwei Wochen lang will der Club die Tore schließen, die Mitglieder an andere Golfclubs verweisen und ihnen dafür die Platzgebühren erstatten. „Den Schaden, der uns entsteht, werden wir von den Behörden zurückfordern", erklärt Dirk Dünkler, Chef der Anlage, gegenüber der Mallorca Zeitung. Man habe außerdem zusätzliches Personal angestellt, um die Grünanlagen wieder in Ordnung zu bringen, die unter dem Dreckwasser gelitten hätten.

Mit der Maßnahme will das Unternehmen - das in der Vergangenheit beschuldigt wurde, illegal Grundwasser für die Bewässerung zu nutzen - auch auf einen wenig bekannten Umstand aufmerksam machen: „Die Golfplätze sind verpflichtet, zur Bewässerung Brauchwasser zu benutzen. Wir investieren viele hunderttausend Euro für eigene

Wasseraufbereitungsanlagen und leisten damit einen großen Beitrag zur Reinigung des Brauchwassers auf Mallorca", so Dünkler. Man habe Abnahmeverträge mit der Kläranlage in Andratx, in der die Wasserqualität durch Grenzwerte schriftlich festgelegt ist. „Diese Qualität wird zurzeit nicht eingehalten."

Sowohl im Rathaus Andratx als auch in dem für die Kläranlagen verantwortlichen balearischen Umweltministerium bestätigt man die schlechte Wasserqualität. „Die Anlage in Andratx wird zurzeit erweitert und ist vorübergehend nicht funktionsfähig", erklärt Juana Maria Garau, die im Ministerium für den Bereich Wasser verantwortlich ist. Eine Baumaßnahme, die ursprünglich zwei Wochen dauern sollte, habe sich verzögert. Darunter hätten die Bakterienkulturen der biologischen Klärstufe gelitten. „Etwa Mitte der kommenden Woche müsste alles wieder funktionieren", verspricht Garau auf Anfrage der MZ.

Golf de Andratx ist mit 1.600 Kubikmetern pro Tag der einzige Abnehmer des Klärwerkwassers. Wenn die Kläranlage nicht im Einsatz ist, kommt das Brauchwasser - samt Fäkalien und allem, was dazugehört - ungereinigt auf dem Golfplatz an. Die Anlage mit einer Höchstleistung von 4.000 Kubikmetern pro Tag leitet das nicht vom Golfplatz abgenommene Wasser über einen Sturzbach bei Andratx ins Meer. „Sollte der Golfplatz das Wasser nicht mehr abnehmen, läuft es ins Meer", erklärt ein Sprecher im Rathaus. Bürgermeisterin Katia Rouarch will das verhindern und traf sich am Donnerstag (16.8.) in einer Krisensitzung mit allen Beteiligten.

ANZEIGE WEGEN ABWÄSSERN IN PALMA

Aber nicht nur in Andratx läuft die Brühe ins Meer. Da die Rückstaubecken der Kläranlagen in Palma nicht ausreichen, vermischt sich bei jedem größeren Schauer das Regenwasser mit dem Abwasser aus Toiletten, Waschbecken und Duschen. Die Becken quellen über, manchmal brechen auch die seit Jahrzehnten nicht gewarteten Rohre, und die Fäkalien gelangen in die Bucht von Palma. Die Stadtwerke nehmen kontinuierlich Wasserproben. Sobald die Kolibakterien den Grenzwert übersteigen, werden die Strände geschlossen. Vergangene Woche wehte deshalb in Can Pere Antoni von Donnerstagabend (16.8.) bis Montagmorgen (20.8.) die Rote Fahne, die bei den wütenden Urlaubern längst „braune Fahne" heißt.

Der Anwalt - und frühere Vorsitzende des balearischen Seglerverbands - Santiago Fiol erstattete Anzeige gegen unbekannt. Die Abwässer schädigten die Umwelt an der Küste. Die Justiz solle ermitteln und feststellen, wer für den Missstand verantwortlich sei. Man könne nicht immer auf die Yachtbesitzer schimpfen, weil sie angeblich durch ihre Anker das Seegras beschädigen, und gleichzeitig Gift ins Meer leiten. Der Sprecher der oppositionellen Volkspartei, Biel Company, forderte den Rücktritt der Chefin der Stadtwerke. Wer drei Jahre im Amt sei, könne sich nicht mehr mit der Untätigkeit der Vorgänger herausreden.