Die Kampagne ist ungewöhnlich, das muss man den Machern des Reiseveranstalters Schauinsland lassen. „Mallorca freut sich auf dich" - eine neue Werbebotschaft, die den potenziellen Urlaubern in Deutschland bewusst machen soll, dass trotz Debatten über Tourismusphobie und Overtourism die Insel weiterhin nach den Urlaubern aus Mitteleuropa lechze. Die Kampagne ist wenige Tage vor Heiligabend angelaufen und wird in deutschen TV-Sendern, Radios, an Plakatwänden und in Bahnhöfen unter die Leute gebracht.

Dahinter steckt Andreas Rüttgers, Leiter Touristik des Reiseveranstalters Schauinsland Reisen in Duisburg. „Auch ich hätte vor drei Jahren nicht gedacht, dass man einmal auf Mallorca eine Kampagne machen muss, dass man sich hier auf Gäste freut", sagt er der MZ am Telefon: „Das fühlt sich irgendwie komisch an." Aber es sei eben nötig geworden nach der vergangenen Saison, in der in deutschen Medien die Touristensteuer und die - vereinzelten oder humoristischen - Demonstrationen gegen den Massentourismus beständig wiedergekäut wurden. „Das vergangene Jahr war in dieser Hinsicht tatsächlich ziemlich nervtötend, weil die Nachrichten von Mallorca in den deutschen Medien nur aus diesen beiden Themen bestanden", so Rüttgers.

Das Gefühl, auf Mallorca nicht mehr willkommen zu sein, habe sich bei vielen Deutschen festgesetzt. Und dagegen musste etwas getan werden. „Zumal sich das Problem des Overtourism ja nur auf ganz wenige Bereiche wie etwa die Altstadt von Palma bezieht. Und dort haben die Einheimischen dieses Gefühl vor allem aufgrund der Kreuzfahrttouristen, die in die Stadt einfallen." Darüber hinaus sei die Stadt für viele Europäer als Wohnort sehr attraktiv geworden, was die Preise auf dem Immobilienmarkt in die Höhe getrieben habe.

In der Hoteliersbranche pflichtet man ihm bei. „Man kann ja durchaus den Ärger mancher Einheimischer verstehen, ich bin ja selbst einer", meint Rafel Berga, Vertriebsleiter von BQ Hoteles. „Wenn sich Insulaner keine Wohnung mehr in Palma leisten können, weil sie 1.200 Euro Miete zahlen sollen, dann ist das ärgerlich. Aber es ist nicht die Schuld der Urlauber." Der Mallorquiner ist seit 25 Jahren mit einer Deutschen verheiratet. Auch deshalb sei er sofort mit dabei gewesen, als von Schauinsland der Vorschlag der Kampagne kam. Obwohl Berga glaubt, dass sich in Deutschland das Bild des überlaufenen Mallorca noch nicht allgemein verbreitet hat. „Außerdem muss man ja auch sagen, dass 99,9 Prozent der Mallorquiner durchaus einzuordnen wissen, woher sie ihre Lebensgrundlage beziehen." Dass er damit den Tourismus meint, muss Berga natürlich nicht dazusagen.

Marga Ramis dagegen, Sprecherin der Umweltorganisation Gob, schüttelt über die Kampagne den Kopf. „Mir scheint sie völlig übertrieben. Man kann nun wirklich nicht von Tourismusphobie auf Mallorca sprechen." Es müsse doch in einer reifen Gesellschaft möglich sein, auch über negative Aspekte einer Branche zu sprechen, ohne gleich das gesamte Konzept in Frage zu stellen. „Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht auch dem Tourismus Limits setzen sollte."

Gerade jetzt komme das Motto „Mallorca freut sich auf dich" zur rechten Zeit, findet Berga, schließlich seien die Konkurrenzdestinationen der Insel wie Ägypten, Tunesien oder die Türkei wieder erstarkt. Und gerade die Zahl der deutschen Urlauber auf Mallorca dürfte im neuen Jahr hinter den Werten der vergangenen zwei Jahre zurückbleiben. Berga bestätigt eine Abwärtsbewegung bei den Buchungen. „Nicht nur bei uns, quer durch die Branche." Andreas Rüttgers rechnet für 2019 mit einem Rückgang bei den deutschen Urlaubern gar von rund 20 Prozent im Vergleich zu 2018. „Und auch da waren die Zahlen im Vergleich zum Rekordjahr 2017 schon spürbar zurückgegangen. Vor allem, wenn wir uns die Hotelauslastung anschauen."

Die Fachzeitschrift „fvw" hatte bereits im Oktober Alarm geschlagen. Nach den Zahlen des Tourismus-Magazins waren die Mallorca-Buchungen für 2019 im Oktober um 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat abgestürzt. Auch der November sah mit minus 29 Prozent nicht viel besser aus. Zwar erfolgt ein Großteil der Buchungen für den Sommerurlaub für gewöhnlich erst nach Weihnachten. Doch eine Tendenz sei für das kommende Jahr durchaus abzulesen, gibt man beim DRV zu bedenken, dem Deutschen Reiseverband.

An dieser Entwicklung sind laut Rüttgers aber nicht nur die urlauberfeindlichen Töne in den Medien schuld. Einen Teil der Einbußen macht er an den gestiegenen Hotelpreisen auf Mallorca fest. „Die Hoteliers auf der Insel sind bis an und zum Teil über die Schmerzgrenze dessen gegangen, was viele Urlauber, und vor allem Familien, bezahlen können." Bei der Preisgestaltung seien viele Hotels in Griechenland behutsamer vorgegangen, weshalb nun scharenweise Stammgäste aus Mallorca dorthin abwandern.

Schauinsland könnte das eigentlich egal sein ­- der Reiseveranstalter verdient schließlich hier und dort sein Geld. Schlecht sei es für die mallorquinische Wirtschaft, so Rüttgers. „Deshalb gibt es die Kampagne."