Als Sprecherin der Bürgerinitiative „Al Molinar, Port Petit" kämpfte sie gegen den geplanten Ausbau des Hafens in dem beliebten Viertel östlich des Zentrums von Palma de Mallorca - und hatte Erfolg. Jetzt führt Toñi Fernández die Anwohnervereinigung „Salvem el Molinar" an, die sich für den Erhalt des Viertels einsetzt. Die MZ trifft sie in der Bar Molinar - dem letzten typisch mallorquinischen Familienbetrieb an der Meerespromenade.

Sie haben es geschafft, das Hafenprojekt abzuwenden. Worum geht es Ihnen jetzt?

Vor allem das Vorhaben, jenseits des Carrer Llucmajor die Urbanisation Son Bordoy zu errichten, sehen wir als großes Problem. Es sollen 750 Wohnungen entstehen. Wenn man das mal drei Bewohner rechnet, wäre das ein Bevölkerungszuwachs von 2.250 Menschen - viel zu viel für das Viertel und seine Infrastruktur. So viele Autos kann der neue Kreisverkehr gar nicht fassen.

150 dieser Wohnungen sind als Sozialwohnungen geplant. In weiteren 350 sollen die Mieten gedeckelt werden. Ist das nicht in Ihrem Sinne?

Aber der Rest sollen Luxuswohnungen werden. Wenn tatsächlich aus sozialen Erwägungen heraus gebaut würde, könnte man bis zu einem gewissen Punkt ein Bevölkerungswachstum verkraften. Aber das ist nicht der Fall. Es sind einfach zu viele Menschen. Für den Baustart fehlt noch eine endgültige Zusage von der Balearen-Regierung und momentan ist Stillstand. Vielleicht bis zu den Wahlen, und wer weiß, was dann kommt.

Pedro Martínez, ein Mitstreiter von Fernández, stößt hinzu. Er winkt dem alten Wirt zu, und dieser beginnt zu erzählen: 95 Prozent seiner Einnahmen generiere er durch Spanier und Mallorquiner, die Auswärtigen gingen lieber in die Designer-Bars nebenan. „Angebote, das Lokal zu verkaufen, kriege ich ständig. Aber nix da. Das bleibt in der Familie, ob es ihnen gefällt oder nicht", wettert der Gastronom.

Die Häuser hier in erster Reihe sind sehr begehrt.

Martínez: Oh ja. Vor allem bei Skandinaviern und Mitteleuropäern. Sie bieten 1,5 Millionen Euro für ein Haus hier, nur um es dann abzureißen und komplett neu zu bauen. Das Haus dort vorne zum Beispiel gehört dem Besitzer der Lindt-Schokolade. Er hat drei Parzellen gekauft, sie vereint und ein Haus errichtet, wo vorher drei standen. Er gestaltete es nach seinem Geschmack, ganz legal, aber ohne die Ästhetik und den lokalen Stil zu respektieren. Er kommt vielleicht zwei Wochen im Jahr hierher. Die restliche Zeit ist das Haus verriegelt. Andere kaufen, bauen um und vermieten dann an Urlauber. Und wieder andere ziehen ganz hierher. Aber zumindest in erster Meereslinie gibt es mehr geschlossene Häuser von Ausländern als dauerhaft bewohnte.

Fernández: Die Skandinavier bieten auf Teufel komm raus, nicht nur in erster Meereslinie, auch weiter hinten. Eine Frau wollte ihr Haus nicht verkaufen. Sie boten ihr mehr und mehr, und letztlich knickte sie doch ein. Aber dadurch wird das ganze Viertel teurer. Die Immobilienpreise, die Mieten, die Abgaben, die Lokale und Läden. Und außerdem verliert Molinar seinen Charme, das Typische, das doch eigentlich alle so schätzen. Deswegen fordern wir spezielle Vorschriften, damit die Fassaden nicht grundlegend verändert werden dürfen. In vielen Dörfern gibt es so etwas. Und auch eine Deckelung der Verkaufspreise sowie eine Regelung, die es verbietet, Wohnraum in Verkaufsfläche zu verwandeln. Denn oft geht es hier nur um Spekulation. Aber sie spekulieren nicht nur mit den Häusern und dem Viertel, sondern mit unserem Leben. Denn unser Leben ist hier.

Tut das Geld dem Viertel nicht auch gut?

Fernández: Na ja. Früher, vor 50 Jahren, war das Viertel drittklassig, sehr heruntergekommen. Es gab Fabriken, die Abwässer liefen ins Meer. Doch als ich vor 28 Jahren hierher zog, ging es schon bergauf. Natürlich ist diese Entwicklung positiv. Aber man darf es nicht übertreiben und die Dimensionen des Viertels sprengen.

Martínez: Ich glaube, wir sind aktuell an einem Scheidepunkt. Noch sind die Probleme punktuell, noch überwiegen die Menschen, die hier leben und arbeiten. Aber wenn wir jetzt den Weg einschlagen, den Santa Catalina gegangen ist, wird es bald zu einem Viertel, in dem man sich fremd fühlt oder das man sich einfach nicht mehr leisten kann.

Wie verhält es sich mit dem Zusammen­leben zwischen den Alteingesessenen und den Nord- und Mitteleuropäern?

Martínez: Der Umgang ist gepflegt, Probleme gibt es kaum, nur manchmal mit touristischen Vermietungen. Es geht uns aber gar nicht darum, dass wir hier keine Auswärtigen haben wollen, sondern um die negativen Auswirkungen der Gentrifizierung.

Wie stehts es mit den Ausflüglern? Molinar ist ja nicht nur zum Wohnen beliebt.

Fernández: Im Sommer, aber auch an den Wochenenden im Winter, ist es hier proppenvoll. Von Jahr zu Jahr werden die Parkplatzprobleme schlimmer. Natürlich können wir verstehen, dass die Menschen hierher kommen wollen, und das ist auch in Ordnung. Aber als Anwohner ist es anstrengend. Auch da sind wir im Gespräch mit dem Rathaus. Neue Parkplätze zu bauen ist für uns keine ­Lösung, stattdessen plädieren wir dafür, Anwohnerparkplätze einzuführen.

Martínez: Auch die Spaziergänger an der Promenade merken, wie eng es hier oft ist, gerade durch die neuen Elektrofahrzeuge. Ab Februar soll der Hafen renoviert werden. Wir fordern, dass im gleichen Zug die Meerespromenade verbreitert wird. Gut wäre auch, wenn nur noch Anlieger mit ihren Pkw an der Promenade entlangfahren dürften. Letztlich profitieren davon auch die Besucher, denn sie suchen ja Ruhe.