War die Sturzflut auf Mallorca am Dienstag (9.10.), die wahrscheinlich mindestens 13 Menschen das Leben gekostet hat, vorhersehbar oder hätten die Experten der staatlichen Wetterbehörde Aemet früher vor den gravierenden Regenfällen warnen müssen? Schließlich wurde die für derartige Regenfälle vorgesehene Warnstufe Rot erst rund drei Stunden nach den Überschwemmungen in Sant Llorenç aktiviert. Klar ist: Aemet hat die Menge der Niederschläge massiv unterschätzt, die Warnstufe Gelb wurde erst in dem Moment, in dem der Sturzbach in Sant Llorenç schon über die Ufer trat, auf Orange geändert.

Wissenschaftler nehmen die Wetterexperten zwar in Schutz, so sagt etwa Geographie-Professor Celso García von der UIB, dass sich das Wasser in rasendem Tempo in den Bergen der Serra de Calicant nördlich von Sant Llorenç gesammelt hat und dann in vollem Tempo den Sturzbach hinunterraste.

Gegen 20.13 Uhr registrierte man bei Aemet bereits Niederschläge, die an manchen Orten die 100 Liter pro Quadratmeter überstiegen. Die Wetterbehörde kontaktierte daraufhin den Zivilschutz und die Meeresrettung, um über die Situation zu informieren. Zu dieser Zeit tauchten in den sozialen Netzwerken bereits erste Fotos und Videos der Überschwemmungen auf. Sturzfluten, mitgerissene Autos - all das war zu dieser Zeit bereits sichtbar.

Erst um 22.01 Uhr entschloss sich Aemet dazu, die Warnstufe auf Rot zu setzen. Zu dieser Zeit hatte es in Sant Llorenç und Colònia de Sant Pere bereits mehr als 200 Liter auf den Quadratmeter geregnet. Dennoch sagt Celso García: "Es ist unglaublich schwierig, einen solche Wetterverschlechterung vorherzusagen, weil sie wie aus dem Nichts und rasend schnell kam." Man müsse mit diesem Risiko leben, zumal Sant Llorenç bereits seit 2002 als überschwemmungsgefährdetes Gebiet galt.

Ein Problem bei der Vorhersage war, dass Aemet in Sant Llorenç nicht über eine eigene Wetterstation verfügt. Die Meldungen geschehen, wie in den meisten Dörfern auf der Insel, durch freiwillige Wettermelder, die einen kleinen Obulus für ihre Arbeit erhalten. Die Balearen-Chefin von Aemet, María José Guerrero, räumte zwar ein, dass durchaus einiges schiefgegangen sei am Dienstag, Aber allein wolle sie die Schuld an der Katastrophe nicht auf sich nehmen. "Viele Stellen hätten es besser machen können." Und im Endeffekt wären die über 200 Liter auf den Quadratmeter auch gefallen, wenn sie davor gewarnt hätte. Ein schwacher Trost für die Angehörigen der Opfer. /jk