Zwei Gärtner pflegen die kleinen Orangenbäume, die die Plaça dels Creus i Font i Roig vor dem Rathausgebäude in Manacor im Osten von Mallorca zieren. Ansonsten sind die Arbeiten abgeschlossen, und der Platz kann sich sehen lassen mit seinem neuen, rutschsicheren Kopfsteinpflaster und den barrierefreien Flanierstreifen. „Jetzt kann man ihn wenigstens einen Rathausplatz nennen. Vorher sind hier die Autos entlanggebrettert, es war eine breite Straße", sagt Isabel Febrer. Die Baudezernentin von Mallorcas zweitgrößter Stadt hat von ihrem Büro im zweiten Stock aus einen guten Ausblick auf die Plaça. „Früher herrschte in allen Gassen des Zentrums Chaos, weil die Pkw kreuz und quer fuhren. Das hat sich jetzt geändert."

Insgesamt mehr als 750.000 Euro hat die Gemeinde in den vergangenen Monaten investiert, um die wichtigsten Straßen und Plätze der Innenstadt zu verschönern. Neue Abwasserleitungen, neue Straßenbeläge, weniger Stolperfallen. „Wir wollen die Menschen daran gewöhnen, das Auto zu Hause zu lassen und zu Fuß zu gehen", sagt Febrer. „Die Distanzen in Manacor sind nicht groß." Nur Anwohner und Lieferwagen dürfen noch im Zentrum verkehren. „Es gibt ein paar Monate Eingewöhnungszeit, danach werden wir Kameras installieren, die die Kennzeichen aufnehmen", sagt Febrer. An die Halter würden Bußgeldbescheide verschickt. Das Ziel ist klar: Manacor soll nicht nur nachhaltiger werden, sondern auch attraktiver für Touristen oder einkaufswillige Residenten aus anderen Gemeinden. „Vor ein paar Jahrzehnten war es unvorstellbar, dass Menschen zum Shopping nach Manacor kommen. Heute ziehen wir so einige an." Und viele Passanten schätzten gerade, dass es nicht so wuselig zugehe wie in Palma.

Tatsächlich: Selbst am Samstag nach dem Black Friday, als sich die MZ-Reporterin trotz ihrer Abneigung für den Hype um das Rabatt-Spektakel zum Einkaufsbummel in Manacors Innenstadt wagt, wimmelt es zwar überall von Angeboten, und sowohl die zahlreichen kleinen Boutiquen als auch die großen Ketten, die sich in den vergangenen 15 Jahren rund ums Zentrum niedergelassen haben, scheinen sich extra für die Schnäppchenjäger herausgeputzt zu haben. Von überfüllten Parkhäusern oder drängelnden Menschenmassen ist aber nichts zu sehen. Stressfreies Einkaufen in der Vorweihnachtszeit - in Manacor ist das möglich.

„Wir sind ein großes Dorf. Die einzige Stadt auf Mallorca ist Palma", sagt Febrer. Das ist so typisch für Manacor: Trotz der gut 40.000 Einwohner gibt man sich bescheiden. Und überhaupt ticken die Uhren hier anders als in den Küstenorten. „Im Winter kommen mehr Kunden als im Sommer", berichtet Maria, die mallorquinische Backspezialitäten in der Pastisseria Florit verkauft. „Deshalb ist es ärgerlich, dass die Bauarbeiten an manchen Stellen in der Vorweihnachtszeit noch nicht abgeschlossen sind", sagt sie und deutet nach draußen. Vor der Bäckerei knattern die Presslufthammer - der Carrer d'en Joan Lliteres ist einer der letzten, an denen der Straßenbelag noch fehlt. „Natürlich ist es gut, dass alles neu gemacht wird, das ist auch nötig. Aber warum gerade jetzt", klagt Maria. Eine Kundin winkt ab. „Wir kommen doch trotzdem. Wir manacorins lassen uns von dem bisschen Lärm nicht abschrecken, und die anderen Straßen sind doch auch schon fertig", beschwichtigt sie.

„Manacor mausert sich, es verliert sein Schmuddel-Image", berichtet Elena Martínez wenige Straßen weiter in einem Bekleidungsgeschäft. Die Kunden kämen vermehrt zum Shopping nach Manacor, wenn sie den Großstadtstress oder die lange Anfahrt nach Palma vermeiden wollten. „Da ist es nur angemessen, dass das Rathaus sich kümmert und das Zentrum aufhübscht."

Wenige Gehminuten entfernt in östlicher Richtung bietet sich ein anderes Bild. Rund um den Carrer dels Gerrers sind kaum Passanten anzutreffen. Hier stehen Ladenlokale leer, teilweise sind Eingänge zugemauert. An den Wänden weisen alte Schriftzüge auf ehemalige Gewerbe hin, die es längst nicht mehr gibt. Das Stadtviertel s'Antigor sei einst ein barrio der Mittelklasse gewesen, erzählt eine Anwohnerin am Anfang der Straße. Die Fassade ihres Stadthäuschens ist in gutem Zustand - ganz im Gegensatz zum Gebäude gegenüber. Den hölzernen Fensterläden fehlen Sprossen und Lack, der bröckelnde Putz macht den Blick frei auf feuchten Stein. Heute, so die Rentnerin, verkomme vieles in der Gegend. „Es lebt sich gut, so nah am Zentrum. Aber viele Anwohner kümmern sich nicht um ihre Häuser."

Im Rathaus ist man sich des Problems bewusst. 1,15 Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren fließen, um das Viertel, das jeder durchqueren muss, der vom Busbahnhof in Richtung Innenstadt läuft, auf Vordermann zu bringen. Einen Großteil der Kosten will die zentralspanische Regierung übernehmen. Anwohner sollen bei Fassadenerneuerungen bis zu 60 Prozent der Kosten erstattet bekommen. „Die Frage ist, ob sie denn auch wirklich bereit sind, zu investieren", so Baudezernentin Isabel Febrer. „Wir können schließlich nur Anstöße geben."