Jaime Far, der zu Jahresbeginn vom Balearen-Parlament zum ersten Leiter des Antikorruptions-Büros berufen wurde, sitzt in einem kleinen Büro im dritten Stock des Parlamentsgebäudes. Mit einem Jahresbudget von zunächst 500.000 Euro und einem Mitarbeiterstab von 18 Personen soll der ausgebildete Finanzinspektor, der zuletzt die Außenstelle des Fiskus in Calvià leitete, den Kampf gegen Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft in der öffentlichen Verwaltung der Inseln aufnehmen.

Lässt man sich von der Zentrale des Balearen-Parlaments zur Anti-Korruptionsbehörde durchstellen, sind direkt Sie in der Leitung. Das heißt, Sie haben auch acht Monate nach dem Start immer noch kein Personal?

Leider nein, es gibt ja auch noch keine Geschäftsstelle. Ich habe mich in den vergangenen Monaten in der öffentlichen Verwaltung nach Räumlichkeiten umgesehen, aber niemand konnte mir die nötigen 200 bis 300 Quadratmeter zur Verfügung stellen.

Will niemand die Leute der Korruptionsbekämpfung im Haus haben?

Man wird sich an sie gewöhnen müssen und sehen, dass diese Einrichtung kein Monster ist.

Konnten Sie unter diesen Bedingungen Ihre Arbeit überhaupt schon aufnehmen?

Ja, die ersten Fälle sind hereingekommen. Sowohl Bürger als auch Parteienvertreter haben sich an mich gewandt - wobei sich noch zeigen muss, ob es sich um Korruption handelt.

Die Balearen haben eine Welle politischer Korruption ohnegleichen im Zuge der Ära Matas (2003-2007) und der Regentschaft von Inselratspräsidentin Maria Antònia Munar erlebt. Die Wogen haben sich geglättet. Kommen Sie zu spät?

Ja. Man könnte auch sagen, die Institutionen waren bislang nicht vorbereitet oder hatten kein Interesse, gegen die Korruption vorzugehen. Was wir über sie wissen, verdanken wir der Justiz - die Machenschaften wurden erst entdeckt, als auch Delikte begangen wurden. Dabei gibt es jede Menge Vetternwirtschaft - wir nennen es schlechte Praktiken -, die wir viel früher entdecken könnten.

Oder die erst gar nicht begangen werden, weil es jetzt Ihr Büro gibt.

Die Existenz von Kontrollmechanismen dürfte die Verlockung mindern. Das ist wie bei den Radarfallen im Straßenverkehr. Wer aber betrügen will, findet Mittel und Wege.

Wie erklären Sie sich den Rückgang? Sind Mallorcas Politiker ehrlicher, geschickter, oder fehlen lukrative Gelegenheiten?

Geld für Korruption gibt es weiter ausreichend, der Haushalt ist nicht kleiner als früher. Ich denke, der wesentliche Punkt ist, dass sich einige Politiker für unantastbar hielten.

Inzwischen sind Vermögenserklärungen der Amtsträger vorgeschrieben.

Sie sollen Hinweise geben, ob sich jemand unzulässig bereichert haben könnte. Die Erklärungen verarbeiten wir wie Steuererklärungen telematisch, ein Teil dieser Informationen wird veröffentlicht. Neben einem Ermittlungsteam wird es auch Abteilungen für Informatik, Rechtsberatung und Prävention geben.

Sie haben kritisiert, dass Bürger zwar auf korrupte Politiker schimpfen, es aber selbst mit der Steuererklärung nicht so ernst nehmen. Inwieweit kann man das vergleichen?

Ich glaube, die Fähigkeit zum Betrug ist Teil der menschlichen Natur. Wer davon ausgeht, dass er nicht erwischt wird, neigt leider oft zum Betrügen. Die spanische Steuerbehörde weist jedes Jahr Milliarden-Einnahmen im Kampf gegen den Steuerbetrug aus. Die Politiker stehlen glaube ich nicht so viel.

Sie müssten in den Schulen ansetzen...

Es gibt bereits ein Programm des Finanzamts in den Schulen. Mein Ziel ist ein Kooperationsabkommen, um im Unterricht auch über Korruption zu sprechen. Daneben planen wir einen Verhaltenskodex für Untenehmen, die besonders eng mit der öffentlichen Verwaltung zusammenarbeiten, etwa im Bausektor. Ähnliches haben wir auch mit den Rathäusern vor.

Jede Art von politischer Korruption fällt in Ihre Zuständigkeit?

Mit Ausnahme der Verwaltung der Zentralregierung. Bürger beschweren sich mitunter, dass die Staatsanwaltschaft nicht aktiv wird. Aber wenn es kein Delikt gibt, kann sie nichts tun. Hier springen wir in die Bresche. Wir werden nicht erst tätig, wenn eine Anzeige vorliegt. Hinweise prüfen wir auf ihre Plausibilität. Und wenn sich ein Delikt abzeichnet, geben wir den Fall an die Justiz weiter.

Und sonst sind Ihnen die Hände gebunden?

Dann bleiben uns Empfehlungen. Behörden haben zwei Monate für eine Stellungnahme. Zudem können wir die Fälle in unserem Jahresbericht veröffentlichen. Es gibt mehr Antworten auf die Korruption als nur Haftstrafen.

Hätten Sie die Stückelung der Aufträge an den Ex-Wahlkampfmanger der Regionalpartei Més bemerkt, wofür Transparenzministerin Ruth Mateu zurücktreten musste?

Hoffentlich. So etwas ist sehr knifflig, deswegen passierte der Fall auch die konventionellen Kontrollfilter. Wir wollen anders vorgehen und die Fälle vom Ende her denken, schauen, wo große Beträge gelandet sind, und die Vorgänge rekonstruieren.

Ein aktueller Fall: Aktivisten kritisieren das Bieterkonsortium, das den Auftrag zum Ausbau der Landstraße Campos

Das müssen wir tun und feststellen, ob es mehr als einen Verdacht gibt und die Firma bereits wegen Korruptionsdelikten verurteilt wurde. In einem solchen Fall darf eine Firma keinen öffentlichen Auftrag erhalten.

Sie sind für eine Amtszeit von fünf Jahren ernannt. 2019 stehen Wahlen an. Könnte das Büro wieder geschlossen werden?

Das ist gesetzlich möglich. Man könnte uns auch den Geldhahn zudrehen. Aber das würde keinen guten Eindruck machen. Viele Regionen Spaniens sowie auch Deutschland haben vergleichbare Einrichtungen, die Bestand haben.