Die Lettern, die auf den Bannern an den Geländern der Zementfabrik in Lloseta prangen, sind nicht zu übersehen. „Mallorca braucht Industrie" und „250 Familien ohne Arbeit" ist dort zu lesen. Sie zeugen vom Frust der Arbeiter über die vom mexikanischen Konzern Cemex vergangene Woche angekündigte Schließung des Standorts (MZ berichtete). Ansonsten ist es am Mittwochmorgen (24.10.) still um das große Werksgelände.

Anders in der Bar „Altura Lloseta" am Ortseingang. Von hier aus kann man die großen Fabrikbauten in der Ferne sehen. „33 Jahre habe ich bei Cemex gearbeitet, bin erst vor Kurzem in Rente gegangen. Es ist traurig, dass meine ehemaligen Kollegen bald auf der Straße stehen", sagt Lorenzo Giménez, der sein Frühstück genießt. Viele andere Gäste stimmen ihm zu. „Mein Nachbar arbeitet bei Cemex, er ist Mitte 50, selbst wenn er eine gute Abfindung bekommt - eine neue Arbeit wird er nicht finden", sagt José Antonio Carrasco. Zwei Handwerker wiegen abwägend den Kopf. „Es ist kompliziert. Wo Zement hergestellt wird, da wird auch die Umwelt beeinträchtigt", sagt einer. „Der Steinbruch hinten in Richtung Alaró hat schon den halben Berg gefressen." Aber immerhin stören die Emissionen der Fabrik nicht mehr, wirft der andere ein. Er weiß aus Erzählungen seiner Eltern, dass damals, beim Bau der Fabrik 1958, viele Anwohner dagegen demonstriert haben. „Bis vor wenige Jahrenr waren Häuser und Straßen im Ort stets mit einer weißem Staub bedeckt", erinnert er sich. Seit der Konzern 2008 rund 15,5 Millionen Euro in neue Filter investierte, sei das aber vorbei. „Cemex beeinflusst das Dorfleben nicht mehr negativ", findet er.

104 Arbeiter sind von der Schließung des Standorts betroffen, etwa 15 stammen aus Lloseta selbst. Ihre Zukunft ist ungewiss. Hinzu kommen rund 350 weitere Arbeitsplätze von Zulieferern, die indirekt durch die Schließung in Gefahr geräten. Als Grund für das Aus gab Cemex neben geringen Gewinnen strenge EU-Vorgaben an, die ab 2020 den Kohlendioxidausstoß regeln. In einem offenen Brief betonten die Arbeiter am Dienstag (23.10.) die Wirtschaftlichkeit des Betriebs: Der Standort Lloseta habe dieses Jahr 3 Millionen Euro Gewinn eingebracht. Zwar hatte man ursprünglich das Doppelte erwartet, von Verlusten zu sprechen sei dennoch falsch. „Die Fabrik ist rentabel und effizient, eine Schließung nicht zu rechtfertigen", so die Arbeiter.

Sie wollen nicht kampflos aufgeben, so viel ist klar. Seit Sonntag (21.10.) ist der Ofen aus, die Arbeiter stoppten nach einer Versammlung in einer Protestaktion die Befeuerung der Megaanlage. Nicht ohne zuvor sichergestellt zu haben, dass keinerlei Infrastruktur oder Maschinerie Schaden nimmt, heißt es im offenen Brief der Angestellten. „Andernfalls hätten wir sofort aufgehört zu arbeiten, als wir von der Schließung erfuhren." Es gehe nicht darum, Cemex zu retten, sondern die Zukunft des Standorts. „Die Besitzer haben mit den Jahren gewechselt, aber die Arbeiter waren stets die gleichen - Leute von hier", so die Arbeiter.

Die balearische Landesregierung sieht das ähnlich. Am Montag (22.10.) sprach sich der balearische Industrie- und Arbeitsminister Iago Negueruela bei einem Treffen mit Vertretern der Arbeiter und des Konzerns klar für einen Erhalt des Standorts aus - zum Unmut von Umweltschützern des Gob. Man wolle „alles möglich machen", um die Arbeitsplätze in Lloseta zu sichern, so Negueruela. Nicht zuletzt, weil Cemex einer der wenigen Betriebe im schwach ausgeprägten Industriesektor der Balearen ist, wie auch Unternehmerverband Pimem betont.

Das zentralspanische Industrieministerium will sich ebenfalls des Themas annehmen: Wie am Dienstag (23.10.) bekannt wurde, plant Ministerin Reyes Maroto ein Treffen mit Inselpolitikern und Cemex-Verantwortlichen in Madrid. Kurz zuvor hatte die angekündigte Schließung im Balearen-Parlament für hitzige Diskussionen gesorgt. „Warum hat die Landesregierung nicht früher gehandelt und mischt sich erst ein, wenn die Entscheidung des Konzerns bereits feststeht", so die Kritik der PP-Fraktion. Schließlich gingen einem solchen Entschluss stets Vorboten voraus.

Auch Dorfbewohner José Antonio Carrasco befürchtet, dass eine Schließung nicht mehr abzuwähren ist. „Letztlich träfe sie den ganzen Ort, allein durch den Wegfall der Gewerbesteuer für die Gemeinde." Er hofft nur eins: „Wenn sie den Standort wirklich dicht machen, dann sollen sie wenigstens die hässlichen Öfen ordnungsgemäß abreißen."